Für November zeichnen sich keine Abzüge beim Milchpreis ab. Der Milchmarkt steht jedoch weiterhin durch Corona, Brexit und steigenden Milchmengen unter Druck.
Für Oktober 2020 haben viele Molkereien den Auszahlungspreis leicht um 0,5 bis 1,0 Cent pro kg Milch erhöht. Die Grundpreise der Molkereien rangieren allerdings zwischen 28,95 Cent und 36 Cent pro kg. Mehr dazu bei uns hier: „Milchpreise im Oktober 2020 leicht gestiegen“
Doch wie werden sich der Markt und die Milcherzeugerpreise unter der zweiten Coronawelle, Brexit und saisonal steigendem Milchaufkommen in den nächsten Wochen entwickeln?
Wir gegen einen Überblick aus aktuellen Marktberichten und Einschätzungen der Molkereien.
Das Milchaufkommen steigt bald wieder. Die Nachfrage hat sich verschoben.
Die Milchanlieferungen an die Molkereien in Deutschland haben Mitte November 2020 ihr Jahrestief erreicht. In der 45. Woche erfassten die Molkereien 0,3 % weniger Milch als in der Vorwoche. Damit wurde die Vorjahreslinie um 0,6 % unterschritten. Ab jetzt ist wieder mit steigenden Milchmengen zurechnen. Bisher, Januar bis Oktober 2020, wurden 26,66 Mio. t Rohmilch erfasst, 0,5 % mehr als in der Vorjahresperiode.
Der Anfang November begonnene Teil-Lockdown hat am Milchmarkt erneut, aus dem Frühjahr 2020 bekannte, Verschiebungen bei der Nachfrage ausgelöst:
Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ordert bei den Herstellen überdurchschnittlich viel Stückbutter, Käse und Frischmilchprodukte bei sehr guter Nachfrage.
Die Nachfrage aus Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung zeigt währenddessen große Schwächen. Es gibt Berichte über Kontraktverschiebungen und Stornierungen im Großverbrauchersegment.
Die Einbußen im Außer-Haus-Verbrauch seien aber bisher nicht so stark wie im ersten Lockdown. Insgesamt sei somit die Situation noch recht stabil.
Ein kompletter Ausgleich der im Food-Service wegbrechenden Absätze werde durch die erhöhten Verkäufe im LEH nur schwer zu realisieren sein, heißt es. Preisrückgänge bei einigen Milchprodukten sind bereits die Folge.
Die Preise bewegen sich noch verhältnismäßig stabil
Bisher, Mitte November 2020, halten sich die Märkte und Preise verhältnismäßig stabil (Stand: 18. November 2020).
Butter: Päckchenbutter wird sehr gut nachgefragt. Die Einkaufspreise für den LEH liegen entsprechend der zu November um 20 Cent gestiegenen Kontraktvereinbarungen bei 3,80 € bis 4,0 € pro kg. Blockbutter tendiert bei ruhiger Nachfrage schwächer (3,35 bis 3,50 €/kg). Am Großmarkt steigen die Notierungen für Industrierahm.
Käse: Die amtlichen Preisnotierungen für Käse (LEH-/Schnittware) halten sich bei sehr guter Nachfrage stabil. Es wird allerdings teils von uneinheitlicher Marktentwicklung berichtet. Im Großmarktsegment macht sich die eingebrochene Nachfrage bemerkbar: Die Preise für Cheddar, Mozzarella und Gouda im Block sowie geriebenen Emmentaler (EU-Ware) verringern sich an Spotmarkt und für das erste Quartal 2021 seit Ende Oktober merklich.
Frischmilchprodukte: Mit den neuen Halbjahreskontrakten wurden die Einkaufspreise für Trinkmilch durchschnittlich um 2 Cent je Liter gekürzt. Für die anderen Produkte der weißen Linie wurden mehr oder weniger unveränderte Preise vereinbart. Die neuen, ab November gültigen, Preisabschlüsse mit dem LEH für Frischmilchprodukte sowie die für Butter sind nach Ansicht von Marktbeobachtern kein Grund zur Änderung bei den Milcherzeugerpreisen.
Magermilch- und Vollmilchpulver: Bei Magermilchpulver waren die Käufer Anfang November zurückhaltend, jetzt belebt sich die Nachfrage wieder. Sowohl in der EU wie auch aus Drittländern. Die Auftragslage bei den Herstellern sei gut und konnte sich zuletzt verbessern. Die Preise für Magermilchpulver in Lebensmittelqualität stabilisieren sich. Sie liegen bei 2.130 € bis 2.230 €/t. Bei Vollmilchpulver wird ebenfalls von einer leichten Belebung am Markt berichtet.
Flüssiger Rohstoff: Mitte November 2020 waren an den Märkten für flüssigen Rohstoff nach den Rückgängen der Vorwoche wieder festere Tendenzen zu beobachten. In der aktuellen Woche haben diese sich nicht ganz bestätigt. Bei Industrierahm konnten sich die höheren Notierungen weiter festigen, während die Preise für Magermilchkonzentrat nachgaben. Die Orientierungspreise für in der KW 47 gelieferte Spotmilch mit 3,7% Fett bewegten sich in Deutschland zwischen 32,90 € (Nord) und 35,73 € (Süd) pro 100 kg.
