- Der Zelldifferenzierungswert, DSCC, drückt das Mengenverhältnis verschiedener Zelltypen in der Milch in % aus.
- Der Wert ist ein neues Kontrollinstrument für die Eutergesundheit und wird von mehreren LKV im Rahmen der MLP angeboten.
- Werte ≤ 65 % und Zellzahlen ≤ 200.000/ml sprechen für eine gute Eutergesundheit, ≥ 65 % und eine hohe Zellzahl für eine chronische Mastitis.
Mit der neuen Zelldifferenzierung sehe ich schneller Euterprobleme auf...
- Der Zelldifferenzierungswert, DSCC, drückt das Mengenverhältnis verschiedener Zelltypen in der Milch in % aus.
- Der Wert ist ein neues Kontrollinstrument für die Eutergesundheit und wird von mehreren LKV im Rahmen der MLP angeboten.
- Werte ≤ 65 % und Zellzahlen ≤ 200.000/ml sprechen für eine gute Eutergesundheit, ≥ 65 % und eine hohe Zellzahl für eine chronische Mastitis.
Mit der neuen Zelldifferenzierung sehe ich schneller Euterprobleme auf Herden- und auf Kuhebene“, sagt Nadine Bauer vom Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut in Buttelstedt. Die Herdenmanagerin betreut 380 Milchkühe bei einem Leistungsniveau von 11.439 kg Milch pro Kuh und Jahr.
Bereits seit über einem Jahr nutzt Bauer den neuen Eutergesundheitsparameter der Zelldifferenzierung zur Überwachung der Eutergesundheit im Bestand. Den Wert, jeweils pro Kuh ermittelt, liefert ihr der Landeskontrollverband Thüringen – als einer der ersten LKV bundesweit – gemeinsam mit der monatlichen MLP-Auswertung.
Was ist die Zelldifferenzierung?
Mit einer neuen Analytik (Fossomatik) ist es möglich, in der Milch nicht nur die Gesamtzellzahl zu bestimmen, sondern zeitgleich auch die Zusammensetzung der Immunzellen in der Milch. Dabei wird unterschieden zwischen den Zelltypen Makrophagen und Granulozyten.
Makrophagen sind Aufpasserzellen, die eindringende Euterkeime registrieren und eine Immunantwort einleiten.
Granulozyten sind Fresszellen, die Keime im Euter bekämpfen und beseitigen.
Aus dem Mengenverhältnis dieser beiden Zelltypen zueinander berechnet sich der sogenannte DSCC-Wert (DSCC – Differential Somatic Cell Count) in %, der genauere Aussagen zur Eutergesundheit und zum Stadium eines möglichen Infektionsgeschehens erlaubt. Gemeinsam mit einer bakteriologischen Untersuchung gibt er zudem Auskunft über die Behandlungswürdigkeit des Tieres.
Ein hoher DSCC-Wert zeigt hohe Anteile an Granulozyten an, d. h. die Immunantwort des Tieres ist in vollem Gange. In diesem Stadium lohnt sich meist eine gezielte Mastitistherapie. Ein niedriger DSCC-Wert steht dagegen für hohe Anteile an Makrophagen und deutet auf eine abheilende oder eine chronische Euterentzündung hin (siehe Übersicht 1). Eine Therapie ist dann eher fraglich.
Übersicht 1: Hohe Zellzahl – viele Granulozyten
Einteilung der Herde in vier Gruppen
Verschiedene Studien stellten deutliche Zusammenhänge zwischen dem DSCC-Wert und der Zellzahl fest. So wurden mit beiden Parametern zusammen ca. 20 % mehr Euterinfektionen identifiziert als mit der Zellzahl allein. Anhand von knapp 400.000 MLP-Ergebnissen aus Thüringer Betrieben im Zeitraum von August 2019 bis zum Januar 2020 hat der LKV Thüringen für die praktische Arbeit mit beiden Parametern vier Eutergesundheitstypen charakterisiert:
Gruppe A: Diese Kühe sind unauffällig und gesund. Sie haben eine niedrige Zellzahl (≤ 200.000 Zellen pro ml) und niedrige DSCC-Werte (≤ 65 %).
Gruppe B: Diese Kühe zeigen trotz (noch) niedriger Zellzahlen, aber aufgrund der erhöhten DSCC-Ergebnisse, Anzeichen für beginnende Eutergesundheitsstörungen. Diese Kühe sind eine Art Frühwarnsystem für Probleme. Kennzeichen sind hier eine niedrige Zellzahl (≤ 200.000 Zellen/ml) und hohe DSCC- Werte (> 65 %).
