Grünlandbetriebe in benachteiligten Regionen bewirtschaften insgesamt 62 % des gesamten Dauergrünlandes (ha LF) in Baden-Württemberg. Aufgrund geringer Erträge, geringer Milchleistungen und hohen Arbeitskosten gilt eine grünlandbasierte Bewirtschaftung speziell in diesen Regionen aber oft weder als ökonomisch wettbewerbsfähig noch als ökologisch sowie sozial nachhaltig. Andererseits werden durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung dieser Flächen wichtige und für die...
Grünlandbetriebe in benachteiligten Regionen bewirtschaften insgesamt 62 % des gesamten Dauergrünlandes (ha LF) in Baden-Württemberg. Aufgrund geringer Erträge, geringer Milchleistungen und hohen Arbeitskosten gilt eine grünlandbasierte Bewirtschaftung speziell in diesen Regionen aber oft weder als ökonomisch wettbewerbsfähig noch als ökologisch sowie sozial nachhaltig. Andererseits werden durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung dieser Flächen wichtige und für die Gesellschaft unverzichtbare Ökosystemdienstleistungen erbracht, die häufig in der Bewertung der Nachhaltigkeit nicht berücksichtigt werden.
12 Milchkuhbetriebe intensiv durchleuchtet
Im Rahmen des EIP-Projekts „Nachhaltige Grünlandnutzung in ausgewählten Problemgebieten Baden-Württembergs“ wurden daher insgesamt 12 Milchviehbetriebe im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb umfangreich hinsichtlich ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit ausgewertet und mit erfolgreichen Milchviehbetrieben mit ganzjähriger Stallhaltung in Gunstlagen verglichen. Bei den Milchkuhbetrieben handelte es sich um klassische, traditionelle Familienbetriebe, die mit durchschnittlich 1,4 Arbeitskräften durchschnittlich 43 Milchkühe und 60 ha Grünland bewirtschafteten. Die Rationen bestanden zu 90 % aus Raufutter und durchschnittlich 5,6 dt Kraftfutter pro Kuh. Dabei erzielten die Betriebe überdurchschnittliche Grundfutterleistungen von 4.471 kg EMC pro Kuh.
Alle Betriebe wirtschaften nach den Richtlinien des Biologischen Landbaus, haben während der Vegetationszeit Tag und Nacht Weide und überwiegend auch saisonale Blockabkalbung. Insgesamt fünf Betriebe sind reine Heumilchbetriebe, ansonsten setzten sich die Rationen aus Weidegras im Sommer und Grassilage im Winter zusammen.
Deutliche Gewinne sind möglich
Mit einer Ausnahme werden alle Betriebe im Haupterwerb bewirtschaftet. Die Daten wurden in enger Zusammenarbeit mit den Landwirten innerhalb der Projektlaufzeit in den Jahren 2016 bis 2019 erhoben.
Als Zielgröße der ökonomischen Bewertung wurde der kalkulatorische Betriebszweiggewinn in Euro je Kuh bzw. Cent je Kilogramm gewählt. Darüber hinaus wurde auch der (steuerlich) ermittelte Gewinn je Kuh bzw. je Kilogramm Milch als Vergleichsgröße ermittelt. Ergebnisse:
- Innerhalb der untersuchten Stichprobe stellten die wirtschaftlich erfolgreichsten Grünlandbetriebe auf Basis des kalkulatorischen Betriebszweigergebnisses je kg Milch (ECM) und je Kuh im Vergleich zu erfolgreichen Michkuhbetrieben in Gunstlagen eine sehr hohe Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis (Kalkulatorisches BZE von 9,8 ct/kg Milch bzw. 643 €/Kuh) - allerdings unter Berücksichtigung überdurchschnittlich hoher Förderungen durch die 2. Säule (7,7 ct/kg).
- Beim Vergleich des CO2-Fußabdrucks schnitten, unter Berücksichtigung der CO2-Speicherung und der erbrachten Ökosystemdienstleistungen, die Grünlandbetriebe der Ungunstlagen, trotz einer geringeren Produktionseffizienz, besser ab (die Betriebe wurden mit Hilfe des AgriClimateChange Tools (ACCT) über drei Jahre hinsichtlich ihres CO2-Fußabdrucks ausgewertet).
- Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Betriebsleiter der EIP-Pilotbetriebe ein höheres Maß an Freizeit hatten, insgesamt mit der Betriebssituation zufriedener waren und sich von der Bevölkerung und durch Berufskollegen wertgeschätzter fühlten.
1 | Kennzahlen Produktion EIP-Pilotbetriebe
2 | Kennzahlen Wirtschaftlichkeit EIP-Pilotbetriebe
Fähigkeiten des Betriebsleiters entscheiden
Die Auswertungen zur Nachhaltigkeit machen folglich deutlich, dass derzeit auf den besseren Standorten der benachteiligten Gebiete bei guten Betriebsleiterfähigkeiten auch im Vergleich zu sehr erfolgreichen Betrieben aus Gunstlagen ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig Milch produziert werden kann. Andererseits gibt es jedoch auch Problemlagen, auf denen eine Fortführung der Milchproduktion, auch bei sehr guten Managementfähigkeiten der Betriebsleiter, unrentabel erscheint. Denn in der Regel führen höhere Ansprüche seitens der Bewirtschaftung zu höheren Erzeugungskosten. In der Folge werden Betriebe aus der Produktion aussteigen, sofern der Produktpreis die Produktionskosten des Betriebs nicht deckt bzw. keine höheren Produktpreise erzielbar sind. In Milchkuhbetrieben, bei denen mehrere Erschwernisse gleichzeitig auftreten, fehlen daher häufig ausreichende Anreize, die Milchproduktion fortzuführen.
Öko-Dienstleistungen honorieren
Wenn die Rahmenbedingungen aber richtig gesetzt werden, sind Auswege hin zu einer ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen Landwirtschaft möglich. So könnte Aussteigen als Konsequenz speziell in topografischen und klimatischen Problemregionen mit hohen Grünlandanteilen vermieden werden, sofern die höheren Leistungen beispielsweise hinsichtlich der Ökosystemdienstleistungen (z.B. höhere Biodiversität, Erhalt ländlicher Kulturräume, Klimaschutz durch Kohlenstoffspeicherung von Grünlandflächen, höheres Tierwohl durch regelmäßigen Weidegang) gesellschaftlich angemessen ökologisch bewertet und ökonomisch entlohnt werden.
Vor diesem Hintergrund sollten die teilweise höheren Ökosystemdienstleistungen in diesen Problemlagen gesellschaftlich angemessen ökologisch bewertet und ökonomisch entlohnt werden. Damit wäre auch eine ökonomisch nachhaltige Weiterbewirtschaftung des Grünlands in diesen Problemlagen verstärkt möglich.
Quelle: Wie nachhaltig und konkurrenzfähig ist die grünlandbasierte Milcherzeugung in benachteiligten Mittelgebirgslagen Süddeutschlands? (downlaod)
Juliane Dentler, Lukas Kiefer, Theresa Hummler, Enno Bahrs und Martin Elsäßer |Berichte über Landwirtschaft | Band 98; Ausgabe 1