Wenn auf Kongressen über das Thema Mastitis gesprochen wird, steht immer seltener die Behandlung infizierter Euter im Fokus, denn mit welchen (antibiotischen) Wirkstoffen den Erregern beizukommen ist, das ist bekannt. Intensiv diskutiert wird hingegen die Frage, wie sich der Einsatz von Antibiotika minimieren lässt – so auch auf der diesjährigen NMC-Jahrestagung.
Ein Ansatz ist das selektive Trockenstellen. Das sich dies „lohnt“, belegt eine Metaanalyse, die Fidèle Kabera von...
Wenn auf Kongressen über das Thema Mastitis gesprochen wird, steht immer seltener die Behandlung infizierter Euter im Fokus, denn mit welchen (antibiotischen) Wirkstoffen den Erregern beizukommen ist, das ist bekannt. Intensiv diskutiert wird hingegen die Frage, wie sich der Einsatz von Antibiotika minimieren lässt – so auch auf der diesjährigen NMC-Jahrestagung.
Ein Ansatz ist das selektive Trockenstellen. Das sich dies „lohnt“, belegt eine Metaanalyse, die Fidèle Kabera von der Universität Montréal präsentierte. Aus den 12 ausgewerteten Feldversuchen geht eindeutig hervor, dass das selektive Trockenstellen in Kombination mit einem internen Zitzenversiegler im Vergleich zum 100%igen Trockensteller-Einsatz zu gleich guten Ergebnissen führt - sowohl bei der Heilungsrate während der Trockenperiode, bei der Neuinfektionsrate vor und nach dem Abkalben bis zum 120. Laktationstag.
Mastitis: Sensoren noch zu ungenau
Noch besser wäre es, infizierte Kühe aufzuspüren, bevor sich eine Mastitis einstellt. Dies könnte mithilfe auf künstlicher Intelligenz (KI) basierender Früherkennungssystemen erreicht werden. Fieberhaft wird derzeit daran gearbeitet, die von Sensoren erfassten Daten in Informationen umzuwandeln, die dem Melker einen Hinweis auf die bevorstehende Erkrankung geben. Denkbar ist auch, dass die Kühe vor dem Trockenstellen automatisch selektiert werden, in behandlungswürdige und eutergesunde Tiere. Zurzeit hapert es aber noch an der Genauigkeit der Warnsysteme. Als Goldstandard gelten eine Sensitivität > 80 % (% sicher erkrankter Tiere) sowie eine Spezifität > 99 % (% gesunde Kühe als gesund erkannt). Die bisher erreichten Werte der Sensortechnik liegen jedoch noch deutlich darunter. Derzeit erfasst werden die Milchleistung, die Leitfähigkeit und Farbe der Milch, das Enzym Laktat Dehydrogenase (LDH), der Zellgehalt, der BCS, die Aktivität und das Wiederkauen der Kühe. Verbessern lässt sich die „Trefferquote“, sofern die Systeme mit Informationen aus dem täglichen Herdenmanagement „gefüttert“ werden, z. B. mit Behandlungs- und Heilungsdaten, dem Schweregrad einer Euterentzündung oder mit Zuchtwerten. Die ersten intelligenten „Alarmmelder“ werden voraussichtlich in automatischen Melksystemen zu finden sein, da hier ohnehin täglich sehr viele Daten gesammelt werden.
Melkvakuum an Milchfluss anpassen
Wahrscheinlich hat sich schon jeder mal darüber geärgert, dass der Milchentzug sich so in die Länge zieht. Das Melken ließe sich etwas beschleunigen, wenn das Melkvakuum etwas nach oben geschraubt würde. Doch ein hohes Vakuum geht zulasten der Eutergesundheit, da das Eutergewebe angegriffen wird. Der aktuelle ISO-Standard empfiehlt ein Vakuum von 32 bis 42 kPa über die gesamte Phase des Milchentzugs hinweg. Anscheinend lässt sich der Milchentzug aber doch etwas beschleunigen, ohne dass dies zulasten der Eutergesundheit geht. Zu dieser Schlussfolgerung sind Melkexperten der Universität Wisconsin gelangt. Sie haben das Melkvakuum entsprechend der Höhe des Milchflusses angepasst: Im Melkstand/Melkkarussell haben sie zu Beginn des Melkvorgangs (hoher Milchfluss von 2 bis 5 kg/min) das Vakuum auf 40 bis 43 kPa angehoben, später dann auf 39 bis 40 kPa (Milchfluss 0,4 bis 2 kg/min). Im Melkroboter wurde ein etwas höheres Vakuum eingestellt. Durch diese Maßnahmen hat sich letztlich der Milchfluss um 12 bzw. 13 % (AMS) erhöht, die Melkdauer in beiden Systemen um 4 % reduziert. Die Wissenschaftler empfehlen denn auch die Umrüstung auf eine milchflussgesteuerte Vakuumregulierung und die Überarbeitung der geltenden ISO-Standards.
Vormelken spart Zeit
Einen großen Einfluss auf die Melkdauer hat die Melkroutine, insbesondere die Art und Weise der Vorbereitung der Euter. Dazu zählen das Vordippen, das Säubern und Trocknen sowie das Vormelken. Werden diese Tätigkeiten korrekt ausgeführt, erhöht sich nicht nur der Milchfluss (kürzere Maschinenmelkdauer), sondern auch die Belastung der Euterstriche verringert sich (bessere Zitzenkondition). Diese Beobachtungen machten Wissenschaftler der Cornell Universität in einem Praxisversuch. Im Versuchsstall der Universität haben sie 160 HF-Kühe (12.282 kg Milch) drei Mal täglich gemolken. Die Hälfte der Kühe wurde vorgedippt, vorgemolken und anschließend trockengewischt. Für die drei Tätigkeiten benötigten die Melker 16 Sekunden. 90 Sekunden nach dem Beginn des Vordippens wurden die Melkzeuge untergehängt. Bei den übrigen 50 % der Kühe wurde das Vormelken weggelassen. Es wurde also nur vorgedippt und trockengewischt. Für die drei Tätigkeiten benötigten die Melker insgesamt sieben Sekunden. Die Melkzeuge wurden ebenfalls nach 90 Sekunden untergehängt.
Durch das Auslassen des Vormelkens (gleiche Stimulationsdauer) verringerte sich der Milchfluss, besonders das 2-Minuten-Gemelk fiel geringer aus. Auch die Zitzenkondition wurde negativ beeinflusst. Bleibt festzuhalten: Kühe immer vormelken, durch das Weglassen wird letztlich unter dem Strich keine Arbeitszeit eingespart (Übersicht 1)!
1 | Kürzere Melkdauer nach Vormelken
Neuer Mastitis-Impfstoff
Hipra hat kürzlich mit UBAC einen neuen Impfstoff gegen durch Streptococcus uberis verursachte Mastitis auf den Markt gebracht. Der Impfstoff soll klinische, durch S.uberis verursachte Infektionen ebenso reduzieren wie den Zellgehalt der Milch. Geimpft werden sollen die Kühe drei Mal: 60, 21 Tage vor sowie ca. 15 Tage nach dem Kalben.
In den Niederlanden wurde in einem Praxisversuch auf drei Milchkuhbetrieben die Wirksamkeit der Vakzine überprüft, Ergebnis: Die Anzahl der Neuinfektionen verringerte sich um Ø 44 % (15 bis 61 %). Die Anzahl der Kühe mit > 100.000 Zellen reduzierte sich deutlich (27 bis 88 %), die Anzahl Tiere mit > 250.000 Zellen hingegen nicht.
2 | Weniger Neuinfektionen nach Impfung