2. Milchgipfel

Milcherzeuger und Molkereien müssen stärker umdenken

Gestern fand in Berlin der zweite Milchgipfel statt. Festgestellt wurde, dass die Strukturen am Milchmarkt nach wie vor nahezu unverändert sind. Wer an welchen Schrauben drehen müsste, scheint jedoch eigentlich klar zu sein. Zumindest für das Bundeslandwirtschaftsministerium, das in seinem Milchbericht 2017 konkrete Handlungsfelder aufzeigte.

Am Donnerstag, 1. Juni 2017 fand, ein Jahr nach dem 1. Milchgipfel, im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) der 2. Milchgipfel statt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte die Beteiligten der Milchbranche Milcherzeuger, Molkereien, Verbände sowie den Lebensmitteleinzelhandel und den Präsidenten des Bundeskartellamts eingeladen, um über erfolgte und noch notwendige Schlussfolgerungen aus der Milchmarktkrise zu diskutieren.
Anlässlich des Treffens hat der Bundesminister den Milchbericht 2017" des BMEL mit Analysen und Handlungsfeldern zur aktuellen Situation vorgestellt (siehe unten).

Diese Probleme waren in den Milchgipfel-Diskussionen im Gespräch:

  • Einer Neugestaltung der Lieferbeziehungen nimmt sich im großen Stil keiner an und dass ist auch nicht erwünscht. Der Bundeslandwirtschaftsminister erwartet, dass sich die einzelnen Molkereien dieser Aufgabe widmen. Das BMEL ist der Auffassung, dass sich Rechtsform und Organisation der genossenschaftlichen Milchverarbeiter grundsätzlich bewährt haben, eine pauschale Aufhebung der genossenschaftlichen Lieferordnung zugunsten von Einzelverträgen werde vom BMEL daher nicht verfolgt. In Milchlieferverträge gehöre für Schmidt allgemein aber ein konkreteres Verhältnis von Preis zu Menge. Daher wird er sich in Brüssel dafür einsetzen, dass Veränderungen beim Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) vorgenommen werden. Ihm geht es darum, dass die Milcherzeuger ein besser kalkulierbares Einkommen zur Verfügung haben.
  • Die gewünschte Aufstellung einer anerkannten Branchenorganisation steckt fest. Ziel dieser sollte eine Chance für den deutschen Milchsektor sein, sich ähnlich wie in der Schweiz oder Frankreich als eine Kraft zu bündeln, um gemeinsame Interessen durchzusetzen. Offenbar passen aber nicht alle unter einen Hut. Schmidt hält aber an seiner Idee fest und hofft, dass sich die von den genossenschaftlichen Molkereien gegründete IG Milch doch noch zu einer Branchenorganisation im eigentlichen Sinne weiterentwickelt, die sich dann den notwendigen Themen wie Vermarktung oder Strukturen in der Wertschöpfungskette widme. Den hier will sich die Politik eigentlich raushalten.
  • Die Milchwirtschaft soll ihre Erzeugung auf mehr Wertschöpfung auslegen und sich auf die Qualitätsführerschaft ausrichten. Hier bestehe noch viel ungenutztes Potential (siehe auch unten). Auf die Massenproduktion von Milchpulver sollten die Milcherzeuger eher nicht setzen.

  • Einer Neugestaltung der Lieferbeziehungen nimmt sich im großen Stil keiner an und dass ist auch nicht erwünscht. Der Bundeslandwirtschaftsminister erwartet, dass sich die einzelnen Molkereien dieser Aufgabe widmen. Das BMEL ist der Auffassung, dass sich Rechtsform und Organisation der genossenschaftlichen Milchverarbeiter grundsätzlich bewährt haben, eine pauschale Aufhebung der genossenschaftlichen Lieferordnung zugunsten von Einzelverträgen werde vom BMEL daher nicht verfolgt. In Milchlieferverträge gehöre für Schmidt allgemein aber ein konkreteres Verhältnis von Preis zu Menge. Daher wird er sich in Brüssel dafür einsetzen, dass Veränderungen beim Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) vorgenommen werden. Ihm geht es darum, dass die Milcherzeuger ein besser kalkulierbares Einkommen zur Verfügung haben.
  • Die gewünschte Aufstellung einer anerkannten Branchenorganisation steckt fest. Ziel dieser sollte eine Chance für den deutschen Milchsektor sein, sich ähnlich wie in der Schweiz oder Frankreich als eine Kraft zu bündeln, um gemeinsame Interessen durchzusetzen. Offenbar passen aber nicht alle unter einen Hut. Schmidt hält aber an seiner Idee fest und hofft, dass sich die von den genossenschaftlichen Molkereien gegründete IG Milch doch noch zu einer Branchenorganisation im eigentlichen Sinne weiterentwickelt, die sich dann den notwendigen Themen wie Vermarktung oder Strukturen in der Wertschöpfungskette widme. Den hier will sich die Politik eigentlich raushalten.
  • Die Milchwirtschaft soll ihre Erzeugung auf mehr Wertschöpfung auslegen und sich auf die Qualitätsführerschaft ausrichten. Hier bestehe noch viel ungenutztes Potential (siehe auch unten). Auf die Massenproduktion von Milchpulver sollten die Milcherzeuger eher nicht setzen.

