Zukunft mit Milch

Ressourcen schonen: Weniger Energie für die Milch

Die Produktion von Milch verbraucht Ressourcen. Wie realistisch sind Einsparmöglichkeiten bei Wasser, Kraftstoff und Strom?

Viele Milcherzeuger sehen sich der Kritik ausgesetzt, sie würden zu viele Ressourcen verbrauchen, z. B. Wasser und Energie. Tipps, wie sich der Einsatz reduzieren lässt.

Josef Neiber

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

Worum gehts? 

Die Milchproduktion ist energieintensiv, birgt aber große Einsparpotenziale. Bis alle Betriebe energieautark produzieren, ist es aber noch ein langer Weg.

Nicht am Wasser sparen

Wasser ist eins der Hauptnahrungsmittel von Milchkühen. Hier darf nicht gespart werden! Jedoch gibt es entlang der Produktionskette andere Einsparmöglichkeiten. Ein nachhaltiger Wasserverbrauch im Milchkuhbetrieb schließt z. B. mit ein, die Anbauflächen nicht zu beregnen. Landwirte müssten dann z. B. verstärkt auf trockenresistente Sorten setzen.
Um zusätzlich Grundwasser zu schonen, können Tierhalter Wasser recyceln und etwa mit dem Spülwasser aus der Melkanlagenreinigung den Wartebereich reinigen. Zudem lässt sich Regenwasser nutzen. Zusätzliche Zisternen dienen als Wasserspeicher für z. B. Waschwasser zum Reinigen von Wartebereichen oder auch des Melkstands.

Stromfresser finden

Eine Untersuchung von 6.000 Milchkuhbetrieben in Bayern ergab, dass der Stromverbrauch bei Beständen mit 80 Kühen zwischen 28.000 und 58.000 kWh schwanken kann. Dabei verbraucht eine Kuh im Stall (ohne Melken) rund 125 kWh. Das Sparpotenzial ist groß, besonders durch die Kombination vieler kleiner Maßnahmen: 
  • Eine Möglichkeit ist, im Stall von Metalldampflampen auf LED-Strahler umzurüsten. Diese sind teurer in der Anschaffung, verbrauchen aber weniger Energie und haben eine längere Lebensdauer. Bei gleicher Beleuchtungsintensität kann das den Stromverbrauch für die Beleuchtung langfristig um ca. 60 % reduzieren.
  • Das Melksystem beeinflusst den Stromverbrauch: Betriebe mit AMS verbrauchen rund 366 kWh/Kuh; Betriebe mit Melkstand 333 kWh/Kuh im Jahr. Um diese Werte zu senken, hilft in alten Melkständen der Einbau eines Frequenzreglers in der Vakuumpumpe. Dieser passt die Drehzahl der Pumpe dem Leistungsbedarf ständig an. Beim Melken und Reinigen spart das bis zu 50 % der Energie.
  • Zudem hat der Melker selbst einen großen Einfluss auf den Stromverbrauch. Denn: Der Stromverbrauch steigt mit höherem Zeitbedarf für das Melken an. Wer hier Energie sparen will, sollte zeiteffizient melken.
  • Zusätzlich bietet die Milchkühlung Möglichkeiten: Setzt man dort einen Vorkühler ein, der die Milchtemperatur vor dem Eintritt in den Milchtank absenkt, kann das bis 40 % des Energieaufwands für die Kühlung senken. Tipp: Überdimensionierte Milchtanks verbrauchen mehr Energie als für die Kühlung der vorhandenen Milch benötigt wird. Zudem ist ein Milchtank besser an einem kühlen Ort platziert als z. B. in der Nähe eines Kühlaggregats (das Wärme abgibt). Wichtig: Eine regelmäßige Wartung der Milchkühlung hilft, stromfressende Abweichungen zu finden!
  • Mit dem Einsatz von Wärmerückgewinnungssystemen spart man zudem um bis zu 50 % Energie für die benötigte Prozesswärme, für die Reinigung des Melkstands und des Milchtanks. Das System wärmt Wasser mit der Abwärme der Milchkühlung (50 °C). Das Wasser eignet sich z. B. für die Handwäsche im Stall, Kälbertränke, Melkstand- und Tankreinigung oder Brauchwasser im Haushalt.

Wer Strom sparen will, muss seine Stromfresser kennen. ­Besonders in der Beleuchtung liegen Potenziale. (Bildquelle: Orb)

Geht es energieautark?

