Kühen ist im Gegensatz zu Kälbern, die kälteempfindlich sind, eher zu warm als kalt. Wind und Luftfeuchte können im Winter aber für beide problematisch werden!
Nasses Fell und nasse Einstreu führen dazu, dass Kühen deutlich früher unter Kältestress geraten, als es unter trockenen Bedingungen der Fall ist. Rollbare Windnetze oder Curtains helfen von Situationen wie dieser ab, sie sind eine lohnenswerte Investition.
(Bildquelle: Privat)
Wann bei Milchkühen und Kälbern Kältestress beginnt, hängt wie bei Hitzestress stark von der Kombination Lufttemperatur, -geschwindigkeit, -feuchte und dem Allgemeinzustand des Tieres ab! Der Temperaturbereich der folgenden thermoneutralen Zonen darf also nicht absolut gesehen werden, sondern muss unter den weiteren Bedingungen um und vom Tier kritisch bewertet werden.
Allgemein orientiert sich die thermoneutrale Zone (= Temperaturbereich, in der das Lebewesen keine zusätzliche Energie zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur aufbringen muss) für Milchkühe an ihrer Leistung (hohe Leistung = hohe Stoffwechselrate = hohe Wärmeproduktion). Bei einer Tagesmilchleistung von 30 kg liegt die thermoneutrale Zone zwischen -2 °C und +10 °C, bei Kühen mit 40 kg Milch zwischen -6 °C und +6 °C.
Die thermoneutrale Zone für Tränkekälber wird bei einer Luftfeuchte von 50 % bis 60 % mit +15 °C und +25 °C beschrieben. Die für ältere Kälber mit +5 °C bis +15 °C.
Wird die untere kritische Temperatur „Komfortzone“ unterschritten, müssen die Tiere zusätzliche Energie zur Wärmeproduktion aufwenden. Heißt, sie haben einen erhöhten Energiebedarf – Futter- und Wasserversorgung müssen entsprechend des höheren Bedarfs gesichert sein, damit die Energie nicht an anderer Stelle (Immunsystem, Leistung, Kondition, Genesung) fehlt.
Die gefühlte, „effektive“ Lufttemperatur wird für Kühe und Kälber (wie beim Mensch) stark von der vorherrschenden Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchte sowie vom körperlichen Zustand des Tieres beeinflusst. Je höher etwa die Windgeschwindigkeit ist, desto schneller kühlt die Haut aus (“Windchill-Effekt“). Zum Beispiel führt eine Windgeschwindigkeit von 8 km/h (2 m/s) bereits dazu, dass sich eine Lufttemperatur von +2 °C für ein ausgewachsenes Rind mit trockenem Winterfell wie -2 °C anfühlt!
Kälber und Kühe zeigen, wenn ihnen kalt ist
Das Iglu ist zwar gut eingestreut, das wenige Tage alte Kalb zeigt dennoch Anzeichen dafür, dass es friert: Das Fell ist aufgestellt, es duckt sich in den Windschatten der Seitenwand.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
Das Verhalten der Kühe und Kälber zu beobachten, zeigt am besten, wann Kälte für sie ein Problem ist und der Mensch entsprechende Maßnahmen ergreifen sollte:
Das Aufstellen der Haare ist eins der früheren Zeichen von Kälbern und ausgewachsenen Rindern dafür, dass ihnen kalt ist. Denn so versuchen sie den isolierenden Effekt des Luftpolsters zu nutzen, dass sich zwischen den aufgerichteten Haaren bildet. Wenn Kälber oder Rinder zittern, ist ihnen bereits sehr kalt – dazu sollte es in der Haltung nicht kommen!
Ein „Kleinmachen“ (Zusammenziehen, aufgekrümmter Rücken) ist ebenfalls ein Anzeichen von Kältestress (oder Schmerz) – gerade bei Kälbern!