Gruppe C: Diese Tiere weisen durch hohe Zellzahlen und hohe DSCC-Werte auf deutliche Mastitisprobleme hin. Sie zeigen eine hohe Zellzahl (> 200.000 Zellen/ml) und hohe DSCC-Werte (> 65 %) auf. Da auf eine aktive Immunantwort schließen lässt, sind die Heilungsaussichten als gut einzuschätzen.
Gruppe D: Diese Tiere kennzeichnet eine chronische Mastitis durch eine hohe Zellzahl (> 200.000 Zellen/ml) und niedrige DSCC-Werte (≤ 65 %). Ihre Behandlungswürdigkeit ist fraglich.
Der Grenzwert von 200.000 Zellen/ml wurde von der International Dairy Federation übernommen und ein DSCC-Wert von 65 % zeigte die beste Spezifität und die beste Sensitivität. Angewandt auf alle MLP-Kühe der Thüringer MLP-Betriebe fand sich ein Großteil in Gruppe A wieder (Übersicht 2). Zur Gruppe B ließen sich im Durchschnitt 19 % der Ergebnisse zuordnen. Der Anteil in Gruppe C bewegte sich mit 19 % in einer ähnlichen Größenordnung. Mit 4 % lag der geringste Anteil bei allen Betrieben in Gruppe D.
Übersicht 2: Einteilung in vier Eutergesundheitsgruppen
Hilfsmittel für selektives Trockenstellen
Auch Herdenmanagerin Nadine Bauer arbeitet mit den vier Eutergesundheitskategorien. Besonders nützlich seien sie für das selektive Trockenstellen. „Sobald eine Kuh in der MLP vor dem Trockenstellen nicht mehr in Gruppe A ist, bekommt sie konsequent einen antibiotischen Trockensteller“, sagt sie.
Tiere in Gruppe A erhalten dagegen nur einen Zitzenversiegler. „Anhand von Verschiebungen in einzelnen Kategorien sehe ich heute früher, wenn die Herde Stress hat, zum Beispiel nach einem Futterwechsel.“ Ihr erklärtes Ziel ist, 70 % der Kühe in Gruppe A zu halten. Die Wirkung der Ventilatoren im Stall auf die Eutergesundheit konnte sie direkt durch die Verschiebung der Werte in Richtung Gruppe A beobachten. Genau das sei auch das Ziel des neuen Eutergesundheitsberichts, den der LKV Thüringen und der HVL in Hessen seinen Mitgliedern kostenlos online über das VIT in Verden zur Verfügung stellt. „In den elf Pilotbetrieben hat die neue Auswertung bereits zu einer verbesserten Eutergesundheit und zu einer besseren Herdenleistung beigetragen“, sagt Dr. Gesine Witzel von der Qnetics GmbH, die das Pilotprojekt gemeinsam mit Dr. Daniel Schwarz von Fa. Foss betreut hat.
In den elf Pilotbetrieben hat der neue Parameter bereits zu einer besseren Eutergesundheit geführt.“
Dr. Gesine Witzel, Qnetics GmbH
Saubere, trockene Liegeboxen und ein regelmäßiger Einsatz von Desinfektionskalk standen z. B. mit hohen Anteilen von Kühen in Eutergesundheitsgruppe A, mit gesteigerten Milchleistungen und mit weniger antibiotischen Behandlungen in Verbindung. Die Anteile der Kühe in Gruppe B waren, unter anderem bei Problemen mit der Fütterungshygiene, erhöht. Hier spielt die Belastung des Immunsystems eine zentrale Rolle, das Mastitiserregern bessere Chancen einräumt, sich im Euter zu etablieren.
Die Grenzen der Methode
Mit der verfügbaren Technik können die beiden Zelltypen und der DSCC-Wert bestimmt werden. An Grenzen kommt die Methode allerdings bei Milchproben mit Qualitätsmängeln und mit sehr hohen Zellzahlen, hier können die Höhe der Zellzahl und damit auch die Zelltypen nicht eindeutig bestimmt werden. Bisher dient der Parameter zudem ausschließlich zur Beurteilung der Eutergesundheit von Holstein-Frisians. Für andere Rassen fehlen Praxisversuche.
Aktuell bieten nur die Landeskontrollverbände in Thüringen, Hessen und Sachsen-Anhalt ihren Mitgliedern den neuen Service an. Der LKV in NRW will 2023 einsteigen, ebenso der Milchkontroll- und Rinderzuchtverband in Mecklenburg-Vorpommern.
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