Seit Langem weiß man: Die Trockenstehzeit, aber vor allem der Abkalbezeitraum sind die wichtigsten Phasen im Leben einer hochleistenden Kuh. Hier müssen nicht nur ausreichend Liege- und Fressplätze zur Verfügung stehen, auch Licht und Klima müssen stimmen. Nur so können die Kühe ausreichend Kraft sammeln, um dann in die neue Laktation zu starten.
Zusammenarbeit und Infos: Sibylle Möcklinghoff-Wicke (Innovationsteam Hessen), Sönke Huuck (LVZ Futterkamp), Dairyland Initiative (Uni...
Seit Langem weiß man: Die Trockenstehzeit, aber vor allem der Abkalbezeitraum sind die wichtigsten Phasen im Leben einer hochleistenden Kuh. Hier müssen nicht nur ausreichend Liege- und Fressplätze zur Verfügung stehen, auch Licht und Klima müssen stimmen. Nur so können die Kühe ausreichend Kraft sammeln, um dann in die neue Laktation zu starten.
Zusammenarbeit und Infos: Sibylle Möcklinghoff-Wicke (Innovationsteam Hessen), Sönke Huuck (LVZ Futterkamp), Dairyland Initiative (Uni Wisconsin-Madison)
Transitbereich planen
Deshalb ist es wichtig, bei Neu- oder Umbauten den Transitstall (Special-Needs-Bereich) gründlich zu planen und auf die eigene Herdengröße abzustimmen. Dabei sollte man u. a. folgende Fragen beantworten:
- Wie viele Kuhplätze müssen vorgehalten werden (Herdengröße, ganzjährige oder saisonale Abkalbung)?
- Wie soll das Management rund um die Kalbung aussehen (Just-in-time, Gruppenabkalbung, Länge der Frischmelkerphase)?
- Wie sollen die Kühe während der gesamten Transitphase gehalten werden?
- Welche Maße sollten die Liegeboxen/Liegeflächen rund um das Kalben aufweisen?
Für folgende Herdengruppen sollten möglichst flexible Stallbereiche eingeplant werden:
- Frühtrockensteher (vom Trockenstellen bis zu drei Wochen vor der Kalbung)
- Vorbereitergruppe (letzte drei Wochen vor der Kalbung)
- Abkalbe-Gruppe
- Frischmelker
- Kranke Kühe
Vermehrt werden Trockensteher in Gruppen gehalten, um sozialen Stress durch Gruppenwechsel zu vermeiden. Das ist auch der Grund, dass Färsen separat aufgestallt werden sollten. Wichtig: Kranke Kühe sollten unter keinen Umständen mit den Trockenstehern in einer Gruppe stehen.
Fressplatz- und Liegeboxenbreiten
Damit die Kühe in den Wochen rund um die Geburt ausreichend liegen und Futter aufnehmen, müssen andere Maße als im Stall der melkenden Kühe angestrebt werden:
- Jeder Kuh sollte ein Fressplatz zur Verfügung stehen. Für ein optimales Fress-/Liegeplatzverhältnis wird vor allem in den Vorbereiter- und Frischmelkergruppen eine zweireihige Aufstallung empfohlen. Eine Schwanz-zu-Kopf-Aufstallung ermöglicht einfaches Kontrollieren der Kühe.
- Der Fressplatz sollte in den 21 Tagen vor und nach dem Kalben mindestens 76 cm breit sein. Bei behornten Kühen, Bio-Betrieben, großrahmigen Fleck- und Braunviehkühen beträgt das Mindestmaß 85 cm.
- Mindestens eine Box pro Kuh (oder mindestens 10 m2 Liegefläche pro Kuh im Strohstall), um sicherzustellen, dass die hochtragenden Kühe ausreichend Platz zum Liegen und Ausruhen haben. Besser ist jedoch eine „reduzierte“ Belegung auf 80 bis 90 %.
- Deutlich größere Dimensionierung der Liegeboxen: Kühe benötigen eine Breite von 1,37 m, Färsen von 1,27 m.
Sensoren sind in den Herden weit verbreitet. Wir zeigen Beispiele auf, wie die erhobenen Daten noch umfassender genutzt werden können.
Stressvermeidung ist das Ziel
Bei der Planung sollte berücksichtigt werden, dass die Kühe so wenig Stress wie möglich ausgesetzt sind. Besonders ein Umgruppierungsstress innerhalb der letzten Woche vor der Kalbung ist vermeidbar. Außerdem sollte ein ruhiger Ort zum Abkalben vorhanden sein.
Um diese beiden Punkte zu erfüllen, gibt es drei Möglichkeiten:
- Just-in-time-Abkalbung - Die Kühe werden kurz vor der Kalbung (ca. 30 Minuten) in die Abkalbebox gebracht.
- Abkalbestall mit kurzer Aufenthaltsdauer - Die Kühe werden weniger als 2 Tage vor dem Abkalben in dieses Stallabteil gebracht.
- Abkalbestall mit längerer Aufenthaltsdauer - Kühe werden mehr als 7 Tage vor dem Kalben umgestallt.
Wie viele Abkalbungen?
Abkalbungen können jedoch nur dann reibungslos gemanagt und stressfrei verlaufen, wenn die Größe des Abkalbebereichs bzw. die Anzahl der Abkalbeplätze zur Herdengröße passt. Hier eine Beispielrechnung für 300 laktierende und trockenstehende Kühe:
- Die Anzahl der Abkalbungen pro Jahr ist etwa 10 % höher als die Gesamtgröße der Herde: 1,1 x 300 = 330 Abkalbungen
- Dies sind im Schnitt 0,9 Abkalbungen pro Tag (330/365)
- Damit sind pro Woche 6,3 Kühe (0,9 x 7) neu im Abkalbestall.
