Mitte September haben die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg entschieden, dass für die Gülleausbringung auch künftig der Breitverteiler zulässig ist – sofern die Gülle einen Trockensubstanzgehalt (TS-Gehalt) von 4,6 % nicht überschreitet. Bisher war hierfür ein TS-Gehalt von maximal 2 % erlaubt. Alles was darüber hinausgeht, muss ab dem 1. Februar 2025 entweder streifenförmig ausgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden.
Mitte September haben die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg entschieden, dass für die Gülleausbringung auch künftig der Breitverteiler zulässig ist – sofern die Gülle einen Trockensubstanzgehalt (TS-Gehalt) von 4,6 % nicht überschreitet. Bisher war hierfür ein TS-Gehalt von maximal 2 % erlaubt. Alles was darüber hinausgeht, muss ab dem 1. Februar 2025 entweder streifenförmig ausgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden.
Elite: Herr Messner, warum konnte jetzt für die Ausbringung per Breitverteiler der Trockensubstanzgehalt angehoben werden? Liegen neue Erkenntnisse zugrunde?
Jörg Messner: Grundsätzlich ist bereits seit längerem bekannt, dass durch die Verdünnung von Rindergülle mit Wasser die Ammoniakemissionen bei der Ausbringung reduziert werden können. Neuere Ergebnisse, z.B. bei den aktuell durchgeführten Untersuchungen in Bayern, haben dies bestätigt. Die Wasserverdünnung als empfehlenswerte Maßnahme zur Emissionsminderung findet sich seit Jahrzehnten in vielen Handreichungen von Lehr- und Forschungseinrichtungen, wie z.B. auch des LAZBWs.
In den meisten Fällen wird der Bau oder die Anmietung von zusätzlichem Lagerraum erforderlich.
Jörg Messner, LAZBW Aulendorf
Elite: Warum kommt diese Lösung so kurz vor der gesetzlichen Pflicht zur bodennahen Ausbringung ab Februar 2025? Viele Betriebe haben jetzt schon in Schleppschlauch etc. investiert...
Messner: Schon länger gibt es Diskussionen darüber, den Trockenmassegehalt für die Ausnahmen von 2 % für Rindergülle anzuheben. Für eine endgültige Festlegung des Wertes wurden die aktuellsten Ergebnisse der laufenden Untersuchungen in Bayern abgewartet.
Die neuen Ergebnisse aus Bayern
Die LfL Bayern ist im noch laufenden Projekt „AlterMin“ bisher zu dem Schluss gekommen, dass die Ausbringung von Gülle mit einem TS-Gehalt von maximal 4,6 % per Breitverteiler die Anforderungen der Düngeverordnung an die streifenförmige Ausbringung erfüllt. Das heißt konkret, dass diese verdünnte Rindergülle auch bei Breitverteilung zu mindestens 30 % weniger Ammoniakemissionen als bei Breitverteilung nicht-verdünnter Gülle führt und damit vergleichbar ist zum Schleppschlauch-Einsatz.
Elite: Nimmt die Entscheidung insbesondere kleineren Betrieben auf breiter Front den Druck zu investieren?
Messner: Kurzfristig wird den Betrieben der Druck genommen in entsprechende Technik zu investieren. In den meisten Fällen wird jedoch der Bau oder die Anmietung von zusätzlichem Lagerraum erforderlich. Des Weiteren ist mit höheren Ausbringkosten aufgrund der erhöhten Ausbringmenge zu rechnen. Deshalb stellt sich für jeden Betrieb trotzdem die Frage, ob die Investition in die entsprechende Technik ökonomisch gesehen nicht langfristig die bessere Lösung ist, insbesondere für mittlere und größere Betriebe.
Aus fachlicher Sicht ist längerfristig ein Umstieg auf die streifenförmige Ausbringung empfehlenswert.
Jörg Messner, LAZBW Aulendorf
Elite: Ist die jetzt gefundene Kompromiss-Lösung aus Klimaschutz- und Umweltschutzsicht vertretbar?
Messner: Schlussendlich kann mit dem angesprochenen Verfahren eine zur streifenförmigen Ausbringung vergleichbare Minderung der Ammoniakemissionen erzielt werden. Das ist nach § 6 Abs. 3 Satz 3 Düngeverordnung Voraussetzung, um eine Ausnahme von der streifenförmigen Ausbringung zuzulassen. Da aber auch bei verdünnter Gülle durch die streifenförmige Ausbringung die Ammoniakemissionen noch einmal gesenkt werden können, ist aus fachlicher Sicht längerfristig ein Umstieg auf die streifenförmige Technik empfehlenswert.
