In Kuhställen werden Tag für Tag große Mengen an Daten erzeugt. Neben der Milchleistung und der Leitfähigkeit der Milch wird oft bereits das Bewegungsverhalten der Kühe (Aktivität), deren Aufenthalt in bestimmten Stallbereichen, das Wiederkauverhalten und in einigen Fällen auch schon die Pansentemperatur erfasst. Schon bald wird es möglich sein, die Futteraufnahme (TMR) exakt zu messen – Gesichtserkennung machts möglich. Die Daten können dem Herdenbetreuer Informationen über das...
In Kuhställen werden Tag für Tag große Mengen an Daten erzeugt. Neben der Milchleistung und der Leitfähigkeit der Milch wird oft bereits das Bewegungsverhalten der Kühe (Aktivität), deren Aufenthalt in bestimmten Stallbereichen, das Wiederkauverhalten und in einigen Fällen auch schon die Pansentemperatur erfasst. Schon bald wird es möglich sein, die Futteraufnahme (TMR) exakt zu messen – Gesichtserkennung machts möglich. Die Daten können dem Herdenbetreuer Informationen über das Wohlbefinden der Kühe (Gesundheitsstatus bzw. Krankheitsverlauf) liefern. Außerdem lassen sich u. a. Rückschlüsse auf Hitzestress ziehen. Anscheinend halten sich bei Hitzestress Kühe vermehrt in kleinen Gruppen an bestimmten Stellen im Stall auf. Die Hinzunahme von Klimadaten (Temperatur-Feuchtigkeits-Index; THI) erlaubt hier eine gute Prognose. Mithilfe der künstlichen Intelligenz (KI) werden Computersysteme wahrscheinlich schon bald „entscheiden“ können, ob eine Therapie erforderlich ist bzw. ob sie angepasst oder beendet werden sollte.
BCS wird automatisch erkannt
Mittlerweile praxisreif ist die routinemäßige Erfassung der Körperkondition (Zu- oder Abnahme) bei Kälbern, Rindern und Milchkühen. Das erklärten Rafael Ferreira und Joao Dorea von der Universität Wisconsin. Mithilfe der Computer Vision-Technik lassen sich diese Informationen aus Fotos, Scans oder auch aus Videosequenzen extrahieren. Die Technik (Computer Vision) orientiert sich an der menschlichen Fähigkeit, Bilder zu erfassen, zu verarbeiten und zu analysieren. Die beiden Forschenden berichteten über eine Studie, in der 59 laktierende Milchkühe zwei Mal täglich „gescannt“ wurden. Die Tiere wurden nach dem Melken im Austrieb (Laufgang) vom Computersystem „gescort“. Rund 95 % der Kühe wurden vom System richtig erkannt, auch wurde der BCS in den allermeisten Fällen korrekt errechnet.
Kuh-Ortung im Stall
In größeren Kuhbeständen wird oftmals viel Zeit benötigt, bestimmte Kühe in der Herde ausfindig zu machen. Manchmal dauert es 15 bis 20 Minuten, bis eine brünstige oder zu behandelnde Kuh „lokalisiert“ ist. Abhilfe kann hier ein Kuh-Navi schaffen. Viele sensorbasierte Managementsysteme erfassen bereits den Standort einer Kuh im Stall. Wie genau diese arbeiten, wurde an der Universität Kentucky überprüft. Ergebnis: Rund 75 % der Kühe wurden in einem Radius von fünf Metern von dem Punkt aus lokalisiert, an dem sie das System verortet hat. Im Umkreis von 1 m fanden sich knapp 18 % der Tiere. Bleibt festzuhalten: Passgenaue Treffer liefert das System (noch) nicht, der Herdenbetreuer kann sich aber bei der Suche von bestimmten Kühen auf einen Radius von wenigen Metern beschränken.
