Am Milchmarkt sieht es zum Ende des dritten Quartal 2020 so aus, als könnte der Druck auf die konventionellen Milchpreise wieder zu nehmen. Ein Ausblick zusammengestellt aus verschiedenen Prognosen:
Wohin geht die Entwicklung der konventionellen Milcherzeugerpreise?
- Bisher hat die Coronakrise die Preise für konventionelle Milch im Bundesmittel um 2,2 Cent pro Liter nach unten gedrückt, zeigen die Auswertungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Wobei sich die...
Am Milchmarkt sieht es zum Ende des dritten Quartal 2020 so aus, als könnte der Druck auf die konventionellen Milchpreise wieder zu nehmen. Ein Ausblick zusammengestellt aus verschiedenen Prognosen:
Wohin geht die Entwicklung der konventionellen Milcherzeugerpreise?
- Bisher hat die Coronakrise die Preise für konventionelle Milch im Bundesmittel um 2,2 Cent pro Liter nach unten gedrückt, zeigen die Auswertungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Wobei sich die Milcherzeugerpreise nach der von März an fallenden Entwicklung ab Juni 2020 leicht verbessern konnten (März 33,4 Cent; Juni 31,0 Cent, Juli 31,2 Cent, August nach vorläufigen Schätzungen 31,6 Cent pro Liter).
- Zu den, im Nachhinein der ersten Prognosen zu den Auswirkungen der Coronapandemie überraschend, stabilen Milcherzeugerpreise, dürften die unterstützenden Maßnahmen der EU-Kommission maßgeblich beigetragen haben (Beihilfe zur privaten Lagerhaltung).
- Nach den größtenteils positiven Preisentwicklungen im August waren für September teils stabile (Arla), teils schwächere (FrieslandCampina) Garantiepreise angekündigt worden. Wie sich die Situation weiter entwickelt, wird gegenwärtig aufmerksam beobachtet. Die ab dem 1. November geltenden neuen Halbjahreskontrakte für die weiße Linie werden einen Einfluss darauf haben. Noch ist kein offizieller Trend zum Verlauf der Verhandlungen zwischen den Molkereien und dem Lebensmitteleinzelhandel zu vernehmen (mehr dazu unten).
- Die Milchpreise, die vor Beginn der Corona-Krise im Auftrieb waren, werden im Jahresdurchschnitt das Vorjahresniveau 2019 (33,7 Cent) voraussichtlich nicht erreichen können – so schätzt es zumindest die Geschäftsführerin ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH, Monika Wohlfarth, im Milch-Politikreport September 2020 des Milch Industrieverbands (MIV) ein.
Das der Druck auf die Milcherzeugerpreise in den nächsten Monaten wieder zu nehmen könnte, führen sich derart äußernde Milchmarktexperten auf folgende Entwicklungen zurück:
Steigende Milchmengen in wichtigen Milcherzeugerländern
Mit dem Abklingen der Hitzephase sind die Milchmengen in vielen Ländern peu à peu wieder gestiegen, so dass das Milchaufkommen der Europäischen Union insgesamt über dem Vorjahresniveau liegt. Ebenso wie in anderen wichtigen Exportnationen für Milcherzeugnisse (Neuseeland + 5,3 % im August, also im Saisonbeginn; USA + 1,8 % mehr Milch im August). Laut den aktuellen Prognosen der Rabobank wird sich diese Entwicklung auch bis das Jahr 2021 fortsetzen.
Außerdem erwarten die Analysten der Rabobank, dass der stabilisierende Einfluss der staatlichen Unterstützung auf den Milchmarkt über das
vierte Quartal 2020 und in 2021 nachlassen wird.
Damit könnte der Druck am Weltmarkt für Milcherzeugnisse zunehmen. Wobei die letzten Ergebnisse an der internationalen Handesplattform Global Dairy Trade hinsichtlich der Preisentwicklung mittelfristig noch positiv stimmten (mehr dazu hier bei uns
„GDT: Weltmarktpreise für Milchprodukte steigen“).
In Deutschland lagen die Milchanlieferungen Mitte September um – 0,6 % unter der Vorjahreslinie und damit folgen dieser ihrer für die Jahreszeit typischen Entwicklung, berichtet die ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH.
Nach der Hitzewelle hat sich das Milchaufkommen in Deutschland dennoch erholt, die bessere Verfügbarkeit der flüssigen Milchrohstoffe spiegelt sich in stabilen (Magermilchkonzentrat) bis leicht schwächeren Preisen (Industrierahm, Rohmilch mit 3,7% Fett) wieder. Positiv zu werten ist dazu, dass das Kaufinteresse am Markt für Magermilchpulver aus der EU gegenwärtig wächst, die Preise halten sich laut den amtlichen Mitteilungen der Süddeutschen Butter- und Käsebörse stabil. Sie liegen allerdings unter dem Vorjahresniveau. Am Weltmarkt bleibt EU-Ware durch den starken Eurokurs in der Konkurrenzfähigkeit weiter eingeschränkt.