- Wenn sich der Platzbedarf nur am Durchschnittswert orientiert (110% Kalbungen), ist der Abkalbebereich jedoch in der Hälfte der Zeit überbelegt. Deshalb sollte ein Sicherheitszuschlag einkalkuliert werden: 140% der wöchentlichen Abkalberate. Dies wären im Rechenbeispiel 8,8 Kühe pro Woche.
Wenn sich der Platzbedarf nur am Durchschnittswert orientiert (110 % Kalbungen), ist der Abkalbebereich in der Hälfte der Zeit überbelegt. Deshalb sollte ein Sicherheitszuschlag einkalkuliert werden: bis 150 % der wöchentlichen Abkalberate. Das wären im Beispiel 8,8 bis 9,5 Kühe pro Woche(muss individuell angepasst werden. Vor allem bei Abkalbeställen, in denen die Kühe länger bleiben, ist es angebracht mehr Plätze zu schaffen. So kann man die Kühe in einer festen Gruppe Abkalben lassen (keine weiteren Rangkämpfe).
Ausreichend Platz zum Kalben
Die Abkalbebox sollte dem kalbenden Tier eine ruhige Umgebung bieten, um das Risiko von Totgeburten zu minimieren. Auf der anderen Seite muss sie gut einsehbar sowie einfach und schnell zu reinigen sein (hohe Hygienestandards).
- Jeder Kuh sollten in einer Gruppenbucht mindestens 10 m² zur Verfügung stehen. Besser sind 14 m², da die Kühe dann ausreichend Platz haben, um ihr natürliches Verhalten auszuleben.
- In einer Einzelbucht sollten mindestens 16 m² pro Kuh vorhanden sein.
- Bei Einzelboxen sollten Kühe immer Sichtkontakt zur Herde haben.
- Günstig ist es, wenn der Abkalbebereich in der Nähe des Melkroboters oder Melkstands platziert ist, damit auch „wackelige“ Kühe zum Melken kommen. Arbeitswirtschaftlich ist es vorteilhaft eine Melkmöglichkeit in diesem Bereich zu haben, falls das Treiben der Kühe zu risikoreich ist.
- In jeder Bucht sollten Tränken vorhanden sein, die so dimensioniert sind, dass die Kühe viel Wasser in kürzester Zeit aufnehmen können. Sie sollten nicht suchen müssen, weshalb sich eine Trogtränke (nicht im Strohbereich) anbietet.
Außerdem gilt es bei der Ausstattung zu beachten:
- Die Fressplätze sollten an der Hauptfutterachse liegen.
- Die Kühe sollten fixiert werden können, um gegebenenfalls Behandlungen durchführen bzw. Geburtshilfe leisten zu können. Hier ist ein Sicherheitsfressgitter zu empfehlen, das bis zum Boden reicht. Denn sackt die Kuh zusammen, kann sie leichter geborgen werden. Alternativ kann auch eine Fangvorrichtung installiert werden.
- Die Installation eines elektrischen Flaschenzugs mit einem Hebegeschirr, um festliegende Tiere schonend aufzustellen, kann Sinn machen.
- Anschlüsse für Wasser und Strom in unmittelbarer Nähe zur Abkalbebox vorsehen.
- Für die Geburtshilfe sollte ausreichend Licht (mindestens 200 Lux, besser 400 Lux am Tier) und Heißwasser vorhanden sein.
- Die Kühe müssen unter allen Umständen vor Hitzestress durch Ventilatoren geschützt werden.
- Bei einem Neubau können im Abkalbestall Abwasser-Abflüsse eingebaut werden. Diese ermöglichen eine Reinigung und Desinfektion nach dem Misten.
- Die Box sollte über einen Sicherheitsschlupf verfügen.
- Das Kalb soll aus hygienischen Gründen schnell raus aus dem Abkalbestall. Um der Kuh trotzdem Zeit zum Trockenlecken zu geben, kann eine Kälberbox (z. B. Cuddle-Box) außerhalb der Bucht platziert werden. Das Kalb liegt hier geschützt und kann versorgt werden, gleichzeitig kann die Kuh es über das Fressgitter erreichen und ablecken.
Kalben hinter Wänden?
Bei Gruppenboxen haben sich Zweiraumbuchten bewährt, die aus einem befestigten Fressbereich und einer eingestreuten Liegefläche bestehen. Sinn macht es, hinter den Buchten einen Treibweg anzulegen, um die Kühe z. B. zum Melkstand treiben zu können.
Als Abtrennungen können offene Gatter/Rohre gewählt werden, Betonwände sind nicht notwendig. Immer mehr Betriebe statten die Abkalbebucht aber auch mit einem Sichtschutz (Platten) aus. Dieser ermöglicht den Kühen, sich zur Kalbung zurückzuziehen, ohne den Kontakt zu den anderen Tieren gänzlich zu verlieren. Es hat sich außerdem bewährt, Ställe mit flexiblen Stallabtrennungen zu bauen, so lassen sich ungenutzte Kapazitäten vermeiden.
Um notfalls festliegende Kühe bergen bzw. um die Bucht leicht ausmisten zu können, sollte mindestens eine Seite der Bucht vollständig zu öffnen sein.
Damit ein Laufhof nicht zum Stehhof wird, sind einige Eckpunkte zu beachten.
Wer Treibewege im Kuhstall durchdenkt und Tore an der richtigen Stelle platziert, kann Zeit sparen und Stress verhindern. Tipps von Tierärztin Virpi Kurkela.