Während einige Milcherzeuger Erlöse von deutlich über 40 Cent pro Liter Milch verbuchen können, müssen sich andere mit deutlich weniger Milchgeld zufriedengeben. Wie ist das zu erklären? Warum unterscheiden sich die Auszahlungen so stark? Details siehe unten im grauen Kasten!
Milchanlieferungen noch immer deutlich unter dem Vorjahr
Das Milchaufkommen steigt saisonal wieder an. In der letzten Dezemberwoche stiegen die Milchanlieferungen nach Schnellberichterstattung der ZMB um +0,8 %...
Während einige Milcherzeuger Erlöse von deutlich über 40 Cent pro Liter Milch verbuchen können, müssen sich andere mit deutlich weniger Milchgeld zufriedengeben. Wie ist das zu erklären? Warum unterscheiden sich die Auszahlungen so stark? Details siehe unten im grauen Kasten!
Milchanlieferungen noch immer deutlich unter dem Vorjahr
Das Milchaufkommen steigt saisonal wieder an. In der letzten Dezemberwoche stiegen die Milchanlieferungen nach Schnellberichterstattung der ZMB um +0,8 % im Vergleich zur Vorwoche. Die Differenz zum Vorjahresmonat ist mit -2,8 % immer noch groß.
Anstieg der Preise für Milchdauerwaren
Aufgrund der weiterhin geringen Milchmengen am Markt, sind die Preise für Milchdauerwaren bei anhaltend guter Nachfrage weiter gestiegen.
- Magermilchpulver: Tendenz ist nach wie vor fester, bei geringer Verfügbarkeit. Das Pulver in Futtermittelqualität stieg im arithmetischen Mittel sogar um +145 €/t. Die Differenz zur Lebensmittelqualität beträgt nun nur noch 30 €/t.
- Butter: geformte Blockbutterpreise bleiben unverändert auf hohem Niveau. Die Nachfrage nach loser Markenbutter hat sich verbessert. Der Preis ist im unteren Preissegment um 6 Cent/kg gestiegen.
- Käse: die Preise für Käse liegen auf hohem Niveau. In der ersten Woche im neuen Jahr konnten sich bei niedrigen Beständen festere Preise für Blockware durchsetzen (Amtliche Preisnotierung Schnittkäse in Hannover).
Da die Milchanlieferungen weiterhin unter den Vorjahren liegen, entsteht innerhalb der Molkereien ein Wettbewerb um den Rohstoff in den einzelnen Verwertungsschienen.
Bei unter Vorjahresniveau liegender Milchanlieferung und hoher Käsenachfrage ist die Rohverfügbarkeit für die Herstellung von Magermilchpulver limitiert
Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin ZMB
Folge ist eine geringere Produktion einzelner Produkte. Das ist derzeit beim Magermilchpulver der Fall. Nicht nur in Deutschland, auch in den USA ist, laut ZMB Berichterstattung, die Erzeugung geschrumpft. Die knappe Verfügbarkeit treibt bei guter Nachfrage die Preise in die Höhe.
Spotmilchpreise wieder angestiegen
Der Wettbewerb der Verwertungsrichtungen um den Rohstoff innerhalb der Molkerei, macht den Zukauf von Rohmilch auf dem Spotmarkt attraktiv. Die Spotmilchpreise sind in Deutschland in der zweiten Kalenderwoche 2022 um 1,25 €/100 kg auf durchschnittlich 48,5 €/100 kg angestiegen.
Lebensmitteleinzelhandel zieht Preise für Konsummilch an
Der Lebensmitteleinzelhandel hat die Preise für Konsummilch erhöht. Zu Beginn der Woche hat Aldi die Preise für Trinkmilch der Eigenmarke „Milsani“ angehoben. Jetzt kostet der Liter Vollmilch 83 Cent und fettarme Milch 75 Cent. Das entspricht einer Preissteigerung von 3 Cent. Wettbewerber werden wohl im gleichen Maße mitziehen, so der Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB).
Im Milchbereich passen Erwartungshaltung und Honorierung schon lange nicht mehr zusammen!
Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, VMB-Geschäftsführer
Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, VMB-Geschäftsführer, kommentierte den Anstieg als „bescheiden“. Vor allem in Anbetracht der derzeitigen Marktlage sei eine deutlichere Preisanpassung zu erwarten gewesen. Und für die Landwirte aufgrund gestiegener Produktionskosten essenziell.
Bei den Erzeugerpreisen ist noch Luft nach oben
Die Prognosen für den Milcherzeugerpreis liegen, laut AMI-Schätzungen, bei 43 Cent im März. Börsennotierungen, Terminkurse und der Kieler Rohstoffwert deuten als Indikatoren weitere Preisaufschläge bei den Erzeugerpreisen an.
Mehr zu den erwarteten Preisentwicklungen 2022 können Sie im Interview mit dem Milchmarktexperten Prof. Dr. Tiele nachlesen:
Milchpreisindikatoren über 50 Cent, ein knappes Angebot und zeitgleich gute Nachfrage. Welche Entwicklungen sind Anfang 2022 auf dem Milchmarkt zu erwarten?
Milchpreis ist nicht gleich Milchpreis
Der durchschnittlich ausgezahlte Milcherzeugerpreis für konventionelle Milch lag im November 2021 bei 39 Cent pro Kilogramm. Doch der Preis bildet bei weitem nicht die Erlössituation auf allen Betrieben ab. Milchpreisbestimmend sind Kriterien wie zum Beispiel Bio-, Weide- oder gentechnikfreie Milcherzeugung sowie Inhaltsstoffe und Qualitätskriterien.
„Über den einen Milchpreis zu reden ist schon allein aufgrund der vielen Differenzierungen nicht mehr so einfach möglich“, erklärt Dr. Hans-Jürgen Seufferlein (VMB-Geschäftsführer). Daher gilt für die eigene Milchpreisabschätzung die richtige Benchmark zu finden.
Das Produktportfolio der Molkerei entscheidet über die Auszahlungsleistung
Außerdem spielt das Produktportfolio und die damit verknüpften, unterschiedlichen Erlöse der Molkereien eine entscheidende Rolle. Zusätzlich unterscheiden sich die Anteile in den Absatzkanälen zwischen z. B. Lebensmitteleinzelhandel, Weiterverarbeitung und Export in andere Länder. Das bestimmt die mögliche Auszahlungsleistung, welche sich im Zuge der derzeitigen Marktsituation deutlich unterscheidet. „Aufgrund dessen wird die Schere zwischen den Milchpreisen zukünftig wahrscheinlich noch stärker auseinanderdriften“, so Seufferlein.
Denn von rekordverdächtigen Erlösen bei Standardprodukten wie Butter und Milchpulver profitieren derzeit nur die Molkereien, welche diese Produkte auch herstellen. Das sieht man deutlich bei einem Blick in das Bundesland Schleswig-Holstein. Die dort produzierenden, versandlastigen Molkereien zahlen den Milcherzeugern teilweise über 45 Cent aus.
Im Gegensatz dazu ist eine Molkerei die Frischprodukte herstellt und unter der Eigenmarke vertreibt an den LEH angewiesen. Deren Erlössituation ist an Kontrakte gebunden, welche Vertragslaufzeiten bei beispielsweise Joghurt von bis zu einem Jahr haben. Der Vorteil ist, dass die langfristig geschlossenen Kontrakte Preisschwankungen ausgleichen. Deshalb bezeichnete Christian Schramm, Leitung Milcheinkauf, Zott SE & Co. KG auf der LBV-Fachtagung Milch, den Lebensmitteleinzelhandel als „sicheren Hafen“.
Der große Nachteil der Belieferung des LEHs zeigt sich bei der derzeitigen Marktsituation. Trotz der geringeren Milchmenge hat der Handel kein Problem an Milchprodukte zu kommen. Die jüngsten Preisverhandlungen zeigen, dass die Preise für den Konsumenten nur ganz verhalten angezogen werden. Daher haben die Auszahlungspreise von Molkereien die vornehmlich Frischprodukte herstellen im letzten Monat die 40-Cent-Marke teilweise nicht geknackt und liegen möglicherweise noch deutlich darunter.
Quellen: u.a. ZMB, VMB, Süddeutsche Butter- und Käsebörse e.V. Kempten, AMI, LBV Fachtagung, 13.01.2021, MIV, moproweb.de, ife, BLE, DCA