Ein dichtes Zusammenlegen oder Stellen der Tiere deutet ebenfalls darauf hin, dass ihnen zu kalt ist. Bei Luftzug positionieren sie sich mit der Kopfseite (= kleinste Körperoberfläche) in Windrichtung.
Ein Meiden von bestimmten Stallbereichen kann darauf hinweisen, dass es den Tieren dort aufgrund von Zugluft oder abgestrahlter Kälte (z. B. Betonwand im Kälberstall) zu kalt ist. Es kann allerdings auch ein Anzeichen für zu wenig Luftbewegung und damit eine schlechte Luftqualität (Schadgase, warme Luft, hohe Luftfeuchte) sein! Etwa, wenn der Stall aus menschlicher Sorge um Kälte „dicht gemacht“ wird. Alarmsignale sind Kondenswasser und Schimmel im Stallinneren. Der Luftaustausch muss auch im Winter gesichert sein. Es muss durch stallbauliche Maßnahmen gewährleistet werden, dass warme, feuchte Luft im Stall gegen trockene, kühle Luft von außen ausgetauscht wird. Ziele im Winterhalbjahr: 4 Luftwechsel pro Stunde, großflächig 1 m/s Luftgeschwindigkeit. Im Fressbereich sollte die Luftgeschwindigkeit dabei höher sein (bis 2 m/s), im Liegebereich dagegen unter 1 m/s.
1. Diese Maßnahmen schützen Kühe vor Kältestress
Vor Wind schützen: Insbesondere rollbare, saubere (!) Windnetze und Spaceboards können bei Bedarf hohe Luftgeschwindigkeiten und Zugluft brechen, lassen aber noch einen hohen Luftaustausch zu (bei Foliencurtains aufpassen). Die flexibel einstellbaren Seitenwände schützen das Stallinnere, insbesondere die Liegeflächen, zudem vor dem Eintrag von Schnee und Schlagregen.
Windnetze als flexible Seitenwände helfen das Stallklima in Außenklimaställen im Winterhalbjahr zu steuern und dabei gleichzeitig den Luftaustausch aufrecht zu erhalten..
(Bildquelle: Berkemeier)
Trockene, dick eingestreute Liegeflächen: Kühe können die Temperatur der Euterhaut nicht in dem Maß regulieren wie die auf ihrer restlichen Körperoberfläche – heißt, diese kann schneller auskühlen. Ist die dämmende Wirkung einer Liegefläche also gering (feuchte, nasse, dünne Einstreuschicht, Gummimatten) verkürzt die Kuh ihre Liegedauer, um eine hohe Wärmeableitung am Euter zu vermeiden. Die Einstreu im Winterhalbjahr entsprechend trocken zu halten, ist natürlich eine größere Herausforderung als im Sommer – gerade bei Schneetreiben oder nassem Westwind – die Kühe danken es aber.
Kühe im Außenklimastall nicht scheren: Das Winterfell hat eine sehr große Bedeutung für die Temperaturregulation. So beträgt die kritische untere Lufttemperatur für ein Fleischrind (aufgrund geringer Stoffwechseltätigkeit niedrigere thermoneutrale Zone!) mit dickem Winterfell und ohne Windchill-Effekt -8 °C. Im Vergleich dazu mit einem dünnen Sommerfell (=geschoren) oder nassem Fell +15 °C. Kühe, die ganzjährig im Außenklimastall gehalten werden, machen sich ihr Fell passend. Auf das Kürzen der Euterbehaarung (bessere Melkhygiene) sollte in den kältesten Monaten (Januar, Februar) ebenfalls verzichtet werden. Dafür aber dann zum Frühjahr, je nach Haarlänge vor dem Abflammen unbedingt Vorscheren!
Trotz Minusgeraden sind diese Kühe in der frischlaktierenden Gruppe in einem Außenklimastall zufrieden. Trockene Einstreu, sauberes, trockenes Winterfell und Schutz vor Zugluft helfen ihnen, sich warm zu halten.
