Düngeverordnung

Wenn Phosphat zum Problem wird

Neben Stickstoff rückt Phosphat zunehmend in den Fokus. Noch wird das Phosphat-Saldo nicht bewertet – doch gerade für Betriebe, die viel Raps in der Ration einsetzen, könnte es schwierig werden.

Bastian Lenert

LWK NRW

Ein Blick zu unseren Nachbarn zeigt, wie problematisch ein „Zuviel“ an Phosphor in der Umwelt werden kann. Schon seit 2018 müssen die Milcherzeuger in den Niederlanden eine Phosphat-Quote einhalten, um überhaupt noch Kühe halten zu dürfen. Ganz so schlimm steht es in Deutschland nicht. Ein Phosphorüberhang wird derzeit in der Stoffstrombilanz noch nicht bewertet. Doch auch hier rückt mit der aktuellen Dünge-Verordnung Phosphat zunehmend in den Fokus.
So muss die aufgebrachte Menge an Phosphat (P2O5) spätestens zwei Tage nach der Düngemaßnahme schlagbezogen dokumentiert werden. Zudem können die Länder analog der roten auch “graue Gebiete”  mit verschärften P-Auflagen ausweisen.

Raps statt Soja lässt Phosphat ansteigen

„Milchkuhbetriebe haben mit ihren Ausscheidungszahlen und den Nährstoffgehalten in Rindergülle ein Nährstoffverhältnis N/P von etwa 2,2 : 1. Das passt pflanzenbaulich gut in intensiv genutztes Grünland und Silomais“, erläutert Ackerbauberater Bastian Lenert, Landwirtschaftskammer (LWK) NRW. „Allerdings kann sich ein Phosphat-Überhang  einstellen, wenn in der Fütterung Soja- durch Rapsschrot ersetzt wird oder zu viel P im Mineralfutter steckt.“ Ob dies zutrifft, zeigt die Stoffstrombilanz.
Neben der Fütterung ist auch die „Dünge-Historie“ auf der Einzelfläche entscheidend", ergänzt Berater Henning Schuch von der LWK Schleswig-Holstein. Langjährig sehr intensiv organisch gedüngte Flächen in Veredelungsregionen können hohe P-Gehalte aufweisen. Empfehlenswert ist daher eine saubere schlaggenaue Düngeplanung, idealerweise mit geeigneten Analyse- und Richtwerten, damit sich das P-Problem nicht verschärft.

Kooperation mit Biogas

Weist die Bilanz einen Phosphatüberhang auf, lässt sich dieser neben futterbaulichen Methoden auf einem Milchkuhbetrieb insbesondere durch zwei Möglichkeiten senken: die Separierung der Gülle (optimiert die Düngung fürs Grünland) sowie die Kooperation mit einer Biogasanlage, wenn dies Mais ersetzt. Eine Biogasanlage führt je nach Fütterung zu einer veränderten Nährstoffzusammensetzung des Gärrestes und zu einem Produkt mit weniger organischen Verbindungen, welches damit häufig eine höhere Stickstoff-Verfügbarkeit aufweist.
Zu Beginn sollte der Betriebsleiter die eigene Nährstoffsituation hinterfragen:
  • Wie viele Tiere stehen an welchem Ort mit welchem Haltungssystem? (Fütterungsverfahren; Gülle oder Festmist)
  • Welchen Nährstoffbedarf hat der Betrieb zu welchem Zeitpunkt?
  • Welche der anfallenden Wirtschaftsdünger lassen sich auf welchen Flächen sinnvoll einsetzen? (dünne Gülle aus dem Milchviehstall auf dem Grünland, dicke Gülle von Jungvieh oder Bullen zu Mais oder zur Abgabe)
  • Gibt es den dafür notwendigen Lagerraum? Wo liegt dieser Lagerraum, kann man pumpen oder muss man die Gülle „auf Achse“ transportieren?
  • Welche der übrigen Nährstofffrachten werden wann und zu welchen Kosten überbetrieblich verwertet?
Sollen flüssige Wirtschaftsdünger abgegeben werden, spielen die Transportkosten eine entscheidende Rolle. Im Regelfall ist bereits das Befüllen des Fasses so teuer, dass bei einem längeren Transport die Transportkosten einen möglichen Gasertrag übersteigen. Eine überbetriebliche Verwertung macht daher nur Sinn, wenn eigener Lagerraum fehlt oder die Gülle mit dem Güllefass zu einem externen Lagerbehälter transportiert werden muss.

