Aktuell sind (Speise-)Möhren vielerorts verfügbar. Wir haben Beraterin Isabell Fengels von der Landwirtschaftskammer NRW gefragt, welche positiven Eigenschaften Möhren haben, ab wann sie sich rechnen und in welche Rationen sie passen.
Betacarotin gibt den Ausschlag
In der Regel werden Milchkuhhaltern Speisemöhren angeboten, die nicht aufgrund mangelnder Qualität, sondern wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes (Größe, Form, Bruch, usw.) nicht im...
Aktuell sind (Speise-)Möhren vielerorts verfügbar. Wir haben Beraterin Isabell Fengels von der Landwirtschaftskammer NRW gefragt, welche positiven Eigenschaften Möhren haben, ab wann sie sich rechnen und in welche Rationen sie passen.
Betacarotin gibt den Ausschlag
In der Regel werden Milchkuhhaltern Speisemöhren angeboten, die nicht aufgrund mangelnder Qualität, sondern wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes (Größe, Form, Bruch, usw.) nicht im Lebensmitteleinzelhandel verkauft werden können. Aufgrund der in vielen Regionen ausreichenden Niederschläge in 2020 werden in diesem Jahr mehr Karotten als in den Vorjahren gehandelt – mit regionalen Unterschieden.
Überschüssige Kartoffeln bieten sich als stärkereiche und schmackhafte Futterkomponente für Milchkühe an. Ein Blick auf Einsatzmengen, Rationsgestaltung, Lagerung und Kosten.
Doch was ist das Besondere an diesem Futtermittel? Möhren (11 bis 15% TM) sind für die Milchkuhfütterung interessant, weil sie mit ca. 250 g/kg TM einen hohen Zuckergehalt sowie einen hohen Gehalt an ß-Carotin aufweisen. ß-Carotin fördert die Fruchtbarkeit, ist aber gerade in Betrieben, die das ganze Jahr über Silagen verfüttern, im Winter oft im Mangel.
Der Gehalt an ß-Carotin in Karotten kann jedoch stark zwischen 500 und 1.400 mg/kg TM schwanken. Das zeigen frühere Analyseergebnisse. Bei einem Tagesbedarf laktierender Kühe von 300 mg (30l-Tagesgemelk) reicht jedoch bereits ein geringerer Gehalt in den Möhren aus, um den Bedarf zu decken (bei 5kg Möhren-Frischmasse und in Kombination mit anderen Futtermitteln).
Trockensteher und Laktierende profitieren von der roten Rübe
Möhren lassen sich eigentlich in allen Rationen einsetzen. Sinn machen sie aber vor allem aufgrund des ß-Carotin-Gehaltes in Trockensteher- und Laktationsrationen. Dabei können 5 bis 10 kg Frischmasse pro Kuh und Tag eingesetzt werden. Bis fünf Kilogramm ist eine Berücksichtigung der Möhren in der Rationsberechnung nicht notwendig, da die Kühe sie noch zusätzlich zur normalen Futteraufnahme („oben drauf“) fressen.
Bei mehr als 5 kg Möhren pro Kuh und Tag muss man jedoch den Gesamtzuckergehalt der Ration im Auge behalten. Achtung: Bei zu hohen Zuckergehalten kann es zu einer Pansenazidose kommen!
Dieser Zuckergehalt und damit die Schmackhaftigkeit animieren die Kühe zum Futtertisch zu gehen. Das kann sowohl in Melkstand- als auch AMS-Betrieben eine positive Auswirkung auf die Futteraufnahme haben. In AMS-Herden besteht jedoch das Risiko, dass der Anreiz für niedrigleistende Kühe zum Roboter (Kraftfutter) zu gehen sinkt, da sie stattdessen schmackhafte Möhren am Futtertisch fressen können.
Beim Einsatz muss aber bedacht werden, dass die Möhren nur ein saisonales Futtermittel sind, da sie nur innerhalb der Saison, also vornehmlich in den Winter- und Frühjahrsmonate, verfügbar sind.
Ausreichende Fressplätze sind ein Muss
Möhren sollten jedoch nur eingesetzt werden, wenn ein Tier:Fressplatz-Verhältnis von mindestens 1:1 vorliegt. Ansonsten kommen nicht alle Kühe in den Genuss der Möhren (vor allem rangniedrige Kühe). Durch die Schmackhaftigkeit der Möhren kann es bei einem zu engen Tier:Fressplatz-Verhältnis zu Gerangel am Futtertisch und damit zu sozialem Stress innerhalb der Herde durch ranghohe Kühe kommen.