(Bildquelle: Berkemeier)
Fell sauber und trocken halten: Nasses und schmutzverklebtes Fell hat keine wärmedämmende Funktion mehr – ein wichtiger Grund durch Haltung und Einstreumanagement für eine sehr gute Sauberkeit der Kühe zu sorgen.
Vorsicht mit dem Dippmittel: Bei niedrigen Temperaturen wird die Zitzenhaut schwächer durchblutet, das erhöht das Risiko von Hautschäden durch Unterkühlung oder Erfrierungen. Das Trocknen von Dippmittel oder Milch oder Wasser erhöht den auskühlenden Effekt, Zugluft verstärkt das Problem. Desinfizierende Wirkstoffe trocknen die Haut aus, das kann bei kältestrapazierter Haut starke Sprödigkeit, Risse verursachen. Um Schäden vorzubeugen folgende Tipps: im Winter Dippmittel mit max. 5 % bis 10 % Pflegemittelanteil einsetzen, Dippmittel frostgeschützt lagern und angewärmt anwenden (trocknet schneller), bei Stalltemperaturen unter -10 °C Dippmittel 30 Sekunden einwirken lassen und dann vollständig trocken abwischen. Besonders Augenmerk auf die Zitzenkondition von Frischlaktierern legen; für diese ggf. spezielle Pflege (durch Schwellung ist die Haut bereits belastet).
Kranke Kühe im Winterhalbjahr eindecken: Kranke, geschwächte und unterkonditionierte Kühe (bei oder nach Stoffwechselerkrankungen, nach Schwergeburten und Operationen) frieren sehr schnell. Sie sollten deutlich vor der allgemeinen unteren kritischen Temperatur eingedeckt werden. Am besten mit sogenannten „Stalldecken“ (aus Pferdebedarf, ggf. mit umgenähten Gurtschnallen an den Körperbau der Kuh anpassen; wichtig ist das der Rücken vollständig bedeckt ist). Einfache Fleecedecken sind zu dünn, durchnässen schnell und kleben sofort voller Stroh.
Wasserversorgung uneingeschränkt sicherstellen: Die Tränken frostfrei und sauber halten ist neben der Entmistung die große technische Herausforderung in den hierzulande seltenen Kältephasen. Aber sehr wichtig: Die Kühe müssen weiterhin möglichst gerne viel Wasser aufnehmen, um den dann zusätzlich erhöhten Energiebedarf über die entsprechend nötige höhere Futteraufnahme decken zu können. Die Futtermenge bzw. ggf. den Energiegehalt ebenfalls entsprechend anpassen.
Fütterung – Pumpe mit Rücklauf: Viele Milcherzeuger setzen Wasser in der TMR ein. Ein Landwirt, der rund 600 Kühe mit niedrigerem Trockensubstanzgehalt füttert, konnte dies auch während der langen Frostperiode durchführen. Wichtig ist, dass die Pumpe einen Rücklauf hat, sodass die Vorrichtung bzw. die „Dusche“ nach jeder Befüllung leer läuft. So lassen sich Frostschäden vermeiden.
Solange die Wasserversorgung uneingeschränkt gesichert ist und die Kühe mit frischer Luft und trocken (Fell, Liegeflächen) untergebracht sind, kommen sie unter ausreichender Futterversorgung problemlos und ohne Leistungseinbußen mit Minusgeraden bis -10 °C und niedriger zurecht.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
2. Diese Maßnahmen schützen Kälber vor Kältestress
Kälber werden mit sehr wenig Fettreserven und ohne den Vorteil eines funktionierenden Pansens zur Wärmeproduktion geboren. Entsprechend frieren Kälber schon bei Temperaturen deutlich oberhalb der Frostgrenze. Sie müssen über Haareaufstellen, Zusammenkauern (Oberfläche reduzieren) und Zittern Wärme halten bzw. produzieren, dafür benötigen sie Energie.
