Kühe lieben Routinen, auch auf dem Futtertisch. Warum konsistente Rationen für Milchkühe so wichtig sind und wie Sie diese erreichen, erklärt Fütterungsexperte Trevor deVries.
Milcherzeuger stecken oft viel Zeit und Aufwand in den Futterbau und die Rationsberechnung. Darum sollte auch die richtige Ration vor den Kühen auf dem Futtertisch liegen, erklärt...
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Milcherzeuger stecken oft viel Zeit und Aufwand in den Futterbau und die Rationsberechnung. Darum sollte auch die richtige Ration vor den Kühen auf dem Futtertisch liegen, erklärt Trevor deVries, Professor an der Universität Guelph (Kanada) auf der virtuellen AllTech-Konferenz. Allerdings beobachtet er in der Praxis oft, dass das Futter auf dem Futtertisch von dem abweicht, was auf dem Papier berechnet wurde.
Untersuchungen der Universität Guelph haben in verschiedenen kanadischen Milchkuhherden die Rationen auf dem Futtertisch mit den berechneten Futterationen verglichen. Dafür wurde zweimal jährlich an sieben aufeinanderfolgenden Tagen Proben vom Futtertisch genommen, untersucht und mit den Rationen auf dem Papier verglichen. Einige Nährstoffe waren in der Ration höher, andere niedriger als in der berechneten Ration. „Ein leichter Nährstoff-Überschuss ist vielleicht nicht so schlimm, aber exzessive Überschüsse sind teuer und sehr ineffizient!“, erklärt deVries.
„Exzessive Überschüsse sind teuer und sehr ineffizient!“
Trevor deVries
Eine Unterversorgung hingegen sei viel problematischer, da dann der Betrieb oft die Produktionsziele nicht erreicht. Damit die Kühe jeden Tag eine konsistente Ration fressen, und zwar dieselbe, die auf dem Papier für ihre Bedürfnisse ausgerechnet wurde, haben deVries und seine Mitarbeiter eine Checkliste erstellt:
Trockenmassegehaltkontrollieren: Besonders bei einsiliertem Grundfutter: Je öfter man den TM-Gehalt der Ration überprüft (täglich, alle paar Tage oder wöchentlich), umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Abweichungen früher sieht. Umso seltener man dieses überprüft, umso höher ist das Risiko für Abweichungen.
Futterkomponenten untersuchen: Umso öfter man die Nährstoffe in den Einzelkomponenten untersucht, umso besser kann man die Ration anpassen um eine gleichbleibende Ration zu füttern.
Fütterungsprotokolle einsetzen: Die berechneten Rationen müssen beim Füttern genau umgesetzt werden. Jeder Fütterer muss also jeden tag genau gleich arbeiten. Das ist bei Menschen jedoch kaum möglich. Helfen können dann z.B. Arbeitsanweisungen für die Fütterer, besonders bei mehreren Füttereren auf dem Betrieb. Ergebnisse kontrollieren und wenn notwendig erneute Einweisungen geben.
Controlling: Wer nachvollziehen kann, was er gefüttert hat, weiß wann die Ration abweicht und sie wieder angepasst werden muss.
Bis zu 10 kg weniger Milch pro Tag!
Bei ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftler rund um Trevor deVries zudem untersucht, wie konsistent die Ration in ihrer Zusammenstellung waren. Dafür untersuchten sie während der siebentägigen Untersuchung die täglichen Unterschiede im Energiegehalt der Ration und verglichen diese mit der durchschnittlichen Trockenmasse_Aufnehme pro Kuh in der Herde. Das Ergebnis: Eine höhere Variation im Energiegehalt der Ration wirkt sich negativ auf die TM-Aufnahme aus. In den Untersuchungen lagen die Abweichungen bei einem bis drei Kilogramm Trockenmasse pro Tag und Kuh! Das wiederum hat Auswirkungen auf die Milchproduktion. Umso höher die Variation des Energiegehaltes über die siebentägige Untersuchungszeit war, umso stärker sank die durchschnittliche Milchleistung der Kühe in der Herde. Diese Milcheinbußen lagen in den Untersuchungen bei bis zu 10kg Milch pro Tag.
