Milchkontrolljahr 2018/19

Holsteinkühe werden älter

Knapp 900 mehr 100.000 kg-Kühe als im Vorjahr! Über 7.000 lebende Kühe haben die 100.000 kg Marke inzwischen überschritten.

Deutsche Milcherzeuger melken immer mehr Dauerleistungskühe. Bei schwarzbunten Holsteins ist die Lebensleistung im Vergleich zum Vorjahr um 850 kg auf jetzt 29.156 kg Milch angestiegen. Die Nutzungsdauer erhöhte sich von 36,7 auf 37,1 Monate. Rotbunte Holsteins wiesen einen Anstieg von 705 kg auf 27.623 kg Milch. Die Nutzungsdauer hat sich hier leicht von 38,4 auf 38,6 Monate erhöht. Das Erstkalbealter blieb sowohl bei den Holsteins mit 26,8 als auch bei den Red Holsteins mit 27,6 Monaten konstant.
Die folgenden Auswertungen stammen vom Bundesverband Rind und Schwein e.V. (BRS). 

Übersicht 1: Zahl der lebenden 100.000 kg-Kühe (MLP) 

Im Kontrolljahr 2018/19 ist besonders die Anzahl lebender 100.000 kg-Kühe um 869 Tiere deutlich angestiegen. Im Vorjahr lag der Zuwachs noch bei 160 Kühen. Zudem wurden 107 neue „Zehntonner“ (10.000 kg Fett und Eiweiß) verzeichnet. Insgesamt waren zum Auswertungszeitpunkt 234 Zehntonner und 7.059 100.000 kg-Kühe weiterhin in deutschen Milchkuhbeständen. 

Übersicht 2: Zahl und Anteil der lebenden Kühe mit über 50.000 kg Lebensleistung (MLP)

Der Anteil an Kühen, die mit über 50.000 kg Milch noch im Bestand sind, ist im Vergleich zum Vorjahr um 2% auf 12,8% bei schwarzbunten und 11% bei rotbunten Holsteins angestiegen. Bei Fleckvieh-Kühen liegt der Anteil bei 8,2%, Braunvieh-Kühe erreichen mit 14,2% den höchsten Anteil. 
Auch ein Vergleich von Betrieben verschiedener Größenklassen verdeutlicht die Entwicklung von Leistungs- und Nutzungsdauer-Kennzahlen. Neben deutlichen Zuwächsen bei Milchleistung, Inhaltsstoffen und Nutzungsdauer sinkt das durchschnittliche Erstkalbealter. Die Kombination aus Leistungsanstieg, sinkendem Erstkalbealter und zunehmendem Abgangsalter führt schließlich auch zu einer Steigerung der Lebenstagsleistung um bis zu 2,6 kg Milch. 
Entwicklung der Kennzahlen in den Top-50-Betrieben von 2009 bis 2019: 
  • Die Lebensleistung Milch ist um bis zu 9.086 kg angestiegen. Den geringsten Anstieg von 3.055 kg Milch weisen Betriebe mit unter 60 Kühen aus. 
  • Die Lebensleistung Fett ist um bis zu 331 kg und Eiweiß um bis zu 315 kg angestiegen. 
  • Das Erstkalbealter hat sich über alle Betriebsgrößen hinweg um mindestens 0,5 Monate reduziert. 
  • Die Nutzungsdauer hat sich von einem Monat auf bis zu 7,4 Monate erhöht. 
  • Das Abgangsalter hat sich lediglich in Betrieben mit unter 60 Kühen um 0,3 Monate verringert. Die weiteren Größenklassen verzeichnen einen Zuwachs zwischen 1,8 und 6,7 Monaten. 
  • Die Lebenstagsleistung hat sich zwischen 1,3 und 2,6 kg Milch erhöht. 
  • Die stärkste Entwicklung über alle Kennzahlen verzeichnen Betriebe der Größenklasse 200 bis 500 Kühe. 
Quelle: BRS

Kühe der LLG Iden: Mutter Albe und ihre Tochter Almros haben beide jeweils über 10.000 kg Fett und Eiweiß gemolken.  (Bildquelle: RinderAllianz )

Alte Kühe - Arbeitsaufwand und Risiken nicht unterschätzen 

Alte Kühe sind wirtschaftlicher, denn sie weisen hohe Leistungen auf und haben ihre Aufzuchtkosten wieder reingemolken. Die Zucht auf Nutzungsdauer und Gesundheit trägt zum älter werden der Milchkühe bei. Allerdings kommt mit dem Alter auch das ein oder anderen „Problemchen“ dazu. Milchfieber, Festliegen, beanspruchte Zitzen, tiefe Euter oder Aborte – häufig geht es hier um Einzeltiere. Zudem steigt das Erkrankungs- und Abgangsrisiko mit jeder Laktation, da ältere Tier häufig anfälliger sind bzw. eine längere Genesung benötigen. 
Auch wenn alte Kühe wirtschaftlich und ethisch ohne Zweifel gewünscht sind, so ist der höhere Betreuungsaufwand nicht zu unterschätzen. Stellt sich die Frage, ob es auch ein „zu alt“, ein Maximum an anzustrebender Nutzungsdauer gibt? Sicher, hohe Lebensleistungen sollte auch weiterhin jeder Milchkuhhalter anstreben. Wie viel Luft noch nach oben ist, wird sich dank der intensiven Zucht und der Spezialisierung und Optimierung in den Kuhställen sicher schon bald zeigen. 

Mehr zum Thema Nutzungsdauer: 

  • Das Geheimnis alter Kühe – Hilmar Zarwel von der LLG Iden und Peter Meutes vom Meuteshof erzählen, welche Erfolgsrezepte in ihren Betrieben zu hohen Lebensleistungen führen und welche entscheidende Rolle die Zucht spielt. 
  • Die Milchkuh muss robuster werden – In dem Projekt „Zukunft gesunde Milchkuh“ der DGfZ wurden der Zusammenhang zwischen Milchleistung und Nutzungsdauer hochleistender Milchkühe untersucht und Strategien für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung entwickelt.
  • Selektion auf wirtschaftliche Kühe – Viele Jungkühe gehen zu früh ab. Wirkt sich das auch auf die Nutzungsdauer ihrer Nachkommen aus? Dr. Anke Römer (LFA MV) und Imke Varlemann (HU Berlin) haben den Zusammenhang zwischen früh abgegangenen Kühen und dem Abgangszeitpunkt ihrer Töchter untersucht.
  • Wie alt müssen sie werden? – Die Diskussion darum, wie alt Milchkühe heute werden, gewinnt in der Öffentlichkeit an Fahrt. Nicht wegzudiskutieren ist: Zu viele Kühe werden zu früh gemerzt! Vier Laktationen sollten aus ökonomischer Sicht im Herdendurchschnitt mindestens erreicht werden.