Kühe auf Gummi besser im Stoffwechsel

Ein elastischer Untergrund hat nicht nur Auswirkungen auf die Hornschuhentwicklung einer Kuh, sondern auch auf den Stoffwechsel. Der Übergang von katabolem (abbauendem) zu anabolem (aufbauendem) Soffwechsel bei Kühen erfolgt auf Gummifläche schneller als auf Beton. Das ergaben zwei Studien der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Beide Studien haben sich mit der Auswirkung eines neuen Gummibodensystems für Laufställe befasst, das zu 20 % aus abrasiv wirkenden Gummimatten besteht und zu 80 % aus den herkömmlichen elastischen Matten. Die Wissenschaftlerin Manuela Günther stellte hierzu die Auswirkungen dieses Bodens im Vergleich zu Bodenbeton auf die Hornschuhentwicklung dar. Parallel dazu wurde untersucht, inwieweit sich die Elastizität des Bodens auf die Einschmelzung bzw. auf den Wiederaufbau von Körperfett auswirkte. Während der Studie wurden jeweils 40 Tiere pro Boden über eine gesamte Laktation, beginnend drei Wochen vor dem erwarteten Abkalbetermin beobachtet.

Switch von katabol zu anabol erfolgt früher

Dass Kühe auf Gummiboden wiederholt signifikant früher nach der Kalbung in Brunst kommen und ebenfalls signifikant früher konzipieren, ist bereits in mehreren Studien nachgewiesen worden. Der Wissenschaftler Roland Werny untersuchte in diesem Zusammenhang bei denselben 80 Tieren über eine komplette Laktationsperiode diverse Stoffwechselparameter im wöchentlichen Abstand und mittels Ultraschall zeitgleich deren Rückenfettdicke.
Die Fruchtbarkeitsdaten der Tiere zeigten eine signifikant kürzere Rast- und Güstzeit auf elastischem Boden. Weitere Unterschiede zwischen den Gruppen zeigten die Parameter Blutglukose und der durch die wöchentliche Erfassung der Rückenfettdicke ersichtliche Zeitpunkt des Wechsels von kataboler (abbauende) in eine anabole (aufbauende) Stoffwechselsituation.
Dieser Ergebniskomplex, signifikant niedrigere Blutzuckerspiegel bis zum Tag 160 der Laktation, bessere Fruchtbarkeitsdaten und frühere katabole Stoffwechselsituation (ebenfalls ab Tag 160) bei den Tieren auf elastischem Boden wurde zunächst festgehalten. Die Daten erklärte der Wissenschaftler mit der Vermutung eines erhöhten Cortisolspiegels, der diese Parameter schlüssig erklären würde. Überträgt man diese Ergebnisse auf das vermehrte Auftreten von Mortellaro bei den Tieren auf Beton, so ließe sich das ebenfalls mit einem höheren Cortisolspiegel und einer damit einhergehenden Schwächung des Immunsystems erklären. Zusammenfassend ergibt sich daraus die Vermutung, dass Kühe auf Betonboden grundsätzlich gestresster sind, als Kühe auf Gummiboden – vermutlich durch mehr Belastung oder Schmerz beim Gehen und Stehen.

Elastisch-abrasiver Boden gut für Klauengesundheit

Die Ergebnisse zeigten, dass 20 % abrasive Anteile im elastischen Boden eine die Klauengesundheit beeinflussende Verlängerung des Hornschuhs und damit unphysiologischer Belastung des Ballens verhindern. Somit konnte gegenüber Beton in der ersten Hälfte der Laktation(bis Tag 150 p.p.)  - wie von elastischen Böden bekannt – kein vermehrtes Auftreten von Sohlengeschwüren beobachtet werden. In der zweiten Hälfte der Laktation zeigte sich sogar eine deutliche Verbesserung des Auftretens von Sohlengeschwüren bei Tieren auf dem elastisch-abrasiven Boden gegenüber der Situation auf Beton.
Die Entwicklung der im Rahmen eines Scoring-Systems erfassten Mortellaro’schen Krankheit zeigte auf Betonboden in der ersten Hälfte der Laktation eine signifikante Verschlechterung der Situation im Vergleich zu den Tiere auf elastischem Boden. Dies wurde mit einer statistisch signifikanten Erhöhung des Ballens, die auf Gummiboden in dieser Zeit beobachtet werden konnte, in Zusammenhang gebracht (Anmerkung: Dieses Ergebnis scheint jedoch biologisch nicht relevant).
Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass 20 % abrasive Anteile im elastischen Boden ausreichenden Abrieb gewährleisten, um den Hornschuh in seiner Funktionalität nicht mehr zu beeinträchtigen und somit der volle Nutzen des elastischen Untergrunds ausgeschöpft werden kann.
Quelle:
P. Kremer; MSD Post-WBC Veranstaltungen 2012