EDA sieht keine neue Milchkrise, aber andere Probleme

Dem Europäischen Milchindustrieverband (EDA) bereiten weniger die tendenziell einhaltenden Milchauszahlungspreise Sorgen, sondern die abhandengekommene Funktion der MMP-Intervention, der Brexit, das geplante Handelsabkommen mit Neuseeland und die Omnibusverordnung.

EDA-Generalsekretär Alexander Anton

EDA-Generalsekretär Alexander Anton (Bildquelle: Elite Magazin)

Obwohl der Buttermarkt seinen Zenit überschritten haben dürfte, gibt es für den Europäischen Milchindustrieverband (EDA) derzeit keinen Grund, schwarzzusehen. EDA-Generalsekretär Alexander Anton räumte zwar ein, dass am Buttermarkt die Hochphase vorbei sei, allerdings befinde sich der Markt immer noch auf einem hohen Niveau. Deshalb könnte man nicht vom Anfang einer neuen Krise sprechen, sondern eher von einer Marktregulierung. Und selbst bei Milchpulver könne man - zwar auf niedrigem Niveau - eine gewisse Belebung des Marktes feststellen.

MMP-Intervention erfüllt nicht mehr ihren eigentlichen Zweck

Mit Blick auf die Ausgestaltung der Magermilchintervention durch die Europäische Union betont Anton, dass der gegenwärtige Mechanismus seinen Zweck nicht mehr optimal erfülle.
So hätten die zuletzt im September eingelieferten Magermilchmengen keine Auswirkungen mehr auf den aktuellen Milchpreis gehabt. Der EDA-Generalsekretär schlägt stattdessen die Einrichtung eines degressiven Basispreises für Magermilchpulver vor, der von der Anlieferungsmenge abhängen sollte.
Die Vorschläge von EU-Agrarkommissar Phil Hogan, den garantierten Festpreis für Aufkäufe bis September 2018 unter Umständen auf Null zu senken, sieht Anton mit Skepsis, verweist aber auf die unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb der europäischen Milchindustrie.
Eine klare Absage erteilt der Franzose den Forderungen des European Milk Board (EMB) nach einem freiwilligen Mengenbegrenzungsprogramm für Krisenzeiten. Diese Vorschläge seien von der EU-Kommission sowie dem Europaparlament geprüft worden und zu Recht nicht in die Halbzeitbewertung zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), dem sogenannten Agrarteil der Omnibusverordnung, aufgenommen worden.

Brexit bereitet Sorgen

Nach Antons Worten sieht die europäische Milchindustrie die Auswirkungen des anstehenden Brexit mit Sorge, sollte es nicht zu einer „vernünftigen“ Einigung über einen gegenseitigen Marktzugang kommen. Immerhin knapp die Hälfte der in Großbritannien gemolkenen Milchmenge werde von Molkereien verarbeitet, deren Firmenschwerpunkte außerhalb des Vereinigten Königreichs lägen.
Gerade bei einem harten Brexit sei zu befürchten, dass die eng vernetzten Produktionsketten innerhalb der jetzigen EU-28 gefährdet würden, so der Generalsekretär. Zudem sei das Vereinigte Königreich einer der größten Milchimporteure der Welt. Daher wünsche sich der EDA ein sogenanntes Rahmenabkommen, das übergangsweise nach dem für März 2019 angesetzten Austritt der Briten strittige Punkte wie die Aufteilung von Export- und Importpräferenzmengen oder Fragen zu geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) regele.

Handelsabkommen mit Neusseland ist sehr fragwürdig

Anton betont, dass sich sein Verband grundsätzlich für Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten ausspreche, auch wenn man die Resultate eher durch die „Milchbrille“ betrachte. Die Einigung auf eine Vereinbarung zwischen der EU und Japan (JEFTA) sei beispielsweise „mustergültig“. Weniger relevant für seine Branche sei hingegen das geplante Abkommen der EU mit den Mercosur-Staaten, da man auf diesen Märkten bereits sehr aktiv sei.
Kritisch sieht der Verbandschef die gerade gestarteten Verhandlungen mit Neuseeland. Hier müsse es - wenn überhaupt - klare Mengenbegrenzungen der Importe aus dem Inselstaat geben. Einem unbegrenzten Zugang neuseeländischer Milchprodukte nach Europa erteilte der Generalsekretär eine klare Absage.

Konkurrenzkampf unter den Molkereien

Hinsichtlich des Vorwurfs, die Milchindustrie gebe gerade in Krisenzeiten die niedrigen Milchpreise häufig direkt an die Erzeuger weiter, verweist Anton auf den großen Konkurrenzkampf der Milchverarbeiter untereinander. Bei zu viel Ware auf dem Markt sinke der Preis, und dies sei in anderen Sektoren auch nicht anders.
Kritisch sieht der Generalsekretär die derzeitigen Ergebnisse zur Omnibusverordnung, wo feste Mengen und Preise in den Milchlieferverträgen angedacht sind: „Sobald der Staat in Vertragsverhandlungen eingreift, wird die Sache nicht besser“. Der Milcherzeuger habe nichts davon, wenn er im Vertrag eine höhere Summe stehen habe, die Molkerei dann aber nicht mehr existiere, so Anton.
Gegen unfaire Handelspraktiken des Lebensmitteleinzelhandels schlägt er einen sogenannten EU-Ombudsmann für lauteren Wettbewerb vor. Dieser sollte zum Beispiel Vertragsklauseln bewerten und mit einer entsprechenden Bewertung veröffentlichen. Dieser Vorschlag besitzt nach Antons Ansicht auch den „Charme“, dass man ein vorgerichtliches Verfahren hätte und so die Hemmschwelle deutlich geringer wäre, eine Beschwerde vorzubringen.
Der Generalsekretär kündigt an, dass die Milchindustrie den Kampf gegen Preisvolatilitäten verstärken wolle. Es gebe bereits Molkereien die etwa Monats- oder sogar Dreimonatspreise anböten.
Quelle: AgE