Raus aus der Anbindehaltung – nur wohin und zu welchem Preis? Diese Frage stellte sich ein Team der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft und präsentierte auf der diesjährigen Jahrestagung vier modellhafte Varianten vor.
Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist ein Anbindestall aus den 1940er Jahren. Erbaut für 12 Kühe und eigene Nachzucht. Hier die Details des Modellbetriebes:
- Der Betrieb steht quer zum Wohnhaus.
- Der Stall kann nicht durchfahren werden (wie bei vielen...
Raus aus der Anbindehaltung – nur wohin und zu welchem Preis? Diese Frage stellte sich ein Team der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft und präsentierte auf der diesjährigen Jahrestagung vier modellhafte Varianten vor.
Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist ein Anbindestall aus den 1940er Jahren. Erbaut für 12 Kühe und eigene Nachzucht. Hier die Details des Modellbetriebes:
- Der Betrieb steht quer zum Wohnhaus.
- Der Stall kann nicht durchfahren werden (wie bei vielen regionaltypischen Einfirsthöfen mit Wohn- und Wirtschaftsteil unter einem Dach).
- Im Obergeschoss des Stalls befindet sich der deckenlastige Lagerraum mit giebelseitiger Tennenauffahrt.
- Die Anbindeplätze sind einseitig am Futtertisch angeordnet. Im Vergleich zu zweiseitiger Anordnung ergeben sich dadurch zwei Funktionsachsen (Futtertisch und Tierbereich) plus Stützenreihe.
1. Von der Anbinde- in die Kombihaltung
Die erste Möglichkeit sieht vor, aus der bestehenden Anbindehaltung mit etwas Sanierung mehr Kuhkomfort zu schaffen und durch die Gestaltung eines Laufhofes die Vorgaben für eine Kombinationshaltung zu erreichen. Der Modellbetrieb nutzt dafür außerhalb der Weidesaison den vorhandenen Gülletiefbehälter mit befahrbarer Decke. Dafür saniert er die Betonplatte und steckt einen Weidezaun um die Betonplatte. Zusätzlich wird der Futtertisch beschichtet, der Wandanstrich erneuert. Die Rohrmelkanlage bleibt bestehen wie sie ist.
Die Kosten für den Umbau würden sich auf circa
16.000 € bzw. 1.350 €/Tierplatz belaufen. Weitere Verbesserungen, wie zum Beispiel neue Beläge für die Liegeboxen oder Veränderung der Abmessung nimmt der Betrieb in diesem Beispiel nicht vor. Mehr Infos was für mehr Kuhkomfort noch möglich ist, gibt es hier:
Die 5 Baustellen für mehr Kuhkomfort – Es muss nicht immer ein Neubau sein. Wie sich auch in Altgebäuden mit Anbindehaltung das Tierwohl verbessern lässt, zeigen Milcherzeuger in der Schweiz.
2. Umbau zu Laufstall und Neubau des Jungviehstalls
Die zweite Variante ist der Umbau des ursprünglichen Anbindestalls zum Laufstall für 12 Milchkühe und der Neubau eines Stalls für das Jungvieh. Die Außenwände des alten Stalls bleiben bei dieser Planung bestehen. Im Stall ändern sich die Funktionsachsen wie folgt:
- Statt des Futtertischs wird ein Futterband an der Außenseite des Stalls eingebaut. Das Band kann vom Obergeschoss aus befüllt werden.
- Die Liegeboxen werden an der Innenwand des Stalls platziert.
- Der ehemalige Futtertisch wird zum planbefestigtem Laufgang, welcher von einem automatischen Schieber sauber gehalten. Der alte Boden wird durch eine neue Bodenplatte mit Profilierung getauscht.
- Die alte Rohrmelkanlage wird durch einen 2er Autotandem-Melkstand ersetzt. Die schmale Bauweise erlaubt es den Melkstand zwischen Wohnhaus und Stall zu bauen.
- Ein kleiner unterkellerter Vorwartebereich mit Spaltenboden sorgt neben der automatischen Entmistung und dem Futterband für Arbeitsentlastung.
Das Jungvieh kommt in einen separaten Stall mit 15 Liegeboxen und 3 Altersgruppen. Der Stall besteht aus einem Futtertisch, planbefestigten Laufflächen mit Schieberentmistung und Pultdachkonstruktion. Die Giebelwände werden holzverschaltet und ein Curtain an der Traufwandseite eingebaut.
Für diese Variante muss der Modellbetrieb mit Kosten von 165.000 € bzw. 13.750 €/Tierplatz im alten Kuhstall rechnen. Der Neubau des Jungviehstalls kostet zusätzliche 94.000 € bzw. 7.800 €/Tierplatz. Insgesamt belaufen sich die Umbaukosten auf 259.000 € bzw. 21.600 €/Tierplatz.
3. Umbau des Anbindestalls, Laufhof und neue Liegehalle
Die dritte Variante sieht einen Umbau des Altgebäudes vor. Im Altgebäude wird der Futtertisch saniert und ein neues Melksystem installiert. Neu gebaut wird eine Liegehalle und ein großzügiger Laufhof, welcher beide Gebäude verbindet.
- Ins Altgebäude kommt ein 1x5er Side-by-Side-Melkstand an der Stirnseite des Fressgangs.
- Für alle Tiere ist an der Längsseite des Bestandsgebäudes ein Neubau geplant in Anlehnung an den Jungviehstall in der zweiten Variante. Gebaut werden zwei Reihen Liegeboxen mit planfestigten Laufgang und Schieberentmistung und eine Abkalbebucht an einer Giebelwand.
- Der Laufhof zwischen den Gebäuden wird über einen weiteren Schieber entmistet.
- Bei dieser Variante entsteht Platz für 23 Milchkühe und 16 Jungtiere.
Die gesamten Kosten für den Umbau des alten Stalls und den Neubau von Liegehalle und Laufhof betragen 380.000 € bzw. 16.500 €/Tierplatz. Der Laufhof allein kostet 45.500 € bzw. 1.980 €/Tierplatz.
4. Kompletter Neubau eines Milchviehstalls mit eigenem Melkhaus
Die letzte Variante ist es komplett aus dem alten Stall auszuziehen. Hier plant der Modellbetrieb mit einem Milchviehstall mit 32 Kühen (inkl. Trockenstehern) und 25 Liegeboxen für die Nachzucht. Es entsteht ein separates Melkhaus mit einem 2x4er Fischgrätenmelkstand und Vorwartebereich. Nah am Melkhaus wird die Strohbox für abkalbende Kühe eingeplant.
Der komplette Neubau würde in der Modellrechnung circa 535.000 € bzw. 16.400 €/Tierplatz kosten. Dabei ist das Gülle- bzw. Futterlager nicht mit einberechnet.
Quelle: „Bauliche und organisatorische Lösungen für die Weiterentwicklung von Ställen in der Anbindehaltung“ – Jochen Simon, Dr. Bernhard Haidn, Dr. Jan Harms, Swen Kupke, Claudia Rublewski, Petra Moser, Dr. Stefan Neser, Peter Stötzel auf der LfL-ILT Jahrestagung 2022
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