Milchbericht 2017: Was belastet die Milchbranche und mögliche Lösungsansätze

Anlässlich des Treffens hat der Bundesminister den Milchbericht 2017" des BMEL mit Analysen und Handlungsfeldern zur aktuellen Situation vorgestellt. Mit dieser Ausarbeitung wurde deutlich, dass sich bisher trotz mehrerer Treffen von Beteiligten der Milchbranche und der Politik, nichts an den bestehenden Strukturen am Milchmarkt verändert hat. In dem Milchbericht wurden erneut einige Punkte aufgezeigt, die Lösungsansätze bieten (siehe unten).
Den vollständigen Milchbericht 2017 finden Sie zum Download beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) oder direkt hier.

Wesentliche Herausforderungen und Ansätze aus dem Milchbericht 2017

  • Die Volatilität der Preise: Im Zuge der gestiegenen europäischen Milchmenge und der damit höheren Drittlandsexporte an Milcherzeugnissen, haben die Weltmarktpreise die früher vom Interventionspreis gestellte Grenzpreisfunktion übernommen – heißt: Schwankungen am Weltmarkt setzen sich jetzt für fast jeden Milcherzeuger spürbar im Binnenmarkt fort. Sie erschwert die betriebliche Langfristplanung und erfordert starke betriebliche Maßnahmen für den Umgang mit diesem Risiko.

Lösungsansätze sieht das BMEL u.a. hier:

  • Die Volatilität der Preise: Im Zuge der gestiegenen europäischen Milchmenge und der damit höheren Drittlandsexporte an Milcherzeugnissen, haben die Weltmarktpreise die früher vom Interventionspreis gestellte Grenzpreisfunktion übernommen – heißt: Schwankungen am Weltmarkt setzen sich jetzt für fast jeden Milcherzeuger spürbar im Binnenmarkt fort. Sie erschwert die betriebliche Langfristplanung und erfordert starke betriebliche Maßnahmen für den Umgang mit diesem Risiko.

Wertschöpfungstiefe zahlt sich aus: In der jüngsten Krise habe sich gezeigt, dass sich die Volatilität der Milchauszahlungspreise nach unten abschwächt, je höher die Wertschöpfungstiefe der Molkereiprodukte ist (Zusatznutzen für Verbraucher) oder je besser es gelingt, sich über regionale Vermarktungsstrategien vom Weltmarkt abzusetzen. Diesbezüglich sind insbesondere die Milchverarbeiter gefragt.
Privatwirtschaftliche Vorsorge weiter aus-/aufbauen: In dem Maße, wie sich die Milchmarktpolitik aus der staatlichen Risikovorsorge zurückzieht, ist diese Aufgabe von der Wirtschaft zu übernehmen. Heißt: Sowohl von Erzeuger- als auch von Verarbeitungsseite oder im Idealfall in gemeinsamen Projekten, wie eine Absicherung über die Warenterminbörse. Daneben gelten die klassischen Modelle wie Rücklagenbildung und Diversifizierung. Angestrebt werden muss zudem eine neue, gerechtere Verteilung des Risikos von Preistälern in der gesamten Wertschöpfungskette.

  • Krisenmanagement: In der jüngsten Milchkrise wurden die in der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) vorgesehenen Kriseninstrumente zwar im vollen Umfang ausgeschöpft, um die Milcherzeuger zu unterstützen, aber zu spät. Die Verringerung des Rohmilchangebots auf die verschlechterte Marktlage erfolgte deutlich zu langsam. Die jetzt erreichten Milchpreise von ca. 32 Cent pro kg haben die Krisensituation noch nicht beendet. Die Lagerbestände von gut 400.000 t Magermilchpulver (entspricht einem Viertel der EU-Jahresproduktion bzw. etwa einer deutsche Jahresproduktion!) verzögern derzeit trotz der Rekordpreise für Milchfett die weitere notwendige Markterholung.

Lösungsansätze sieht das BMEL u.a. hier:
  • Krisenmanagement: In der jüngsten Milchkrise wurden die in der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) vorgesehenen Kriseninstrumente zwar im vollen Umfang ausgeschöpft, um die Milcherzeuger zu unterstützen, aber zu spät. Die Verringerung des Rohmilchangebots auf die verschlechterte Marktlage erfolgte deutlich zu langsam. Die jetzt erreichten Milchpreise von ca. 32 Cent pro kg haben die Krisensituation noch nicht beendet. Die Lagerbestände von gut 400.000 t Magermilchpulver (entspricht einem Viertel der EU-Jahresproduktion bzw. etwa einer deutsche Jahresproduktion!) verzögern derzeit trotz der Rekordpreise für Milchfett die weitere notwendige Markterholung.