Für November mindestens stabile Milchpreise erwartet
Der erneute Lockdown wird Folgen für den Milchmarkt haben, darauf verweisen Marktbeobachter und Molkereien. Es wird allerdings darauf gesetzt, dass die Molkereien die Folgen mit den, aus der ersten Phase der Corona-Pandemie, gewonnenen Erfahrungen und neuen Absatzwegen noch besser managen können als im ersten Halbjahr.
Optimistisch schätzt hierzu der Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB) ein, dass die Marktentwicklung für Milchprodukte gegenwärtig noch vom Herbst- bzw. Weihnachtsgeschäft positiv beeinflusst wird. So könnten im November und Dezember weitere Preisverbesserungen erfolgen. Ob die Zunahmen in der Größenordnung wie in den vorangegangenen Monaten ausfallen werde, sei unter den gegeben Umständen allerdings fraglich.
Für November hat bisher keine der großen Molkereien einen Abschlag in den Auszahlungspreisen angekündigt. Hier sieht es entsprechend der angekündigten Garantiepreise mindestens stabil bis hinzu positiv aus. So will Arla im November 1 Cent mehr zahlen, nachdem sie im Oktober um 0,5 Cent angehoben hatte. FrieslandCampina hat einen unveränderten Garantiepreis für November verkündet und darauf verwiesen, dass auch bei ihren Referenzmolkereien wenig Änderungen zu erwarten sein dürften.
Der Milchindustrie-Verband MIV erklärt, dass der absehbare durchschnittliche Milchpreis für das Jahr 2020 von 32,5 Cent pro kg Standardmilch inkl. Nachzahlung in Anbetracht der Umstände eine beachtliche Leistung der Molkereien sei. Der Durchschnittspreis liege trotz Coronakrise nur einen Cent unter dem Vorjahr.
Wie geht es weiter am Milchmarkt in 2021?
Konkrete Prognosen für die Entwicklungen am Milchmarkt im Jahr 2021 gibt es bisher nicht. Es gibt ein Bündel an Informationen, die zeigen, dass der Markt weiter unter Druck stehen wird und dabei das Exportgeschäft eine entscheidende Rolle behalten wird:
Die Börsenmilchwerte zeigen aktuell eine schwächere Tendenz. Diese sind jedoch nur begrenzt auf die Entwicklung der realen Milcherzeugerpreise zu übertragen, da sie allein auf die Kurse von Magermilchpulver und Butter an der Milchterminbörse EEX fußen! Für November und Dezember ergibt sich aktuell (19.11.2020) ein Börsenmilchwert von 30,7 Cent sowie von 30,7 Cent. Für Januar gehen die Börsenmilchwerte auf 30,5 Cent zurück.
Neben der Coronakrise führt der zum Ende 2020 anstehende Brexit weiter zu großen Unsicherheiten. Molkereiunternehmen, die hohe Ausfuhranteile nach Großbritannien verzeichnen, fürchten merkliche Exporteinbußen. So rechnet Arla Foods im Fall eines ungeregelten Brexit, aufgrund zu erwartender Zölle, mit einem Rückgang der eigenen Molkereiausführen um bis zu 94 %. Im Fall eines geregelten Abkommens würden die eigenen Exporte nach Analyse des Konzerns um 18 % einbrechen. Ob verträgliche Handelsvereinbarungen zwischen EU und Großbritannien erzielt werden, ist weiter offen. Mehr dazu bei uns unter „Harter Brexit gefährdet Molkereiexporte von Arla bis 94%“.
Aus Sicht des Milchindustrie-Verband MIV, der 80 Unternehmen der deutschen Milch- und Molkereiwirtschaft repräsentiert, ist es eine wesentliche Stellschraube zur Entspannung der wirtschaftlichen Situation am Milchmarkt, die Exporte zu fördern. So könnten Märkte gesichert und damit langfristig ein „guter Milchpreis“ sichergestellt werden. Aktuell schaden der ausführenden Milchvermarktung neben dem Brexit die andauernden Handelskonflikte mit den USA und Russland. Bislang werden 50 % der deutschen Milcherzeugnisse ins Ausland verkauft, das meiste in den EU-Binnenmarkt.
Die Analysten der Rabobank erwartet für das Jahr 2021 Corona-bedingt weiter anhaltenden Druck auf die weltweiten Milchmärkte. Die Aussichten auf staatliche Unterstützung, die in der ersten Phase der Corona-Krise zu Stabilität verholfen hat, sind im vierten Quartal 2020 sowie in 2021 weniger sicher, was das Risiko für geringere Milchpreise erhöhe. Gleichzeitig steigt die Milchproduktion in Nahe zu allen wichtigen Milchexportregionen, auch in der EU.
Zuletzt haben sich die Preise am Weltmarkt gefestigt. So stieg beim jüngsten Termin (17.11.2020) an der internationalen Handelsbörse für Milchprodukte, der Global Dairy Trade in Neuseeland, der Durchschnittspreis um +1,8 %. Die positive Preisentwicklung war dabei auf gestiegene Preise für Vollmilchpulver (+1,8%), Magermilchpulver (+2,5%), wasserfreies Milchfett/Butteröl (+4,1%) und Butter (+0,4%) zurück zu führen. Mehr dazu bei uns unter „GDT: Milchprodukte international teurer gehandelt“.