Transportwürdigkeit beachten

Durch die hohen Kosten lohnt sich die Gülle-Abgabe an eine Biogasanlage nur, wenn sie sich in der Nachbarschaft des Milchkuhbetriebs (wenige Kilometer Entfernung) befindet. Das erleichtert die Suche – mögliche Partner können Sie einfach ansprechen.
Anders sieht es aus, wenn Festmist oder nach einer Separierung die feste Phase der Gülle abgegeben werden sollen. Durch die höheren Trockensubstanzgehalte und das deutlich bessere Gasbildungsvermögen weisen diese Stoffe eine höhere Transportwürdigkeit auf. Ein aufnehmender Biogasbetrieb findet sich am ehesten über Annoncen in den Fachmedien oder über die Zusammenarbeit mit einem Nährstoffhändler.
Ob der Milchkuhbetrieb nur die für die eigene Düngung benötigten Gärreste zurücknimmt oder einen Teil der Gülle (mit passenderer Nährstoff-Zusammensetzung), muss individuell zwischen den Kooperationspartnern ausgehandelt werden. Tipp: Überlegen Sie, wie Sie Ihre Transportkosten minimieren können bzw. ob die Rückfracht durch Gärreste oder dünne Gülle sinnvoll genutzt werden kann.

Da schon das Befüllen eines Fasses sehr teuer ist, lohnt sich die Abgabe flüssiger Gülle meist nur in der direkten Nachbarschaft.  (Bildquelle: Veauthier)

Gaswert zwischen 4 und 8 Euro

Die Kosten der Wirtschaftsdüngerabgabe variieren enorm. Einen entscheidenden Einfluss hat die Nährstoffsituation in der Region. Je höher der regionale Überhang, desto teurer ist die Gülleabgabe!
Betrachtet man den Gasertrag von verschiedenen Milchvieh- und Rindergüllen, so liegt die erzielbare Gasmenge bei etwa 10 bis 18% dessen, was mit der gleichen Menge Silomais (35% TS, guter Kornanteil) erzielbar wäre. Bei Festmist sind es unter optimalen Bedingungen 50 %. Man kann also mit 2 t frischem Rindermist 1 t Silomais ersetzen.
Dennoch sollte man nicht daraus schließen, dass die Tonne Rindermist automatisch auf Höhe des halben Maispreises liegt und die Gülle bei 10 % dessen. Denn um die gleiche Menge Gas aus Gülle statt aus Silomais zu erzeugen, wird etwa der zehnfache Lagerraum benötigt, bei Einsatz von Festmist immer noch der doppelte Lagerraum. Durch Wirtschaftsdünger kommen Nährstoffe in die Anlage, die auch wieder abgegeben werden müssen.
Ohne die Berücksichtigung des Lagerraumanspruchs und der dann wieder notwendigen Abgabe von Nährstoffen/Gärrest ergibt sich bei einem Maispreis (35 % TM) von 31€ ab Feld ein Gaswert aus der Rindergülle frei Anlage von etwa 4,70 €/m³ bis 8 €/m³. Davon müssen der Transport zur Biogasanlage, die Lagerung dort und die Abgabe gegenfinanziert werden. Bei Festmist ergibt sich ein Wert von etwa 20 €/t für frischen Rindermist mit 25 % TM. Diese Faktoren sind sehr individuell und unterschieden sich von Biogasanlage zu Anlage und Region zu Region erheblich.
Welche Faktoren zur Berechnung herangezogen werden können, zeigt Übersicht 1:

Übersicht 1

  • Bsp. Kuh-Gülle: Sowohl Milcherzeuger als auch Biogasanlage haben einen Vorteil durch das Vorgehen. Wenn die Biogasanlage einen Transportkostenzuschuss von 2,25 €/m³ zahlt, ist das Verhältnis ausgeglichen.
  • Bsp. Jungvieh-Gülle: Die Vorteile liegen unter den hier getroffenen Annahmen eindeutig auf der Seite des Milcherzeugers. Der Betreiber der Biogasanlage müsste mindestens 11,29 €/m³ vom Milchkuhbetrieb erhalten, um in das Geschäft einzuwilligen. Die eigenständige Verbringung und Lagerung der Jungviehgülle würde den Betrieb hingegen 15,84 €/m³ kosten.
  • Bsp. Separation: Die Vorteile liegen eindeutig auf der Seite der Biogasanlage. Der Betreiber der Biogasanlage könnte bis zu 5,13 €/t an den Milchkuhbetrieb auszahlen, damit dieser in das Geschäft einwilligt. Die Alternative für den Milcherzeuger wäre eine eigenständige Abgabe und Lagerung der flüssigen Gülle zu erheblich größeren Kosten.
Tipp: Auf vielen wachsenden Betrieben ist die Jungviehaufzucht nicht wirtschaftlich. Erst, wenn feststeht, dass an dem Betriebszweig Jungviehaufzucht festgehalten werden soll, sollte im zweiten Schritt die Optimierung der Nährstoffabgabe erfolgen.
Lässt sich eine Gülleabgabe nicht wirtschaftlich darstellen, bleibt in letzter Konsequenz nur die Abstockung der Herde oder die Auslagerung des Jungviehs. 

