Praxisstudie

Gebt den Kühen Namen!

Die Vergabe von Namen an Milchkühe beeinflusst die Milchleistung positiv.

In wachsenden Herden werden immer häufiger Halsbandnummern zur Identifikation der Tiere genutzt. Nummern sind zwar strenggenommen auch Namen (wenngleich keine Individualnamen), da sie Einzeltiere eindeutig identifizieren, doch leisten Nummern keine Individualisierung, d.h., sie betonen nicht die Einzigartigkeit eines Tieres.
Dennoch werden immer wieder auch Kühe benannt. Ein Name kann theoretisch das Verhältnis von zwischen Menschen und Tier widerspiegeln. Welche Auswirkungen die Vergabe von Kuh-Namen und die Folgen der Benennung haben, wurde in einer Studie von Lisa Müller an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest untersucht. Die Daten wurden durch den Landeskontrollverband NRW im Rahmen der Milchleistungsprüfung im Prüfjahr 2019 erfasst und anonymisiert bereitgestellt. Es flossen 3.487 Betriebe mit 318.689 Milchkühen in die Auswertung mit ein. Somit konnten in etwa zwei Drittel der Milchviehbetriebe in NRW untersucht werden.

In Herdbuchbetrieben haben die Kühe häufiger Namen

In 27 % der Milchkuhställe trägt jede Kuh einen Namen. Insgesamt wurden 40 % der Kühe benannt. Die Herdengröße beeinflusst die Namensvergabe, denn mit steigenden Herdengrößen sinkt tendenziell der Anteil der Kühe mit Namen. Des Weiteren spielt es eine Rolle, ob die Betriebe Mitglied in einem Herdbuch sind. Handelt es sich um Herdbuchbetriebe, liegt der Anteil der Kühe mit Namen höher. Dies lässt sich wahrscheinlich auf die traditionelle Wahl des Namens, nach dem Anfangsbuchstaben der Mutter, zurückführen. Außerdem tragen Kühe von selteneren Rassen häufiger einen Namen. Dieser Einfluss kann auf deren optische Auffälligkeit zurückgeführt werden.

Wie beeinflussen Namen die Leistungsparameter?

In der Studie wurden verschiedene, gängige Parameter untersucht. Zentrale Ergebnisse lieferte die Milchleistung und das Alter der Kühe bei der ersten MLP.:
  • Herden, in denen alle Kühe einen Namen tragen, erzielten durchschnittlich eine höhere Milchleistung von 616 kg pro Kuh und Jahr als Betriebe, in denen keine Kuh einen Namen trug.
  • Werden ausschließlich die Herdbuchbetriebe betrachtet, liegen die durchschnittlichen Milchleistungen der Herden, in denen alle Kühe einen Namen tragen, um 255 kg pro Kuh und Jahr über der Milchleistung der Betriebe, in denen keine Kuh einen Namen trägt.
  • In Ställen, in denen nur ein Teil der Kühe Namen hat, hängt es von dem Anteil der namenlosen Tiere ab: Trägt über die Hälfte der Kühe i der Herden Namen, liegt die Milchleistung höher.
Bella ist der häufigste Kuhnamen
Laura Schmitz

Wie können diese Ergebnisse gedeutet werden?

Die höhere Milchleistung lässt sich sicherlich nicht direkt auf die Benennung der Tiere zurückführen. Allerdings schafft eine Benennung der Kühe eine Individualisierung, wodurch das Einzeltier mehr in den Fokus rückt. Wird eine einzelne Kuh individuell(er) kontrolliert, können auch kleinere Auffälligkeiten, Verletzungen und Krankheiten früher erkannt werden. Das kann sich positiv auf die Milchleistung auswirken.
Dass Kühe mit Namen frühzeitiger (mit einem geringen Lebensalter) in der ersten Milchkontrolle auftauchen, kann auf eine bessere Aufzucht hindeuten. Rinder, welche schon von Anfang an eine hohe Aufmerksamkeit und damit gute Versorgung genießen, erlangen zumeist früher die Zuchtreife und werden dementsprechend auch jünger das erste Mal belegt.

Offene Diskussionspunkte und Grenzen der Arbeit

In der Studie konnte nicht erfasst werden, inwieweit die Kühe im Alltag tatsächlich mit ihren Namen angesprochen werden. Wahrscheinlich spielt nicht die Art und Weise der Identifizierung des Einzeltieres eine Rolle, vielmehr spiegelt die Namensvergabe eine Einstellung des Herdenbetreuers*in wider, die Tiere in den Ställen individueller bzw. intensiver zu betreuen.  Es wird deutlich, dass das Potential einer individuellen Betreuung der Tiere nicht unterschätzt werden sollte. Denn mit einem geringen Investitionsaufwand kann eine Leistungssteigerung erreicht werden.
Interessant wäre es, Unterschiede zwischen AMS- und Melkstandbetrieben sowie zwischen konventionellen und ökologischen Milchkuhbetrieben zu untersuchen.
Quelle: Lisa Müller; Forschungsprojekt Digitale Kuh 3.0; Fachhochschule Südwestfalen, 59494 Soest

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