Vom Lebensmitteleinzelhandel wurden in den letzten beiden Jahren Programme für mehr Tierwohl und Tiergerechtheit in der Milcherzeugung etabliert. Mittlerweile überlegen denn auch einige Molkereien sich den Tierwohlinitiativen anzuschließen.
Bislang beteiligen sich jedoch nur wenige Milcherzeuger an den aktuellen Tierwohlprogrammen. Das liegt insbesonders an den damit verbundenen hohen Zusatzkosten. Diese fallen deutlich höher als aus als bislang angenommen. Laut einer Studie, die das...
Vom Lebensmitteleinzelhandel wurden in den letzten beiden Jahren Programme für mehr Tierwohl und Tiergerechtheit in der Milcherzeugung etabliert. Mittlerweile überlegen denn auch einige Molkereien sich den Tierwohlinitiativen anzuschließen.
Bislang beteiligen sich jedoch nur wenige Milcherzeuger an den aktuellen Tierwohlprogrammen. Das liegt insbesonders an den damit verbundenen hohen Zusatzkosten. Diese fallen deutlich höher als aus als bislang angenommen. Laut einer Studie, die das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) im Auftrag der MEG Milch Board erstellt hat, kostet die Anpassung der Produktionsbedingungen an tiergerechtere Haltungsstandards, die den Anforderungen aktueller Tierwohlmilch-Labels entsprechen, zwischen 10,63 (Region Ost), 11,97 (Nord) und 16,33 Cent pro Kilogramm Milch (Stand 2021).
Nur Laufställe – keine Herdenaufstockung
Anders als in den bisher erfolgten Kostenberechnungen standen in der aktuellen Studie nicht die zu erwartenden Mehrkosten unterschiedlich hoher Standards eines bestimmten Tierwohlprogrammes im Fokus. Stattdessen wurden die durch die erforderlichen Veränderungsmaßnahmen anfallenden Mehrkosten bestimmt, welche sich für den Durchschnitt der Milchviehbetriebe ergeben würde.
Bei der Ermittlung der Mehrkosten wurden die Zielanforderungen der derzeit angewendeten Kriterien der Tierwohllabel herangezogenen. In Planungsbeispielen wurden dann die Mehrkosten dann anhand eines Ist/-Sollvergleiches ermittelt. Die ermittelten Ergebnisse beziehen sich auf den repräsentativen Durchschnitt der Milchkuhbetriebe in den Regionen Nord, Ost und Süd.
In der Kalkulation berücksichtigt wurden die Mehrkosten zur Verbesserung des Lauf-, Liege- und Fressbereichs einschließlich der Einrichtung von Laufhöfen und der Verbesserung der Stallausstattung mit Tränken und Kuhbürsten, Kosten zur Einrichtung bzw. Erweiterung der Abkalbe und Krankenbereiche in konventionellen Boxenlaufstallbetrieben kalkuliert. Hinzu gerechnet wurden die Mehrkosten für eine professionalisiere Tierkontrolle und Tierbeobachtung und Weidegang (zukünftig obligatorischer Standard). Unterstellt wurde zudem, eine Beibehaltung der Herdengröße sowie der Erhalt von Altgebäuden.
Weide kostet nochmals rund 4,5 Cent mehr
Gerade in den Laufstallbetrieben ist die Weidehaltung in den letzten Jahren sehr stark zurückgegangen. Andererseits stellt sie für Verbraucher/-innen einen der wichtigsten Aspekte für mehr Tierwohl dar. Zukünftig wird es darum gehen, dass Betriebe mit Weidehaltung diese fortsetzen und darüber hinaus mehr Betriebe ihren Kühen Weide anbieten können. Vor diesem Hintergrund wurden die Mehrkosten für einen Weidegang für 100 % der Milchkuhbetrieb berücksichtigt (Vorgaben des Weidemilchprogramms Pro Weideland).
Höhere Milchgeld-Zuschläge unabdingbar
Diese Ergebnisse machen mehr als deutlich, dass die Zusatzkosten für mehr Tiergerechtheit und Tierwohl in der Milchviehhaltung nicht nur erheblich sind, sondern die wirtschaftlich ohnehin schon seit Jahren angespannte Lage der Milchviehbetriebe verschärfen. Investitionen in mehr Tierwohl sind mit vielen wirtschaftlichen Unsicherheiten und Risiken verbunden, denn die bisherigen Preisaufschläge der abnehmenden Molkereien sind nur marginal. Nach wie vor besteht zudem kein Konsens darüber, ob und in welchem Umfang Milcherzeuger finanziell unterstützt werden sollen und wie hoch die Preisaufschläge für Tierwohlmilch ausfallen müssten.
Die Milcherzeuger sehen sich denn auch einem starken Handlungsdruck ausgesetzt, denn obwohl die meisten Milcherzeuger/-innen mehr Tiergerechtheit und Tierwohl anstreben, wird ein Großteil dies nicht umsetzen können, wenn nicht die (gewünschten) Verbesserungen bei der Haltung künftig honoriert werden.
2 | Diese Mehrkosten müssten zusätzlich erlöst werden
„Die Verbraucher werden für Tierwohl zahlen“
Bei der MEG ist man jedoch zuversichtlich, die erforderlichen Zuschläge (am Markt) realisieren zu können, obwohl derzeit die Verbraucher die günstigen Handelsmarken den teureren Premium-Produkten vorziehen. Derzeit würden viele Konsumenten sich beim Einkauf von der Angst leiten lassen, doch die Situation werde sich wieder verändern, ist der Vorstandsvorsitzende der MEG Milch Board, Frank Lenz, überzeugt. „Die Verbraucher wollen letztlich ja mehr Tierwohl“, ist sein Vorstandskollege Albert Pröpster überzeugt, „gemeinsam ist das denn auch zu schaffen.“
Quelle: Tierwohl für Kühe – bezahlbar? Analyse der Kosten für mehr Tierwohl in deutschen Milchkuhbetrieben | MEG MilchBoard v.W.