Warum ist dieser Einfluss so groß? „Kühe lieben Konsistenz“, sagt Trevor deVries. „Sie lieben gleichbleibendes Verhalten, gleichbleibende Routinen, und auch eine gleichbleibende Verdauung.“ Pansenbakterien, die hauptsächlich für die Verdauung zuständig sind, blühen unter konsistenten Bedingungen auf. Das bedeuetet: Umso gleichmäßiger die Rationen während des Tages und zwischen den Tagen von den Kühen gefressen werden, umso besser arbeiten die Pansenbakterien. Schnellere Passageraten, höhere Futteraunahmen und höhere Milchleistungen sind das Ergebnis.
Virtueller Vortrag in Zeiten von Corona: Trevor deVries von der Uni Guelph (Kanada)
(Bildquelle: AllTech)
Kühe können Rationen verändern
Wenn die Ration richtig gemischt und vorgelegt ist, gibt es immer noch den Faktor Kuh. Die Herausforderung: Kühe können selektieren und somit beeinflussen, was sie zu sich nehmen. „Kühe sind sind sehr selektiv, bei dem, was sie konsumieren“, erklärt deVries. „Sobald sie begonnen, auszusortieren, ist die Ration schon nicht mehr gleich für alle Kühe. Seine Untersuchungen haben gezeigt, dass es zwischen selektivem Fressverhalten und den Inhaltsstoffe in der Milch einen Zusammenhang gibt. Sortieren Kühe die groben Partikel (oberstes Fach in der Schüttelbox) aus und suchen sich die kleineren Kraftfutterpartikel heraus, sinkt der Fettgehalt in ihrer Milch ab. Der Milchfettgehalt wird zu etwa 30% vom Selektieren der langen Partikel bestimmt. Kühe, die also die exakt gleiche Ration vorgelegt bekommen, und ähnliche Milchleistungen haben, können sich dann bis zu um 1% im Milchfettgehalt unterscheiden. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Eiweißgehalt in der Milch.
Für eine Fütterung, mit dem die Ration möglichst über den Tag und von Tag zu Tag gleichbleiben kann, empfiehlt Trevor deVries folgende Punkte:
Schwer selektierbare Ration vorlegen: Besonders bei Trockensteher-Rationen mit Heu oder Stroh ist das Risiko des Selektieren hoch, trockene Komponente sind leichter zu selektieren, nasse Komponenten kleben besser aneinander. Deswegen bei trockenen Komponenten Feuchtigkeit zufügen. Große Partikel sind ebenfalls leicht zu selektieren und sollten besser zerkleinert („so kurz wie möglich“) in die Ration gemischt werden.
Öfter füttern: Kühe sollten ständig freien Zugang zum Futter haben. Untersuchungen zur Fütterungsfrequenz und dem Futterverhalten haben gezeigt, dass mehr als einmal täglich Füttern positive Effekte haben kann und die Kühe dadurch weniger selektieren. Auch die Futteraufnahme der Kühe über den Tag kann dadurch gleichmäßiger werden. Verteilen Kühe ihre Futteraufnahme gleichmäßig auf mehrere Mahlzeiten am Tag, stabilisiert sich die Verdauung im Pansen.
Öfter anschieben: Wer das Futter am Futtertisch öfter anschiebt, erhöht nicht nur die Verfügbarkeit für die Kühe, sondern mischt das Futter auch erneut. Das kann zusätzlich helfen, selektives Fressverhalten zu reduzieren. Egal, wie oft und ob es manuell oder automatisch geschieht, das Nachschieben sollte immer gleich und regelmäßig erfolgen.
Ausreichend Fressplatz anbieten: Wenn Kühe um Fressplatz kämpfen müssen, können sie nicht gleichmäßig Futter und Mengen aufnehmen. Bei zu wenig Fressplätzen fressen Kühe dann zu unter Umständen größere Mengen auf einmal und zu unregelmäßigeren Zeiten, für die Pansenstabilität idt das sehr ungünstig. DeVries empfiehlt für Boxenlaufställe, die Belegdichte von 100% nicht zu überschreiten und pro Kuh eine Fressplatzbreite von mindestens 60cm anzubieten.