Noch vor einigen Jahren wurden Jungrinder bis zum 12. Lebensmonat energiereich gefüttert. Für restriktiv getränkte Kälber war dies die richtige Strategie, um eine Zuchtreife mit 13 bzw. 14 Lebensmonaten (Erstbesamung) zu erreichen. Viele Milchkuhhalter tränken ihre Kälber inzwischen intensiv mit 12 l pro Tag und mehr. Dazu passt die alte Fütterungsstrategie nicht mehr. Wann ist aber der richtige Zeitpunkt, um auf eine „dünnere“ Ration umzustellen?
Noch vor einigen Jahren wurden Jungrinder bis zum 12. Lebensmonat energiereich gefüttert. Für restriktiv getränkte Kälber war dies die richtige Strategie, um eine Zuchtreife mit 13 bzw. 14 Lebensmonaten (Erstbesamung) zu erreichen. Viele Milchkuhhalter tränken ihre Kälber inzwischen intensiv mit 12 l pro Tag und mehr. Dazu passt die alte Fütterungsstrategie nicht mehr. Wann ist aber der richtige Zeitpunkt, um auf eine „dünnere“ Ration umzustellen?
Die richtige Kondition finden
Nur mit dem Wissen über die optimale Körperkondition zur Zuchtreife/Erstbesamung (13 bis 14 Lebensmonat) lässt sich die Fütterungsstrategie auch für intensiv getränkte Kälber anpassen. Daher wurden an der Hochschule Neubrandenburg in Zusammenarbeit mit 30 Milchkuhbetrieben Daten zu Fruchtbarkeit, Gesundheit und Milchleistung von Tieren in unterschiedlicher Aufzuchtkondition miteinander verglichen. Die Bonitur wurde nach dem bekannten BCS-Schema durchgeführt, das auch bei der Beurteilung von Kühen angewandt wird (ergänzt durch Merkmal seitliche Brustwand, siehe Abb.). Die Jungtiere wurden visuell beurteilt und die Körperpartien mit der Hand abgetastet, um den Ernährungszustand einschätzen zu können (BCS 1,0 = mager, BCS 5,0 = fett). Daraus wurden drei Konditionsklassen für Jungrinder ab dem 7. Lebensmonat abgeleitet:
- Niedrige Kondition, mager: BCS < 3,0
- Mittlere Kondition, optimal: BCS > 3,1 bis < 3,5
- Hohe Kondition, fett: BCS ≥ 3,6
Es zeigte sich, dass Jungrinder mit einer mittleren Kondition zur Zuchtreife im Durchschnitt bei allen Kennzahlen am besten abschnitten. Die zu fetten Jungrinder wurden schlechter tragend und kalbten schwerer ab, die zu mageren Tiere wurden hingegen zu spät zuchtreif (Ø 15,7 Monate). Auch die Gesundheit der Jungrinder mit mittlerer Kondition fiel besser aus, was sich zum Beispiel in geringeren Erkrankungsraten (Übersicht 1) und einer höheren Nutzungsdauer der späteren Milchkühe widerspiegelte.
Unter anderem aus diesen Ergebnissen lässt sich eine optimale Kondition zur Zuchtreife (13. bis 14. Lebensmonat) von BCS 3,1 bis 3,4 ableiten. Jungrinder, die im Erstbesamungalter unterkonditioniert sind, d.h. eine BCS-Note von weniger als 3,0 und häufige Erkrankungen aufweisen, sollten nicht zur Zucht zugelassen werden.
Übersicht 1
Ergebnisse Kondition und Gesundheit:
Niedrig < 3,0: 3,5 Erkrankungen pro Tier bei 401 Tieren
Mittel ≥ 3,1 bis <3,5: 3,0 Erkrankungen pro Tier bei 187 Tieren
Hoch ≥ 3,6: 3,5 Erkrankungen pro Tier bei 67 Tieren
Ab dem 6. Lebensmonat
Nach dem Absetzen muss die Aufzuchtintensität rechtzeitig herabgesetzt werden, damit die aus der Tränkephase herauskommenden, sehr gut konditionierten Kälber zur Erstbesamung eine optimale Kondition aufweisen, die bei einem BCS von 3,1 bis 3,4 liegt. Das ist durch folgende Maßnahmen zu erreichen:
- Bis zum 5. bis 6. Lebensmonat (Geschlechtsreife): Intensive Aufzucht, BCS bis 3,25. Dazu sollten die Kälber bis zum 49. Lebenstag ein Tränkeanrecht von 12 bis 14 l erhalten. Anschließend sollten die Kälber bis zum 85. Tag abgesetzt werden. Beifutter/Ration: 10,5 bis 11,0 MJ ME und 145 bis 160 g XP/kg TM. Dies entspricht einer Ration für Milchkühe mit einer täglichen Milchleistung von 20 bis 25 kg.
- Ab dem 6. bis 7. Lebensmonat: Umstellung auf geringere Fütterungsintensität (energie-/eiweißärmer). Die Ration sollte bis zur Erstbesamung (13. bis 14. Lebensmonat) 9,2 bis 9,7 MJ ME und 125 bis 130 g XP je kg TM enthalten (Trockensteherration).
- Da einige Kälber durch intensives Wachstum früher einen BCS von 3,25 erreichen, müssen sie auch früher in die restriktive Aufzuchtphase umgestellt werden. Das kann bei einzelnen Tieren bereits im 5. Lebensmonat der Fall sein. Da dies nur für einzelne Tiere infrage kommt, ist ein individuelles Umstallen in diesem Fall arbeitswirtschaftlich vertretbar. Ein „Nachjustieren“ überkonditionierter Tiere ist später nicht mehr möglich.