Dokumentation abhängig vom Bundesland

Jeder, der Wirtschaftsdünger an Andere abgibt, muss dem jeweiligen Landesbeauftragten (meist dem Direktor der Landwirtschaftskammer oder der Landwirtschaftsämter) einmalig mitteilen, dass er Wirtschaftsdünger in Verkehr bringt (Mitteilungspflicht). Alle Betriebe müssen Aufzeichnungen über diese Tätigkeit führen (Lieferscheine ordnungsgemäß erstellen und aufbewahren). Grundlage ist die Verbringungsverordnung (WdüngV; Bundesrecht seit 2010). Dazu gibt es je nach Bundesland weitere Vorgaben und individuelle Regeln. 
In den meisten Bundesländern werden die o.g. Meldepflichten durch einen Eintrag in einer Datenbank des Landes abgedeckt. Dabei kann häufig automatisiert ein Lieferschein erstellt werden und spart so doppelte Arbeit. Teilweise bieten auch Ackerschlagkarteien die Möglichkeit, Lieferscheine für Wirtschaftsdünger automatisiert zu erstellen. Diese Möglichkeit ist umso interessanter, wenn Stoffströme auch zwischen mehreren steuerlich getrennten Betriebseinheiten eines Unternehmens auftreten und dokumentiert werden müssen.

Bedingungen vertraglich festhalten!

Regional angepasste Muster für Lieferverträge gibt es von Landwirtschaftskammern, Landwirtschaftsämter und den Verbänden. Achten Sie darauf, dass die Modalitäten recht genau geklärt sind. Die bloße Angabe einer Kubikmetermenge in einem Jahr ist nicht mehr zeitgemäß.

Checkliste: Liefervertrag 

Zeitraum, in dem der Wirtschaftsdünger abgegeben wird
Häufigkeit der Lieferungen
Nährstoffmengen pro Jahr, Bandbreite der Nährstoffe in abzugebendem/aufzunehmendem Wirtschaftsdünger
Darf Melkstandgülle (Reinigungswasser) beigefügt sein, besteht ein Problem mit den Wirkstoffen des Klauenbads?
Wird die Abnahme verweigert, wenn der Zielbereich nicht eingehalten wird oder fällt eine zusätzliche Entschädigung an? 
Häufigkeit der Inhaltsstoff-Analyse (Tipp: mindestens mehrmals jährlich, besser jede Charge oder jedes Fahrzeug), wer trägt die Kosten?
Meldepflichten und Zuständigkeiten
Vergütung, Zahlungsziele, Vertragslaufzeit

Selbst Gülle aufnehmen?

Milcherzeuger, die selbst Gülle aufnehmen möchten, sollten prüfen, welche Nährstoffe sie benötigen und ob sie diese von einer Biogasanlage beziehen können (Nährstoff-Mix aus Biogas passt ackerbaulich gut auf Mais). Das kann relativ einfach über den Abgleich von Düngebedarfsermittlung und dokumentiert ausgebrachter Nährstoffmengen erfolgen. Wichtig: 170-kg-Grenze für organischen Stickstoff und Phosphatbilanz des Gesamtbetriebs im Blick behalten! In der derzeit gültigen Stoffstrombilanz wird der Phosphatüberhang zwar nur ermittelt und nicht bewertet, das wird sich aber wahrscheinlich zukünftig ändern.
Vor allem, wenn Sie sich für eine längere Zeitspanne vertraglich zur Aufnahme von Wirtschaftsdüngern verpflichten wollen, sollten Sie nicht das letzte mögliche Kilogramm ausnutzen. Sehen Sie weiterhin Ausstiegsoptionen für den Fall des Verlustes von Pachtfläche oder weitere Verschärfungen des Düngerechts vor.


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