Bayern: Keine Ausnahmegenehmigung nötig
Bayern hat für seine Milcherzeuger zuerst die Möglichkeit geschaffen, den Breitverteiler auch künftig für die Ausbringung von Rindergülle mit bis zu 4,6 % TS zu schaffen. Im Gegensatz zu Baden-Württemberg wird das Verfahren im Freistaat allerdings nicht als Ausnahme sondern als alternatives Verfahren nach § 6 Absatz 3 Satz 3 DüV eingestuft. Das heißt konkret für die Praxis, dass die Betriebe dafür keine Ausnahmegenehmigung benötigen. Nach Aussagen der LfL Bayern müssen Landwirte, die davon Gebrauch machen, in Eigenverantwortung sicherstellen, dass der TS-Gehalt zum Zeitpunkt der Ausbringung nicht überschritten wird. Empfohlen werde zur eigenen Absicherung eine regelmäßige Bestimmung des TS-Gehalts durch Gülleuntersuchungen oder die Berechnung des TS-Gehalts mit dem LfL-Lagerraumprogramm.
Elite: Wo sehen Sie bei der praktischen Umsetzung dieser Ausnahmeregelung auf den Betrieben die Herausforderung?
Messner: Die angesprochene Ausnahmegenehmigung setzt insbesondere voraus, dass die erforderliche Lagerkapazität für die Gülle inklusive des zugegebenen Wassers vorhanden ist. Das bedeutet für die Betriebe, es muss deutlich mehr Lagerraum vorgehalten werden. Zudem muss deutlich mehr Menge ausgebracht werden, was die Ausbringkosten insgesamt erhöht. Die Frage ist zudem, wo das zusätzliche Wasser herkommt. Dazu muss aktiv Oberflächen- oder Dachwasser gesammelt werden, damit dann zu jedem Ausbringtermin die erforderliche Verdünnung erreicht wird. Diese Aspekte müssen bedacht werden, wenn Betriebe die Ausnahme nutzen möchten.
Der Landwirt ist dafür verantwortlich, dass pro Kalenderjahr zwei Laborproben der Gülle vorliegen.
Jörg Messner, LAZBW Aulendorf
Elite: Unter welchen Bedingungen ist eine solche Ausnahme möglich bzw. was ist dafür konkret nachzuweisen und wie lange gilt eine solche Ausnahmegenehmigung?
Messner: Die Ausnahme ist bei der zuständigen unteren Landwirtschaftsbehörde zu beantragen. Die Genehmigung muss im Einvernehmen mit der unteren Umweltbehörde erfolgen und kann mit zusätzlichen Auflagen versehen werden. Die Genehmigung ist zunächst auf maximal 2 Jahre befristet und muss dann erneuert werden. Wie bereits erwähnt, muss der erforderliche Lagerraum für die verdünnte Gülle nachgewiesen werden, die Dokumentation der ausgebrachten Menge muss vollständig und nachvollziehbar sein. Zusätzlich sind jährlich zwei Laboruntersuchungen durchzuführen und zu belegen.
Elite: Wer soll die Laboranalysen ziehen und einsenden? Werden hier bestimmte Labors vorgegeben?
Messner: Schlussendlich ist der Landwirt verantwortlich, dass zwei Proben je Kalenderjahr vorliegen. Die Probennahme kann vom Landwirt unter Beachtung der grundsätzlichen Vorgehensweise zur Probennahme durchgeführt werden. Eine spezielle Vorgabe hinsichtlich Labor gibt es nicht.
Wie wird die Einhaltung des TS-Gehalts kontrolliert?
In Baden-Württemberg wird die Einhaltung der Vorgaben im Rahmen der jährlichen Fachrechtskontrollen vor Ort kontrolliert, teilt das MLR in Stuttgart auf Anfrage mit.
In Bayern ist geplant, den TS-Gehalt stichprobenartig über Fassproben bei der Gülleausbringung und anhand der betrieblichen Aufzeichnungen nach § 10 Absatz 2 DüV zu überprüfen, heißt es von der LfL Bayern.
Elite: Gilt diese Ausnahme-Regelung auch für Schutzgebiete?
Messner: Im Hinblick auf die Regelungen zur Ausbringtechnik gibt es in der DüV keine weiterführenden Anforderungen für Schutzgebiete. Es ist jedoch möglich, dass Ausnahmegenehmigungen mit Auflagen versehen werden. Ein Beispiel hierfür wäre z.B. Abstände zu schützenswerten natürlichen Lebensräumen vorzusehen.