Mit hohen Leistungen auf Kurs
Ein gutes Team ist der Schlüssel zum Erfolg!
Anna Kastens
Anna Kastens führt gemeinsam mit ihrem Mann Thomas einen, wie sie sagt, „stinknormal“ strukturierten Familienbetrieb. Im südlichen Niedersachsen kümmert sie sich um 250 Holstein-Kühe mit beeindruckenden 13.200 kg Milch, 120.000 Zellen und mehr als 1.000 kg Fett/Eiweiß-kg. Das Futter für Kühe und Biogas-Anlage produziert Thomas Kastens auf rund 260 ha Fläche.
Die hohe Milchleistung beruht in Teilen auf der langjährigen Zuchtbegeisterung der Betriebsleiterin, jedoch definitiv auch an der Freude am Detail. Gerade auf Fütterung, Gesundheitsmanagement und Klauenpflege legt sie großen Wert.
Ein gutes Arbeitsklima ist goldwert!
Das geht nicht alleine, sondern nur mithilfe ihres Teams, wie Anna Kastens im Rahmen der Diskussionsrunde „Zukunft Milch“ zum 20-jährigen Jubiläum von Elite erzählt.
Insgesamt sechs Personen in Voll- oder Teilzeit arbeiten im Melkstand, als Fütternde oder im Ackerbau. Damit die Teammitglieder gut miteinander auskommen, laden Anna und Thomas Kastens ihre Mitarbeitenden regelmäßig zum Beispiel zu einem Grillabend ein. „Stall- und Ackerteam sehen sich im Alltag selten“, berichtet Anna Kastens, „damit sie sich trotzdem kennenlernen, ist gemeinsame Zeit wichtig.“ Außerdem möchte sie, neben guter Bezahlung, auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen: Ist das Kind eines Mitarbeiters krank, wird selbstverständlich umgeplant; fällt die Kinderbetreuung aus, kommt es eben mit zum Silofahren.
Das verlangt von den Betriebsleitern viel Flexibilität. Aus Erfahrung wissen sie jedoch, wie wertvoll eine gute Teamsituation ist. „Vor ungefähr zwei Jahren habe ich das erste Mal jemandem gekündigt“, sagt Anna Kastens, „es ging einfach nicht mehr, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, wie wir ohne diese Person die Arbeit schaffen sollten.“
Letztlich war es aber genau die richtige Entscheidung, weil sich die Situation auf dem Betrieb beruhigt und über Mund-zu-Mund-Propaganda und Kleinanzeigen anschließend die Chance zu gleich drei neuen Teilzeit-Mitarbeitern aus dem näheren Umkreis ergeben hatte. „Gemeinschaftsgefühl und Arbeitsklima sind einfach nicht zu unterschätzen“, fasst die Betriebsleiterin zusammen.
AMS wieder ausgebaut
Dazu gehört auch eine gewisse Fehlerfreundlichkeit, sowohl im Großen („2012 haben wir die Melkroboter nach nur einem Jahr wieder rausgeschmissen. Die ständige Verfügbarkeit hat mich wahnsinnig gemacht!“) als auch im Kleinen. Geht etwas schief, sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer zu ihr kommen können. „Vom Fehler machen lernt man am meisten“, ist Anna Kastens überzeugt.
Größere Wachstumsschritte wie der Bau eines neuen Stalls oder der Biogasanlage sind schon nach der Gründung der Vater-Tochter-GbR in 2007 sowie der Betriebsübernahme durch das Ehepaar Kastens zehn Jahre später erfolgt. In den nächsten Jahren wollen die beiden weiter optimieren, zum Beispiel in der Transitphase. Weiteres Wachstum schließen sie nicht aus, dann aber nur organisch (finanziert).
„Die wichtigsten Herausforderungen bleiben Wetter und Politik“, schätzt Anna Kastens. „Wirklich ändern können wir beides nicht. Unsere Antwort: Wir konzentrieren uns auf uns und machen einen guten Job. So behalten wir den Spaß an der Arbeit mit den Kühen!“
Flächengebunden und autark
„Kühe gehören in Kreisläufe vor Ort.“
Conny Derboven
Große Wachstumsschritte hat auch Conny Derboven in seiner „Amtszeit“ erledigt. Von rund 160.000 kg Milch zu Beginn der Achtzigerjahre hat er den Milchkuhbetrieb gemeinsam mit seiner Frau auf heute 500 Kühe, 600 ha Land und 6,5 Mio. kg Milch erweitert. Zum Hof Bünkemühle gehören überregional bekannte Zuchttiere, eine Hofmolkerei und ein Hofcafé. Mittlerweile führen Derbovens drei Töchter den Betrieb, auch die Schwiegerkinder arbeiten mit.
Annette und Conny Derboven haben ihren drei Töchtern die Leidenschaft für Milchkühe weitervererbt. Alle drei Frauen engagieren sich in dem Familienbetrieb.
