„Bullenkälber, die zu niedrigen Preisen nach Spanien gehen, dürfen einfach nicht geboren werden“, sagt die Holstein-Züchterin Ingrid Epting aus Königsfeld im Schwarzwald. Deshalb setzt die Betriebsleiterin in ihrer Herde mit 70 Kühen seit Jahren fast ausschließlich gesextes Sperma ein.
„Wir haben nur noch vereinzelt Bullenkälber und können uns so mehr auf die weiblichen Nachkommen konzentrieren. Denn sie bringen uns in der Zucht auf Gesundheit und Robustheit auch...
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„Bullenkälber, die zu niedrigen Preisen nach Spanien gehen, dürfen einfach nicht geboren werden“, sagt die Holstein-Züchterin Ingrid Epting aus Königsfeld im Schwarzwald. Deshalb setzt die Betriebsleiterin in ihrer Herde mit 70 Kühen seit Jahren fast ausschließlich gesextes Sperma ein.
„Wir haben nur noch vereinzelt Bullenkälber und können uns so mehr auf die weiblichen Nachkommen konzentrieren. Denn sie bringen uns in der Zucht auf Gesundheit und Robustheit auch weiter.“ Im Jahr kann sie so 30 bis 40 abgekalbte Färsen im Hochpreissegment verkaufen. Durch die leichteren Geburten der weiblichen Kälber hätten Mutter und Kalb zudem einen leichteren Start ins Leben. „Auch das ist ein Beitrag zu mehr Tierwohl,“ sagt die Züchterin.
Wir können uns mehr auf die weiblichen Nachkommen konzentrieren. Denn sie bringen uns auch in der Zucht weiter.
Ingrid Epting
Blick in den Jungvieh- und Färsenstall, der zusätzlich gebaut wurde. Die Färsen bleiben nach der Kalbung noch vier bis sechs Wochen auf dem Betrieb.
(Bildquelle: Lehnert )
Seitdem sich die Qualität von gesextem Sperma deutlich verbessert hat und durch die eigene Sexing-Station der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) auch die Preise wettbewerbsfähiger geworden sind, ist sie eine Verfechterin der Geschlechtertrennung. „Die Besamungserfolge stehen denen von konventionellem Sperma nicht nach“, sagt die Eigenbestandsbesamerin. Solche nützlichen Technologien müsse man ihrer Ansicht nach letztlich auch den Verbrauchern mehr erklären, um die Akzeptanz zu erhöhen: „Denn viele glauben, beim Spermasexing handele es sich um Gentechnik.“
Sie setzt fast zu 100 % auf genomische Zuchtwerte, um einen maximalen Zuchtfortschritt zu erreichen. Den Hornlos-Anteil von derzeit 50 % will sie weiter steigern.
Verfettung im Blick
Neben der gezielten Besamung mit gesextem Sperma gehört eine verlängerte Zwischenkalbezeit zu ihrem Betriebskonzept, sodass auch deshalb insgesamt weniger Kälber geboren werden. „Unsere Kühe geben im Schnitt 12.500 kg im Jahr, einzelne setzen mit 60 Liter ein. Da müssen wir ihnen mehr Zeit lassen.“
Aktuell liegt die Zwischenkalbezeit bei durchschnittlich 460 Tagen. „Ich halte mich bei der Festlegung der freiwilligen Wartezeit an die Formel: Einsatzleistung x 2,5“, beschreibt Epting.
Die Trockensteher kommen zwei bis drei Wochen vor der Kalbung auf Stroh. Und auch danach bleiben sie die erste Zeit auf Stroh.
(Bildquelle: Lehnert )
Erst wenn die Milchleistung deutlich runtergehe, die Kühe einen negativen Ketosetest hätten und wieder gut fressen, werde erneut besamt. „Früher waren meine Tiere am 60. Tag wieder tragend, heute kann bei Einzelkühen eine freiwillige Wartezeit von bis zu 200 Tagen vorkommen.“ Die Gefahr der Verfettung habe man dabei ebenso im Blick wie das erhöhte Verletzungsrisiko durch häufigere Aufreitversuche. Eine bessere Tiergesundheit und mittlerweile vier lebende 100.000 kg-Kühe sprechen für ihre Strategie, die auch ihr Sohn Klaus nach der baldigen Hofübergabe unterstützen will.
Da Ingrid Epting die Färsen erst vier bis sechs Wochen nach dem Einmelken verkauft, war der Bau einer zusätzlichen Halle für den Trockensteh- und Transitbereich sowie für die Kälber notwendig. Um dem erhöhten Futter- und Arbeitszeitbedarf in diesen sensiblen Phasen Rechnung zu tragen, hat sie den Kuhbestand von ursprünglich 85 Kühen auf heute 70 abgestockt.
Um sich mehr um die Färsen kümmern zu können, hat Ingrid Epting die Kuhzahl von 85 auf ca. 70 reduziert. Dass sich diese Strategie für den Betrieb rechnet, hat eine Auswertung ihres Beratungsdienstes gezeigt.
(Bildquelle: Lehnert )
Durch die verlängerte Zwischenkalbezeit beobachtet die Züchterin mehr Unruhe im Stall durch mehr Aufreitversuche. „Das Risiko für Verletzungen ist dadurch größer geworden“, sagt Ingrid Epting.
(Bildquelle: Lehnert )
Breite Selektionsgrundlage
Jeden Monat kalben im Betrieb vier bis sechs Färsen ab, oft mit einer Einsatzleistung von 35 Liter und mehr. Ingrid Epting: „Das ist eine wunderbare Selektionsgrundlage für unsere Herde. Außerdem haben wir erstmal die Milch der Tiere sowie jedes Mal ein neues Kalb.“ -sl-
Für ihre Strategie, alle weiblichen Kälber aufzuziehen, musste mehr Platz geschaffen und mehr Futter bereit gestellt werden.
(Bildquelle: Lehnert )