Um keine Einbußen in Wachstum und Entwicklung sowie im Immunsystem zu riskieren, muss eine geschützte Unterbringung sowie eine erhöhte Energieversorgung der Kälber zum Winterhalbjahr umgesetzt werden.
In den ersten Tagen profitieren kleine Kälber enorm von dem wärmedämmenden Effekt von Kälberdecken. Sie müssen weniger ihrer Anfangs ohnehin knappen Energie in die Thermoregulation stecken. Sie nehmen schneller zu, entwickeln sich prächtiger als ohne Decke.
(Bildquelle: Berkemeier)
Trockene, zugfreie Unterbringung: Eine Überdachung der Einzeliglus im Außenbereich ist eine der besten und gleichzeitig nicht teuren Maßnahmen für eine gute Entwicklung und Gesundheit von Kälbern – nicht nur im Winter! Windnetze an den Seitenwänden oder aufgestapelte Großballen schützen vor Zugwind und Schlagregen/Schnee. Die Einstreu und das so wichtige, isolierende Fell der Kälber bleiben trocken. Und trotzdem ist frische Luft vorhanden.
Dicke, trockene Einstreuschicht: Kälberiglus stehen auf Beton, Beton leitet Wärme schnell ab – eine dicke, dicke Einstreuschicht ist wichtig, damit die Kälber wärmegedämmt liegen und damit möglichst wenige Körperwärme verlieren. Nachgestreut werden muss täglich – auch wenn die Iglus unter Dach stehen.
Ein derartiges Abdach mit Windnetzen unter dem die Einzeliglus stehen, ist an 365 Tagen im Jahr eine gute Investition! Im Winter schützt es vor Nässe und Zugluft, im Sommer vor stauender Hitze durch Sonneneinstrahlung.
(Bildquelle: Berkemeier)
Kälberdecken anziehen: In den ersten Tagen profitieren kleine Kälber schon ab dem Herbst enorm von dem wärmedämmenden Effekt von Kälberdecken. Kälberdecken sollen atmungsaktiv, wasserabweisend und bei 50 bis 60 °C waschmaschinentauglich sein. Unbedingt nur auf trockenes Fell auflegen, bei Nässe austauschen und nach jedem Kalb mit Waschmittel in der Maschine waschen. In der Praxis hat es sich als passend erwiesen, die Decken nach einer Woche, aller spätestens nach drei Wochen bei dauerhaften Temperaturen unter 0 °C wieder abzunehmen – damit die Kälber sich samt Fell auch an das Außenklima anpassen können.
Nur trocken in die Einzelbox: Durchnässtes Fell ist für ausgewachsene Rinder bereits ein Problem und damit erst recht für kleine Kälber. Diese sollten nach der Geburt vollständig von der Kuh trocken geleckt worden sein, bevor sie in die Einzelbox gebracht werden. Oder, je nach Management der Kuh-Kalb-Trennung, in einem gedämmten, bzw. geheizten Raum unter einer Wärmelampe untergebracht werden, bis ihr Fell vollständig getrocknet ist. Mehr dazu bei uns unter „Erstversorgung für neugeborene Kälber“.
Erhöhter Energiebedarf: Sinken die Umgebungstemperaturen unter die kritische Temperatur, steigt der Energiebedarf zur Thermoregulation an. Um das und die Zunahmen zu gewährleisten, den Tränkeplan anpassen: 1 l Vollmilch pro Tag zusätzlich bzw. 170 g MAT pro Kalb und Tag zusätzlich – die Konzentration der MAT-Tränke muss aber gleich bleiben (sonst Verdauungsprobleme)! Die Tränketemperatur am besten körperwarm (38 °C bis 39 °C) halten. Bei Temperaturen von 0 °C abwärts am besten auf drei Gaben verteilt (auch bei ad libitum-Tränke). Auch die Wasserversorgung sollte sichergestellt sein, bei Temperaturen unter 15 °C frisches, lauwarmes Wasser anbieten.