Obwohl die Wachstumsschritte jeweils logisch und aufgrund der kostensenkenden Effekte nötig gewesen waren, ist Conny Derboven manchmal wehmütig, wenn er an frühere Zeiten denkt: „Kühe sind für mich ganz fantastische Tiere. Die Entscheidungen, die wir getroffen haben, waren notwendig. Trotzdem vermisse ich in der großen Herde manchmal die emotionale Bindung zu jedem einzelnen Tier.“
Das Prinzip der kurzen Wege
Für Conny Derboven ist unabhängig von der Betriebsgröße eine flächengebundene Milchproduktion für die Zukunft entscheidend. Für ihn gilt das „Prinzip der kurzen Wege“: Ziel ist eine größtmögliche Autarkie und Flächenbindung der landwirtschaftlichen Produktion.
Das bedeutet, dass die einzelnen Bereiche (Pflanzenproduktion, Tierproduktion, Energie, Verarbeitung/Vermarktung) jeweils spezialisiert geführt und optimiert werden, sich gegenseitig aber bestmöglich unterstützen und „versorgen“. So erreicht das Team der Bünkemühle beispielsweise 20.000 bis 22.000 kg Milch/ha und produziert vor allem per Sekundärvergärung rund 3.700 kWh elektrische Leistung pro Kuh und Jahr. Das entspricht dem Energieverbrauch einer fünfköpfigen Familie. Lediglich Eiweißkonzentrat wird zugekauft. Auf Milchaustauscher verzichten Derbovens schon seit 1985. „Da kommt wieder die Politik ins Spiel. Eigentlich würden uns hier 300 ha für unsere Kühe reichen, aber wir haben z. B. Flächen in roten Gebieten und müssen Mineraldünger zukaufen. Das verhindert, dass wir unser Konzept vollständig umsetzen können.“
Überhaupt empfindet Conny Derboven die politischen Entscheidungen, die von außen so wesentlich auf die Unternehmensentwicklung eingewirkt haben, rückblickend als die größten Herausforderungen: „Milchquote, Dünge-Verordnung – man hat so viel investiert und hängt auf einmal total von fremden Entscheidungen ab!“ Er verstehe den Wunsch nach Planungssicherheit, sagt aber klar: Die gibt es nicht, Unsicherheit wird immer bleiben. Er rät daher, sich zwar umfassend zu informieren, aber nicht zu sehr nach links und rechts zu schauen: „Wovon bist DU überzeugt? Danach musst du handeln!“
Ökonomie und Ökologie verbinden
Wer sollte es machen, wenn nicht wir?
Benedikt Renz
Seinen ganz eigenen Weg findet auch Benedikt Renz: Er bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen Milchkuhbetrieb mit 200 Bio-Kühen und 140 ha Land mitten im Allgäu. Als er vor rund zehn Jahren den Elite-Herdenmanager-Kurs in Norddeutschland absolvierte, war er kurz ernüchtert: Wie sollte er diese Effizienz und Schlagkraft in seiner süddeutschen Umgebung umsetzen? Doch Hadern passt nicht zu Benedikt Renz: „Letztlich sind die Bedingungen einfach nicht vergleichbar. Also machen wir das Beste aus unserer Situation.“
Milcherzeuger Benedikt Renz möchte mit dem „Feed no food“-Ansatz die Akzeptanz der Milchkuhhaltung langfristig verbessern und setzt dafür voll auf Regionalität.
Das ist heute ein spannender Mix aus Bio, alternativen Vermarktungsformen, regenerativer Landwirtschaft, geförderten Programmen und guten Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeitenden. Die Renz GbR vermarktet ihre Milch über eine Erzeugergemeinschaft, das Futter für die Kühe stammt aus eigenem Anbau sowie aus Lebensmittel-Nebenprodukten aus der Region. Die alten Ställe wurden mithilfe einer umfangreichen EIP-Förderung behutsam modernisiert; Weidehaltung gehört in der Region dazu. Dazu kommt ein Holzhandel als weiteres Standbein. „Für meinen Milchkuhbetrieb sind nicht 14.000 kg zukunftsfähig, sondern eine Mitarbeitersituation, bei der jeder auch mal weg sein kann, inklusive mir selbst.“ Es zähle das große Ganze.
Benedikt Renz leistet sich mehr Mitarbeiter, als er eigentlich braucht. Wie schafft er das?
Eine der größten Herausforderungen sieht Benedikt Renz heute in einem „Marketing-Defizit“ der Branche: „Wenn es um Landwirtschaft geht, sind die Diskussionen ideologisch, die Sachlichkeit geht komplett verloren.“
Selbstbewusst nach vorne gehen
Er selbst geht gern mit Menschen um, Social Media macht ihm Spaß. „Das Wichtigste ist, keine Skandale zu produzieren, also fachlich gut zu arbeiten. Dazu gehört nicht nur die Kuh, sondern auch die Umwelt. Wir als Milchbauern haben doch allerbeste Voraussetzungen, unser Tun den Menschen zu erklären!“
Fazit
Wie sieht die Milchproduktion in Zukunft aus? Das haben wir am 13. Juni 2024 mit drei Milcherzeugern im Rahmen der Podiumsdiskussion „Kühe. Milch. Zukunft“ in Münster diskutiert.
Ein für uns total spannendes Fazit: Letztlich geht es kaum um die Probleme im Detail. Beinahe jeder Betrieb ist heute von der Motivation und Haltung seiner Mitarbeitenden abhängig. Politik und Klimawandel definieren für alle ihren Handlungsspielraum. Was die drei von anderen unterscheidet: Eine innere Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein. Dann finden sich auch Lösungen – passend zum eigenen Betrieb!
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