Lagerhaltung auf den Prüfstand: Das Sicherheitsnetz (Intervention und private Lagerhaltung) und die Krisenvorschriften der GMO sollen nur in außergewöhnlichen Situationen greifen. Die Bedingungen der Lagerhaltung für Butter, Magermilchpulver und Käse sollen zudem im Rahmen der Entscheidungen der GAP nach 2020 auf den Prüfstand gehen. Auch vor dem Hintergrund, dass die Auslagerung der Mengen immer die Phasen der eigentlichen Preiserholung belaste, so wie jetzt das Magermilchpulver.
  • Gesellschaftliche Anforderungen: Die Milchproduktion ist in den Fokus der europäischen und insbesondere der deutschen Verbraucher gerückt. Kritikpunkte zu mehr Tierwohl, Nutzungsdauer und ausschließliche Stallhaltung werden hier genannt. Die Zeiten des ausschließlichen Wachstums von Größe und Milchmenge in der Betriebsentwicklung der Milcherzeuger sind vorbei – um Milch langfristig gut vermarkten zu können, muss auch auf die Wünsche der Nachfrageseite eingegangen werden. Die Anpassung der Art und Weise der Kuhmilchproduktion ist neben der Preisvolatilität die zweite zentrale Herausforderung in der Wertschöpfungskette Milch.

Lösungsansätze sieht das BMEL u.a. hier:
  • Gesellschaftliche Anforderungen: Die Milchproduktion ist in den Fokus der europäischen und insbesondere der deutschen Verbraucher gerückt. Kritikpunkte zu mehr Tierwohl, Nutzungsdauer und ausschließliche Stallhaltung werden hier genannt. Die Zeiten des ausschließlichen Wachstums von Größe und Milchmenge in der Betriebsentwicklung der Milcherzeuger sind vorbei – um Milch langfristig gut vermarkten zu können, muss auch auf die Wünsche der Nachfrageseite eingegangen werden. Die Anpassung der Art und Weise der Kuhmilchproduktion ist neben der Preisvolatilität die zweite zentrale Herausforderung in der Wertschöpfungskette Milch.

Nachhaltige Marktausrichtung fördern: Das BMEL will hierfür auch die einzelbetriebliche Investitionsförderung (AFP, seit 2014 nur noch für Investitionsmaßnahmen, die über gesetzliche Mindeststandards hinausgehende Anforderungen erfüllen; z.B. Ausläufe, Weidehaltung) weiterentwickeln und damit eine nachhaltige Marktausrichtung der Milcherzeugung fördern. 
  • Die EU-Mittel werden knapp: Durch den Brexit werden die Gelder der EU knapper, folglich tritt die Agrarpolitik noch stärker in Konkurrenz zu den übrigen Politikbereichen. Auch die Konkurrenz um die Mittelausstattung der beiden Säulen innerhalb der GAP wird sich verschärfen. Die Mittel die im Zuge der letzten Milchkrise locker gemacht" wurden, waren eine Kraftanstrengung, auch für die öffentlichen Haushalte und nicht selbstverständlich! Diese Tatsache untermauert den Bedarf für Strukturveränderungen. Bei der Gestaltung der Maßnahmen der GAP nach 2020 müssen die genannten Herausforderungen der tierhaltenden Betriebe in besonderer Weise berücksichtigt werden. 

Lösungsansätze sieht das BMEL u.a. hier:
  • Die EU-Mittel werden knapp: Durch den Brexit werden die Gelder der EU knapper, folglich tritt die Agrarpolitik noch stärker in Konkurrenz zu den übrigen Politikbereichen. Auch die Konkurrenz um die Mittelausstattung der beiden Säulen innerhalb der GAP wird sich verschärfen. Die Mittel die im Zuge der letzten Milchkrise locker gemacht" wurden, waren eine Kraftanstrengung, auch für die öffentlichen Haushalte und nicht selbstverständlich! Diese Tatsache untermauert den Bedarf für Strukturveränderungen. Bei der Gestaltung der Maßnahmen der GAP nach 2020 müssen die genannten Herausforderungen der tierhaltenden Betriebe in besonderer Weise berücksichtigt werden. 

Vorerst keine Umschichtung von Direktzahlung in die 2. Säule: Das Bundeslandwirtschaftsministerium lehnt, angesichts der immer noch schwierigen Einkommens- und Liquiditätssituation vieler landwirtschaftlicher Betriebe, eine weitere Umschichtung von Direktzahlungen in die zweite Säule ab!
Für die Zukunft sei allerdings eine zielorientiertere Ausgestaltung des Direktzahlungssystems erforderlich. Fördermittel müssen zukünftig dem aktiven, in der Region verwurzelten Landwirt, zugutekommen, nicht großen, teils branchenfremden Landeigentümern. Kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe und Tierhaltungsbetriebe sollen dabei besonders berücksichtigt werden. Diese sind für die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der ländlichen Regionen unverzichtbar, aber wegen der Preisvolatilitäten und der gesellschaftlichen Ansprüche besonders gefordert, heißt es.
Quelle: BMEL, dpa, AgE
Bearbeitet: Berkemeier