Wenn Kühe unmittelbar vor dem Melkbeginn die Milch laufen lassen, wird gerne auf eine Stimulation des Euters verzichtet. Das ist falsch! Denn nur etwa 20 % der Milch sind in der Zisterne des Euters gespeichert, die meiste Milch (80 %) in den Alveolen. Um diese Milch freizusetzen, wird das Hormon Oxytocin benötigt, was jedoch nur bei mechanischem Reiz der Zitzenspitze ausreichend ausgeschüttet wird. Bis sich eine ausreichende Konzentration Oxytocin im Blut einstellt, kann schon mal...
Wenn Kühe unmittelbar vor dem Melkbeginn die Milch laufen lassen, wird gerne auf eine Stimulation des Euters verzichtet. Das ist falsch! Denn nur etwa 20 % der Milch sind in der Zisterne des Euters gespeichert, die meiste Milch (80 %) in den Alveolen. Um diese Milch freizusetzen, wird das Hormon Oxytocin benötigt, was jedoch nur bei mechanischem Reiz der Zitzenspitze ausreichend ausgeschüttet wird. Bis sich eine ausreichende Konzentration Oxytocin im Blut einstellt, kann schon mal eine Minute vergehen. Ist die Oxytocin-Konzentration zu gering bzw. wird das Melkgeschirr zu schnell untergehängt, besteht die Gefahr, dass zunächst nur die Zisternenmilch abgemolken wird und dann der Milchfluss zum Erliegen kommt, da nur wenig oder noch keine Milch aus den Alveolen freigesetzt wird (Bimodalität).
61.677 Melkvorgänge analysiert
Deshalb ist es wichtig, die Euter intensiv vorzubereiten. Dass sich dies lohnt, belegen neuere Untersuchungsergebnisse einer an der Cornell-Universität (Ithaca) angesiedelten Arbeitsgruppe. Die Wissenschaftler haben untersucht, wie sich eine Bimodalität auf die Milchleistung auswirkt. Dazu analysierten sie 61.677 Melkvorgänge von 2.937 Kühen.
Eine Bimodalität wurde unterstellt, wenn die durch den Milchflussmesser ermittelte Milchmenge während eines bestimmten Zeitintervalls zu Melkbeginn (15 bis 30, 30 bis 60 oder 60 bis 120 Sekunden) geringer ausfiel im Vergleich zu den vorherigen Intervallen.
Bis zu 9 kg weniger Milch
Die Melktechnikexperten fanden einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Anzahl an Bimodalitäten und der durchschnittlichen täglichen Milchmenge der Kühe.
- So sank die Milchleistung bei einer andauernden Bimodalität (21 Melkungen) um ganze neun Kilo Milch ab (Übersicht 1)!
- Zudem verlängert sich bei einer anhaltenden Bimodalität über mehrere Melkzeiten hinweg die durchschnittliche Melkdauer um eine Minute (von 210 auf 278 Sekunden).
Mit zunehmender Anzahl an Laktationen nehmen die Unterschiede, insbesondere bei der Milchleistung, zu.
Effekt eines ungenügenden Anrüstens auf Milcheistung und Melkdauer
Fazit für die Praxis
Mithilfe von Durchflusssensoren lassen sich in einer Herde einzelne Kühe mit verzögerter Milchabgabe identifizieren. Dazu kann die 30 bis 60 Sekunden-Milchflussrate genutzt werden. Solche Kühe sollten vor Melkbeginn länger stimuliert werden z. B. mit automatisierten Stimulationssystemen, denn die zusätzliche Stimulation kann eine stärkere Oxytocin-Freisetzung hervorrufen.
Die Zeitspanne zwischen dem ersten taktilen Reiz (säubern der Zitzen) und dem Unterhängen der Melkbecher sollte gegebenenfalls angepasst (verlängert) werden.
Die Melktechnikexperten erwarten, dass sich mit den beschriebenen Optimierungsmaßnahmen nicht nur die Milchleistung noch etwas steigern lässt, sondern auch dass sich die Gesamt-Melkdauer verkürzt und die Eutergesundheit noch verbessern lässt.
Quelle: Wieland et al., 2022
Probleme in der Melktechnik
Trotz Neubau und etlichen Optimierungen ist die Milchleistung über fünf Jahre nicht gestiegen. Dann wurde die Ursache schließlich in der Melktechnik entdeckt.
Beim Melken werden die Weichen für eine gute Eutergesundheit gelegt. Überprüfen Sie deshalb regelmäßig die Melkroutine!