Forum Milch NRW: Bestimmt der Handel die Regeln?

Am Donnerstagabend sind sie alle in der Werler Stadthalle zusammengekommen: Landwirte, Molkereivertreter, Genossenschaftsmitglieder. Die Landesvereinigung Milch Nordrhein-Westfalen hat zum 11. Forum Milch NRW eingeladen. Die etwa 120 Teilnehmer diskutierten rund um die Frage: Der Markt von morgen, wer macht die Regeln?

Hans Stöcker, Vorsitzender der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen, eröffnete den Abend mit dem Blick auf die positive Entwicklung der Milchpreise in den vergangenen Wochen. Jetzt sei die Zeit zum Durchatmen, jedoch solle man sich nicht dauerhaft zur Ruhe setzen. „Die nächste Krise wird kommen, die Milchwirtschaft muss sich rüsten“, sagte Stöcker. Vor allem der Handel nehme durch die Ausweitung der vertraglichen Auflagen immer mehr Einfluss. Die Verbraucher seien für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert. Zudem kämen immer weitere gesetzliche Umweltauflagen wie die Düngeverordnung hinzu.
In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten sich Vertreter der Milchwirtschaft den Fragen von Moderator Detlef Steinert, Chefredakteur der LZ Rheinland, sowie Fragen aus dem Publikum.
Winfried Meier, Geschäftsführer von Arla Foods Deutschland, erklärte, dass die Industrie mehr anbieten müsse als nur faire Preise. Die Milchbranche könne am Markt von morgen nur mit Innovationen und einer breiten Aufstellung bestehen. Dafür sei eine bestimmte Unternehmensgröße notwendig. Da es in Deutschland kein Unternehmen von entsprechender Größe gibt, habe nun der Lebensmitteleinzelhandel die Dinge selber in die Hand genommen und nach eigenen Standards gestaltet.

Streitpunkt Lieferbeziehungen und Mengenregulierung

Besonderes Interesse galt den Lieferbeziehungen und eventuellen Eingriffen auf den Milchmarkt. Uli Barth vom Bundeskartellamt hatte die Lieferbeziehungen kritisiert, die nach dem Ende der Quote unverändert weitergeführt worden seien. Die Erzeuger müssten Instrumente haben, ihre Liefermengen selbst zu begrenzen. Es könnten außerdem mehr Erzeugergemeinschafen gegründet werden, so Barth. Im Gegensatz zu einer notwendigen Mengenregulierung stehe die Abnahmepflicht der Genossenschaften.
Einer Regulierung der Anlieferungsmenge widersprach Peter Manderfeld, Vorstandsvorsitzender der Erzeugerorganisation Hochwald Milch und selbst Milchproduzent. „Finger weg von den Mengenregulierungen!“, so der Landwirt. Der Großteil der Hochwald-Bauern seien gegen eine Mengenbegrenzung. Für viele der Lieferanten sei eine Mengenreduzierung nach den Investitionen in große Ställe während der letzte Jahre schlichtweg nicht möglich.
Auch die Kündigungsfristen bei den Molkereien standen im Mittelpunkt der Diskussion. Gegen eine einheitliche Verkürzung der Kündigungsfrist sprach sich Meier aus. Das bleibe Beschlusssache der Lieferanten und hänge von der individuellen Situation der Unternehmen ab. Dem hielt Barth vom Kartellamt entgegen, dass Bauern mit kürzeren Kündigungsfristen mehr Druck auf Molkereien ausüben könnten.

Wieviel Einfluss haben die Verbraucher?

Auch die Frage, welchen Einfluss der Verbraucher auf den Markt nimmt, wurde diskutiert. Enrico Krein vom Marktforschungsunternehmen The Nielsen Company erklärte, dass die Nachfrage entwickelt werde indem Nischenprodukte vom Handel gezielt vorangetrieben werden. Der Verbraucher nehme diese Trends an, fordere sie aber nicht. Fragleich bliebe jedoch bei dem anschließenden Vermarktungserfolg, ob es sich um einen kurzfristigen Trend oder langfristige Entwicklung handelt. Dem stimmte Arla-Geschäftsführer Meier zu. Der Verbraucher hätte erst nach streichzarter Butter verlangt nachdem diese auf dem Markt angeboten wurde. Manderfeld fügte hinzu, dass nicht alle Erzeuger liefern könnten, was gefordert werde. Die Genossenschaften müssten sich weiterentwickeln. Dafür sei man auf Hilfe von Marktforschungsunternehmen angewiesen.

Moderator Steinert schloss die Diskussion mit den Worten „Am Ende haben sich doch immer alle zusammengerafft. Das wünsche ich der Milchwirtschaft auch“. Dieser Wunsch erfüllte sich für die Diskussionsteilnehmer zumindest am anschließenden Buffet, das mit zahlreichen Milchprodukten der Molkereien bestückt war.
Bearbeitet: Oehler