Eine Möglichkeit, sich energetisch selbst zu versorgen, bietet die Nutzung von Biogas und von Photovoltaikanlagen auf Stall- und Gebäudedächern. Bei zwei Melkzeiten bietet die Ost-West-Ausrichtung eine gute Stromversorgung während der Leistungsspitzen. Da die Solareinstrahlung im Tages- und Jahresverlauf schwankt, kann ein Kleinwindrad eine Photovoltaikanlage gut ergänzen. Dieses erzeugt vor allem im Herbst und im Winter auch nachts Strom.
Biogasanlagen können die Energieversorgung ebenfalls sichern bzw. unterstützen. Sie lohnen sich vor allem dann, wenn ein Güllelager schon vorhanden ist oder ohnehin gebaut werden muss. Besonders Kleinbiogasanlagen bis 75 kWh, die ausschließlich Gülle und Mist vergären, sind für Milchkuhbetriebe interessant. Ab einer Größe von 250 Kühen plus Nachzucht sind keine Güllekäufe für diese Größe notwendig. Nachteil: Die Investitionskosten sind hoch und die Anlagen benötigen zusätzliche Arbeitszeit.
Wie viel Eigenstrom ein Betrieb nutzen kann, hängt von der Größe des Ertrags und der technischen Ausstattung ab. Wenn die Stromproduktion etwa dem Verbrauch entspricht, sind mit Fischgrätenmelkstand und zwei Melkzeiten mit Solarenergie Eigenstromnutzungsraten von 30 % realistisch (da die produzierte Energie nicht 1 : 1 in den Verbrauch fließt). Bei AMS-Betrieben mit Eiswasserkühlung sind sogar über 50 % möglich.
Stationäre Speicher haben bereits Potenzial, den eigens produzierten Strom noch besser zu nutzen. Zukünftig birgt E-Mobilität wohl zusätzliche Möglichkeiten, wenn mehr Maschinen wie Hoftrucks, Spaltenroboter oder mobile Fütterer mit Eigenstrom gespeist werden.

Photovoltaik-Anlagen können Eigenstrom liefern. ­Möglich sind Eigenstromnutzungsraten von über 50 %. (Bildquelle: Veauthier)

Auch Kraftstoff lässt sich sparen

Diesel ist nicht nur teuer, sondern auch ein begrenzter Rohstoff. Es lohnt sich also, sparsam damit umzugehen. Wer seine Kühe mit einem Futtermischwagen füttert, kann zum Beispiel dessen Laufzeiten begrenzen. Denn durch die Zeitersparnis sinkt direkt der Kraftstoffverbrauch. Dafür empfiehlt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen unter anderem:
  • Befestigte Lagerflächen und kurze Transportwege;
  • eine regelmäßige Wartung (besonders der Messer);
  • eine optimierte Ration und
  • idealerweise eine mechanische Fördertechnik (pneumatische Geräte haben einen höheren spezifischen Stromverbrauch).
Befestigte Lagerflächen und kurze Transportwege; eine regelmäßige Wartung (besonders der Messer);eine optimierte Ration und idealerweise eine mechanische Fördertechnik, (pneumatische Geräte haben einen höheren spezifischen Stromverbrauch).
Achtung: Die Mischzeit von Futterrationen sollte man nicht verkürzen, damit die Rationen nicht unvollständig gemischt ausgefüttert werden und Kühe selektiv fressen.
Betrachtet man die gesamte Produktionskette der Milch, ergibt sich weiteres Einsparpotenzial. Notwendig wären weniger kraftstoffintensive (Übersee-)Transporte (hoher Energieaufwand). Das gilt besonders für Futtermittel (Soja, Kraftfutter). Die kraftstoffsparendenste Alternative wäre eine weidebasierte Fütterung mit geringen Kraftfuttergaben (deutliche CO2-Reduktion). In letzter Konsequenz dürften Milcherzeuger dann aber auch nur noch regionale Molkereien beliefern.
Fazit: Aktuell ist eine flächendeckende energieautarke Milchproduktion nicht realistisch, es gibt aber enormes Einsparpotenzial.

In der Milchproduktion lässt sich noch viel Energie einsparen. Dafür sind viele Einzelmaßnahmen notwendig. Ganz autark geht es aber noch nicht. (Bildquelle: Orb)

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