Interessante Ergebnisse liefern auch mehrere an der Cornell Universität durchgeführte Studien, in denen die Wiederkauaktivität mit der Temperatur im Pansen in Verbindung gesetzt wurden (M. Perez et al. 2021). Abweichungen bei der Pansentemperatur können auf Gesundheitsstörungen hindeuten, die durch eine klinische Untersuchung nicht so leicht zu erkennen sind. Die Zusammenführung der Temperatur mit weiteren Daten (KI) sollte zur Verbesserung bestehender Instrumente der Gesundheitsüberwachung von Milchkühen beitragen.
Es gibt AMS-Kühe
Forschende der kanadischen Universität Guelph (A. J. Schwanke et al. 2021) haben die Tier-Maschine-Beziehung genauer unter die Lupe genommen. Bekannt ist, dass es auch unter den Kühen eher scheue und eher progressive (neugierige) Tiere gibt. In Ställen, in denen automatisch gemolken wird, kann ein solches Verhalten von Bedeutung sein, denn scheue Tiere besuchen seltener die Melkbox. Die Wissenschaftler fragten sich, ob durch das Angewöhnen der Kühe an ein AMS (Kraftfutterstation) diese die Melkmaschine schneller akzeptieren. Um einen Einfluss der Kraftfuttermenge auszuschließen, teilten sie den Tieren unterschiedliche Mengen an Konzentrat zu.
In der Studie wurden 32 Milchkühe (218. Laktationstag) anhand ihres Verhaltens am Fressgitter entweder als „scheu“ oder „progressiv“ klassifiziert. Die Tiere kannten zu Versuchsbeginn kein AMS. In der Melkbox wurde jeder der beiden Tiergruppen täglich sowohl 2,0 als auch 6,0 kg Kraftfutter angeboten. Ergebnis: Die progressiven Kühe suchten nicht nur das AMS öfter auf, sie haben auch mehr Milch gegeben. Die Höhe der Kraftfuttermenge beeinflusste deren Verhalten offensichtlich nicht. Anschließend wurde die Studie nochmals mit 15 Kühen wiederholt (124. Laktationstag). Allerdings wurden diese zur Beurteilung ihres Verhaltens (scheu bzw. progressiv) mit einem ihnen unbekannten Gegenstand und mit einem Menschen konfrontiert. In Abhängigkeit der Annäherung an den Gegenstand bzw. den Menschen wurden die Tiere den beiden Gruppen zugewiesen. Letztlich bestätigten sich die Beobachtungen aus der ersten Studie.
Bleibt festzuhalten: Es gibt Verhaltensmuster bei Kühen, die wohl auf genetische Unterschiede zurückzuführen sind. Dieser Effekt sollte bei der Selektion von Tieren berücksichtigt werden.
Sensoren und KI
Ein Sensor (aus dem Lateinischen sentire: „fühlen“, „empfinden“) ist ein technisches Bauteil, das gewisse physikalische oder chemische Eigenschaften seiner Umgebung erfassen kann. Kombiniert mit Technologien wie Künstliche Intelligenz oder in der Robotik, werden Sensoren immer „smarter“ und können nicht nur Krankheitsverläufe in der Herde erkennen sondern Probleme lösen, die Arbeit erleichtern und die Effizienz steigern.
KI: Da, wo Menschen und herkömmliche Computerprogramme an ihre Grenzen stoßen, nämlich bei der Auswertung von riesigen Datenmengen oder der Erkennung von Mustern, kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Intelligente Systeme sind in der Lage, Daten in einer enormen Geschwindigkeit auszuwerten. Ob bei der Diagnose, der Früherkennung, der Behandlung von Krankheiten, als Hilfe für Entscheidungen … Bei den Methoden der KI ist allen voran das sogenannte »Maschinelle Lernen« (ML) zu nennen, welches auch für komplexe Aufgaben geeignet ist. Der Clou dabei: Der Computer lernt durch Beispieldaten, eine bestimmte Art von Problem zu lösen, muss also nicht konkret dafür programmiert werden! Und je mehr Daten ein ML-Modell „sieht“, desto besser wird es.