Der Einfluss der Coronakrise nimmt zum Winterhalbjahr wieder zu
Gleichzeitig rückt mit dem Ende des Sommers die Corona-Pandemie wieder stark in den Vordergrund: Die Biergarten-Saison endet und damit muss die Gastronomie über die nächsten Monate wieder mit einer maximalen Auslastung ihrer Indoor-Plätze von 30 bis 40 % auskommen, so wie es derzeit aussieht. Denn nach einer weiteren Entspannung der Corona-Krise schaut es mit dem näher rückenden „Schnupfen-Wetter“ und den damit wie erwartet steigenden Corona-Infektionen nicht aus. Im Gegenteil, erste regionale Lockdowns kommen auf.
Damit wird sich das Ernährungsverhalten der Gesellschaft wieder mehr in die eigenen vier Wände verschieben. Welchen Einfluss das, je nach Ausrichtung ihrer Produktion, auf die einzelnen Molkereien und deren Auszahlungspreise haben kann, konnte man im Frühjahr sehen (ein Blick zurück bei uns unter
„Wie wird Corona die Milcherzeugerpreise beeinflussen?“ aus April 2020 und
„Corona: Milchmarkt weniger hart getroffen als befürchtet?“ aus Juni 2020).
Ergebnisse für die Halbjahreskontrakte 20/21 mit dem LEH noch offen
Für Anfang November stehen wie üblich die Ergebnisse der neuen Halbjahreskontrakte für frische Milchprodukte (weiße Linie, Trinkmilch, Sahne, Joghurt, etc.) aus. Bisher ist offiziell noch nichts über den Verlauf der Verhandlungen zwischen Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu vernehmen. Je nach Ausrichtung ihrer Molkerei ist das Ergebnis für die neuen Einzelhandelspreise im Frischesegment ein wichtiges Signal für Milcherzeuger, denn diese beeinflussen die mögliche Gesamtverwertung der von ihren Kühen produzierten Milch und damit ihr Milchgeld.
Die zuletzt festeren Notierungen im hiesigen (amtliche Preisnotierungen Süddeutsche Butter- und Käsebörse) sowie internationalen Handel (Global Dairy Trade) mit Milcherzeugnissen sowie an der Terminbörse EEX (siehe bei uns unter
„IGMilchbarometer zeigt im August positive Tendenz“) dürften eigentlich auf höhere Preisabschlüsse hinweisen. Vertreter des LEH hatten jüngst, in Bezug auf die nicht erfolgte Anpassung des Ladenpreises für Butter an den gestiegenen Einkaufspreis, erklärt, dass sich der Lebensmittelhandel eben an den Entwicklungen am Weltmarkt orientieren „müsse“. Was auch eine jüngere Analyse besagt, siehe bei uns unter
„LEH: Milchpreis ist dem Weltmarkt angepasst“.
Der gegenwärtig wachsende Druck am Weltmarkt hinsichtlich Menge und Nachfrage kann dagegen auf schwächere Preisabschlüsse deuten, allerdings ist er kaum abschätzbar.
Wie entwickelt sich die Nachfrage weiter?
In Bezug auf die
Inlandsnachfrage dürfte eine negative Preisentwicklung im LEH für viele schwer nach vollziehbar sein: Der Absatz von Milchprodukten im Lebensmittelhandel ist durch die Coronakrise merklich gestiegen, insbesondere in der Phase des Lockdowns, aber auch noch darüber hinaus (mehr dazu bei uns unter
„Corona-Lockdown erhöht Milchkonsum im ersten Halbjahr 2020“).
Global betrachtet schätzen Marktbeobachter die Nachfragesituation allerdings schwieriger ein: Dass das Milchaufkommen in den wichtigsten Milcherzeugernationen gegenwärtig steigt, sieht die Rabobank aktuell dahingehend kritisch, dass sich die Nachfrage erst einmal wieder erholen bzw. daran anpassen muss. Und das brauche Zeit, ganz besonders unter dem so schwer einschätzbaren Corona-Effekt und seinen Folgen für die Gesamtwirtschaft.
So geht die Rabobank in ihrem aktuellen Quartalsbericht (Q3/2020) davon aus, dass die Grundlagen des globale Milchmarkts noch mindestens bis in das zweite Quartal 2021 schwach bleiben. Zu diesem Zeitpunkt könne das Niveau der exportierbaren Überschüsse im zweiten Halbjahr sinken, da sich der Inlandsverbrauch verbessere.
Quellen: u. a. ZMB, Rabobank, Trigona Dairy Trade, GDT, MIV, BLE, Süddeutsche Butter- und Käsebörse