Herdenmanagement
Fünf gute Nachrichten über Kühe
Oft stehen in den Medien schlechte Nachrichten im Vordergrund. Doch es gibt auch Gutes zu berichten: Was sich in der Milchkuhhaltung positiv entwickelt hat!
Bei all den Meldungen über steigenden Kostendruck, Bürokratie und immer höhere Anforderungen der Gesellschaft tut es gut, sich einmal die Erfolge vor Augen zu führen: Wissenschaft und Praxis haben einiges erreicht!
1. Die Kuh ist ein Multitalent.
„Eine Kuh kann wirklich alles – sie macht Milch, Fleisch, Dünger und kann dazu noch Gras zu Protein veredeln!“, sagt Conny Derboven, Hof Bunkemühle (Niedersachsen). Von der weltweit verfügbaren Biomasse seien 15% Lebensmittel, rund 85% jedoch für den Menschen unzugänglich. Über Kühe wird diese Biomasse wieder nutzbar: Durch Gras in der Ration, aber auch über die Verfütterung von Industrieprodukten wie Biertreber, Zuckerrübenschnitzeln, Raps- oder Sojaextraktionsschrot. Aus 100 g Gras-Eiweiß macht eine Kuh 35 g Milch-Eiweiß mit hochwertiger Aminosäurenstruktur für den Menschen.
Schon heute nutzen wir die Gülle der Kühe als Dünger von heute für das Futter von morgen. Das könnte künftig noch effizienter werden, wenn z.B. Fest- und Flüssigphase der Gülle separiert verwertet werden. Es gibt erste Ideen, einen Teil der Nährstoffe plus das CO2 aus einem Blockheizkraftwerk für ein Gewächshaus zu verwenden – so könnte aus Gülle nicht nur Tierfutter, sondern auch direkt essbare Pflanzen für den Menschen entstehen!
2. Die Eutergesundheit der Kühe hat sich verbessert.
Schon seit 2005 erfassen über 90 Betriebe aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zusätzliche Gesundheitsdaten (“Testherden“ von RinderAllianz und RBB). Dabei ist herausgekommen: Die Eutergesundheit hat sich deutlich verbessert – und das trotz steigender Milchleistung!
Kühe, die viel Milch gaben, waren tendenziell sogar weniger euterkrank als Kühe mit geringerer Milchleistung. Die Hauptursache sieht Anke Römer, Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern, vor allem im besseren Management der Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger.
Hochleistende Kühe sind anspruchsvoller an ein gutes Management, können dann aber gesünder und leistungsfähiger sein!
Dieser Trend findet sich, wenn auch mit Schwankungen, bundesweit ebenfalls wieder: So nahm die durchschnittliche Zellzahl aller Kühe in Milchleistungsprüfung (MLP) von 2018 bis 2022 um 5% ab.
3. Heute gehen immer weniger Kühe wegen Krankheiten ab.
Nicht nur die Eutergesundheit, auch viele Produktionskrankheiten sind „besser“ geworden.
Das führt dazu, dass die althergebrachte Meldung der Abgangsursachen die Realität eigentlich nicht mehr widerspiegelt. Es gibt nicht genügend Auswahlmöglichkeiten, Mehrfachnennungen werden ausgeschlossen. Daher müssen Merzungen aufgrund von Managemententscheidungen häufig „Krankheitsursachen“ zugeordnet werden, ohne dass eine kranke Kuh dahintersteht.
Das gilt es, zukünftig zu ändern – schließlich ist der „Färsendruck“ (hochtragende, gesunde, gute junge Färsen stehen parat) nach Unfruchtbarkeit in „ehrlichen“ Auswertungen der Hauptabgangsgrund!
4. Milcherzeuger können deutlich Antibiotika einsparen.
Milchkühe haben schon in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Tierarten weniger antibiotische Wirkstoffe „verbraucht“. Standardmäßig werden sie jedoch oft noch zum Trockenstellen eingesetzt. Aber: Die Forschung ist mittlerweile so weit, dass sich auch hier Antibiotika einsparen lassen – ohne Risiken für die Tiergesundheit!
Es gibt Entscheidungsbäume, die eine tierindividuelle Entscheidung für oder gegen Trockensteller ermöglichen, ohne dass es zu einer höheren Neuinfektionsrate in der Trockenperiode (TP) kommt. Eine Antibiotikagabe ist sinnvoll, wenn die Heilungschance mit Antibiotikum deutlich höher ausfällt als die Selbstheilungsrate (z.B. bei Streptokokken wie S. Uberis oder anderen Gram-positiven Erregern). Ein Schnelltest und die letzten drei Milchkontrollergebnisse reichen für eine fundierte Entscheidung aus. Wer eine Neuinfektionsrate i. d. TP von mehr als 15% aufweist, sollte zudem einen Zitzenversiegler verwenden. Interne Zitzenversiegler allein vermeiden drei von vier Neuinfektionen und jede zweite Mastitis in der Frühlaktation!
Ähnliches gilt bei der Behandlung klinischer Mastitis-Fälle – häufig reicht eine Therapie mit Entzündungshemmern aus! Eine Entscheidungshilfe gibt es hier.
5. Man kann auf Gesundheit züchten – und das klappt.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Zucht deutlich diversifiziert: Nicht mehr nur hohe Milchleistung, sondern auch die Tiergesundheit steht im Fokus. In der Holstein-Zucht neu eingeführte Zuchtwerte wie der RZEuterfit, RZKlaue oder RZKälberfit in Kombination mit Herdentypisierung erlauben, die Probleme der eigenen Herde gezielt mit Zucht zu unterstützen. Dass es funktioniert, zeigen Auswertungen des Kuhvisions-Projektes.
Demnach ist zu erwarten, dass sich der Trend zu widerstandsfähigeren Kühen weiter in der Milchkuh-Population ausbreitet und die Krankheitszahlen auch in Zukunft weiter sinken.
Fazit: Schulter klopfen, weitermachen!
Zusammenfassend lässt sich sagen: Viele Forschungsprojekte der vergangenen 15 Jahre tragen merklich Früchte. Es ist möglich, hohe Leistung und Gesundheit zu vereinen. Das sollten wir auch nach außen tragen!
Dazu stehen die nächsten innovativen Ideen schon in den Startlöchern. Denn eins ist klar: Mit Unsicherheiten wie dem Wetter mussten Landwirtinnen und Landwirte schon immer umgehen können – diese Fähigkeit zur Flexibilität setzen sie auch in anderen Lebensbereichen erfolgreich ein!
Quellen: Vortrag von Conny Derboven (Semex Fokus-Seminar 2023) sowie Vorträge von Anke Römer, Jan Körte und Volker Krömker auf dem 32. Milchrindtag im März 2023 in Mecklenburg-Vorpommern
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