#milchmacher

Von der Beratung zurück in die Praxis

Nicht mehr nur Ratschläge geben – Selber machen: Einer der Gründe für Linda Geßler als Beraterin aufzuhören und als Herdenmanagerin neu durch zu starten!

Landwirtin mit Herz und Seele. Das war Linda Geßler schon immer. Groß geworden auf dem heimischen Milchviehbetrieb Im Sauerland (NRW), hat sich der Wunsch schon früh breit gemacht: Ich will mit Kühen arbeiten! Nur „Wie“ - war die Frage.
Das Melken und die Arbeit auf dem Betrieb zuhause hat ihr Spaß gemacht. Früh war jedoch schon klar, dass ihr Bruder den heimischen Betrieb übernimmt. Für Linda kam in dieser Zeit ein Angestelltenverhältnis in der praktischen Landwirtschaft jedoch noch nicht in Frage. Also begann sie nach Abitur und landwirtschaftlicher Lehre ein Studium in der Agrarwirtschaft an der Hochschule Osnabrück. Während des Studiums lernte sie im Rahmen von Praktika die Arbeit in Futtermittelfirmen sowie die produktionstechnische Beratung durch die LWK kennen. Schnell stellte sich die Futtermittelberatung für sie als geeignete Schiene heraus. Unterschiedlichste Landwirte – unterschiedlichste Eindrücke und Erfahrungen - Unterstützung der Betriebsleiter im besten Sinne.

Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit war auch im Außendienst gefragt. Doch Linda reichte das nicht – sie wollte wieder selber anpacken!  (Bildquelle: Geßler)

Selbstreflexion: Was tut mir gut?

Der Job im Außendienst, das Unternehmen selbst und auch ihre Arbeitskollegen sagten ihr durchaus zu. Dennoch: Irgendetwas passte nicht. Am Ende des Tages fühlte sich Linda nicht so erfüllt, wie sie es sich eigentlich gewünscht hätte. Eher ermattet und platt. Hinzu kam eine Vermittlerposition zwischen den Stühlen – Landwirte auf der einen und die Firma auf der anderen Seite.
Das änderte sich, als sie begann neben ihrem Job drei Mal pro Woche bei einem gutem Freund in ihrer Freizeit zu melken. Hier konnte sie nach der „eigentlichen“ Arbeit abschalten und Dampf ablassen. In dieser Zeit begriff sie, was ihr fehlte:
Ich wollte wieder selbst verantwortlich für meine Arbeit sein
Linda Geßler
Linda Geßler wollte nicht mehr nur Tipps zur Umsetzung geben  – um dann später nicht mehr die Möglichkeit zu haben, das Ergebnis ihrer Arbeit selbst beeinflussen zu können – Sie wollte wieder aus eigenen Beweggründen handeln und dabei die volle Gewalt über ihre Entscheidungen besitzen und auch deren Konsequenzen tragen. Als praktizierende Landwirtin arbeiten und sich selbst verwirklichen.

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Leidenschaft Landwirtschaft -  Zurück in die Praxis

Die ihrer Wahrnehmung nach schwindende Motivation vieler Milcherzeuger weckte Lindas Wunsch nach stärkerer Eigenverantwortung und den Willen selbst wieder anzupacken, um als #milchmacher zu zeigen was alles möglich ist.
Milcherzeuger sehen sich vielfach in ein falsches Licht gerückt. Sie werden durch medialen und gesellschaftlichen Druck zu „Tierquälern“, „Massentierhaltern“ und „Umweltsündern“ abgestempelt. Zudem wird die Arbeit durch Auflagen und Forderungen von Staat und Gesellschaft erschwert, meist ohne dafür eine angemessene Entschädigung oder Gegenleistung zu erhalten. Das ließ den Ehrgeiz vieler Landwirte sinken – und das ging auch an Linda nicht vorbei. Sie bemerkte, wie auch ihre eigene Leidenschaft für die Landwirtschaft durch die meist drückende Stimmung auf den Betrieben negativ beeinflusst wurde. Ergebnis der abgeladenen Last beim Betriebsbesuch war eine am Ende des Tages ermüdete und geräderte Linda.

Zuhause kann Linda Geßler ihre Ideen selbst umsetzen. Durch das automatische Fütterungs- und Melksystem hat sie dafür auch mehr Zeit und Spielraum! (Bildquelle: Bräucker)

Doch so kannte sie sich nicht! Aus diesem Grund begann sie während ihrer Zeit als Futtermittelberaterin bei einem Freund auf dem Betrieb auszuhelfen und zu melken. Aus einem Nebenjob wurde dann vor 1 ½ Jahren ein festes Angestelltenverhältnis.
Insbesondere die Arbeit mit den Menschen, die Lindas Passion teilten, die Landwirtschaft nicht aufzugeben und weiter zu machen, durchbrach den Teufelskreis der negativen Stimmung. Endlich wieder mit Kühen arbeiten und der Leidenschaft nachgehen. 

Linda heute: Ihre Arbeit als Herdenmanagerin

Seit Februar 2021 arbeitet Linda wieder als Herdenmanagerin auf dem familiären Betrieb unter Leitung ihres Bruders, der aus gesundheitlichen Gründen zeitweise kürzer treten muss.
Auch wenn sie eigentlich einen Job zu Hause nicht annehmen wollte, da die Sorge zu groß war, dass das Tagesgeschäft das enge, familiäre Band belasten könnte, bereut Linda ihre Entscheidung nicht. Im Gegenteil! Sie ist sich sicher, dass gerade durch ihre gewonnene Erfahrung und den engen Familienverbund die bereits leistungsstarke Herde in gemeinsamer Zusammenarbeit noch weiter verbessert werden kann.

Betriebsspiegel Geßler in Altena:

  • 240 zu melkende Tiere ; Plus 20% Trockensteher
  • Zum Großteil Rot- und Schwarzbunte Holstein, Jersey (10 Tiere), BV (7 Tiere)
  • Melktechnik: 4 AMS (Lely)
  • Milchleistung: 11.100L Milch im Durchschnitt
  • Fett: 3,8 % – Eiweiß: 3,4 %
  • Zellzahlen: 150.000 Zellen im Durchschnitt
  • Fütterung: Automatisches Fütterungssystem – Lely Vektor (seit 7 Jahren)

Der Betrieb Geßler im Sauerland gilt als Lely-Vorzeigebetrieb. Hier werden durchschnittliche Milchleistungen von gut 11.100 Litern sowie durchschnittlich 3 Melkungen pro Tag am AMS erreicht. (Bildquelle: Bräucker)

Fazit: Lindas Beispiel einer echten #milchmacherin zeigt, dass es wichtig ist sich stetig selber zu reflektieren und sich darüber klar zu werden: Was will ich eigentlich und ist das was ich mache wirklich das Richtige für mich? Dabei sollte man auch über seinen eigenen Schatten springen können, um nicht nur in einer Position zu verharren. Auch mal an sich selbst denken und sich selbst glücklich machen!

Die Aktion #milchmacher

Fehlende Flächen, wenig Niederschlag, Arbeitskräftemangel … Die Probleme, mit denen sich Milch­erzeuger auseinandersetzen müssen, sind vielfältig. In unserer Reihe Elite #milchmacher stellen wir Milcherzeuger vor, die die alltäglichen Heraus­forderungen angehen.

#milchmacher ist eine Berichtsreihe, die monatlich eine/n Milcherzeuger/in und ihre/seine Konzepte vorstellt. (Bildquelle: Elite)


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