Lieferungen teilen
Milchkuhhalter Christoph Möller (NRW) füttert seine 65 Kühe und Rindern seit Anfang Dezember mit Möhren. „Wir hatten Probleme mit der Fruchtbarkeit und wollten etwas Neues ausprobieren. Wir hoffen, dass das ß-Carotin die Fruchtbarkeit steigern kann. Noch warten wir aber auf die Effekte.“
Die Möhren bezieht der Milcherzeuger von einem Bio-Gemüse-Bauer für 2 Cent pro Kilogramm. „Wenn unser Lager leer ist, rufe ich dort an und bekomme am nächsten Tag eine Lieferung. Aktuell sind das pro Lieferung rund 15 Tonnen.“ Die Möhren werden gewaschen geliefert.
Die Liefermengen sind begrenzt, weil man Möhren nicht lange lagern kann, ohne dass sie matschig werden. Christoph Möller lagert die Karotten direkt auf dem Hof und begrenzt sie mit Strohballen, damit sie nicht wegrollen. „Die angelieferten Möhren teile ich mir außerdem noch mit einem benachbarten Milchkuhbetrieb.“ So kann er größere Partien beziehen.
Kühe und Rinder bekommen bei ihm jeweils 5kg Möhren pro Tag. Diese mischt er im Futtermischwagen direkt in die Ration. Nach seinem Eindruck sind die Möhren sehr schmackhaft, denn die Kühe selektieren sie schnell aus. „Wenn man nachmittags zum dritten Mal das Futter anschiebt, sind in der Ration kaum noch Möhren zu finden.“
Positive Effekte bei der Fruchtbarkeit habe er in den letzten acht Wochen zwar noch nicht beobachtet. „Ich habe aber das Gefühl, dass die Möhren in der Ration die Futteraufnahme anregen“, sagt er.
Möhren rechnen sich fast immer
Möhren haben als Futtermittel viele Vorteile. Sie fördern die Futteraufnahme und Fruchtbarkeit. Doch rechnen sie sich auch?
- Bei einem Weizenpreis von 27€/dt liegt die Preiswürdigkeit für Möhren (Maximalpreis, bei dem sich der Einkauf lohnt) bei 2,67€/dt (inklusive Transport).
- Bei einem Preis von 29€/dt liegt die Preiswürdigkeit bei 2,89€/dt (inklusive Transport).
Nicht immer werden Karotten in diesem Preisrahmen angeboten. Doch durch den hohen Gehalt an ß-Carotin sind Möhren im Vergleich zu synthetischem ß-Carotin immer günstiger.
Der Preis der Karotten ist natürlich auch von der Abnahmemenge abhängig. Bei kleineren Milchkuhbetrieben kann es Sinn machen, eine LKW-Ladung Möhren regelmäßig alle 14 Tage mit einem anderen Betrieb zu teilen ,um einem Verderb zu vermeiden. Die gelieferten/bestellten Mengen sollten generell dem Tierbestand im Zusammenhang mit der möglichen Lagerdauer angepasst werden.
Nicht lange lagerfähig
Möhren sind, wie Kartoffeln auch, draußen nicht lange lagerfähig. Deshalb macht es Sinn, wenn Möhren ca. 14tägig angeliefert werden. Die Möhren können dann z.B. auf einer Betonfläche gelagert und durch z.B. Strohballen abgegrenzt werden. Eine Abdeckung etc. ist dabei nicht nötig. Je nach Umgebungstemperatur halten sich die Karotten im Schnitt 14 Tage, bei kaltem Wetter bis zu drei Wochen. Bei feucht-wärmeren Temperaturen im Frühjahr kann sich die Lagerzeit jedoch auch verkürzen. Und auch bei starkem Frost müssen die Möhren geschützt werden, beispielsweise mit Flies oder Stroh.
Neben der Außentemperatur ist für eine längere Lagerfähigkeit, über drei Wochen hinaus, auch wichtig, dass die Möhren nicht gewaschen sind. Gewaschene Karotten halten sich deutlich kürzer als ungewaschene. Aber Achtung: Zu viele Erde sollte den Möhren nicht anhaften, da es ansonsten zu Verdauungsstörungen kommen kann.
Spätestens wenn die Oberfläche der Karotten leicht schwarz wird, müssen sie schnellstmöglich verfüttert werden. Deshalb ist es wichtig, dieses Futtermittel täglich zu kontrollieren.
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