Winterbetrieb

Frostfrei Melken

Gruppenmelkstände und Melkroboter bei Temperaturen unter -10 °C frostfrei zu halten, bedarf einiger Maßnahmen. Tipps aus der Praxis.

Der jüngste Wintereinbruch stellt die erprobten und ergriffenen Frostschutz-Maßnahmen von Milcherzeugern in ihren Ställen und Melkständen bzw. automatischen Melksystemen auf die Probe. Auch wenn Milchkuhbetriebe in den ersten Jahren nach einem Neubau peu à peu alles Nötige an Frostschutzmaßnahmen aufrüsten, können diese Tage mit Tiefsttemperaturen wieder einige Schwachstellen aufzeigen.
Wir haben Tipps von Praktikern gesammelt, wie sie ihre Melkplätze auch bei tiefen Minustemperaturen in Betrieb halten können.

Gruppenmelkstände schützen

Wichtiger als das Heizen ist das Verhängen offener Flächen in den Melkständen. (Bildquelle: Berkemeier)

1. Dichtmachen: Neben den üblichen Türen am Ein- und Ausgang helfen elektrisch rollbare Folienvorhänge oder Rolltore mit Seitenfassungen großflächige Öffnungen an Gruppenmelkständen flexibel, einfach und relativ zugfrei zu verschließen. Insbesondere, in den Melkpausen, wenn die Wärme der Kühe fehlt, ist das wichtig. 
Kleinere Fenster oder Durchgänge ohne feste Tür lassen sich (zusätzlich) mit Brettern und/oder Styroporplatten abdichten. Diese einmal passend gemachten Elemente am besten für den Rest des Jahres in der Nähe aufbewahren (= wieder schnell auffindbar).
Eine Dämmung der Decke ist genauso wichtig: Was zum Sommerhalbjahr aufgemacht werden kann, sollte zum Winter auch wieder verschlossen werden können. Sandwichplatten, Bretter und Planen helfen, die Warme Luft im Melkstand zu halten.
2. Heizen: Ist der Melkstand abgedichtet, kann eine Heizung ihren Dienst leisten. Über Nacht bzw. in den Melkpausen sind Elektroheizkörper (Decke) eine sichere Lösung (keine offene Flamme). 
Gasstrahler oder Ölheizgebläse helfen während des Melkens, die hinteren Melkzeuge zum Wartehof am Anfang und im letzten Durchgang eisfrei zu halten. Im Gegensatz zu den sehr leisen Infrarotstrahlern oder Elektrogebläsen ist das Knistern von spontan nötigen Gasstrahlern bzw. das Brummen von Gebläsen sehr laut. Achtung: Die Kühe gewöhnen sich nur langsam daran und auch für den Mensch kann die Lautstärke unangenehm werden. 

Elektrische Heizkörper sind leise und können auch ohne Aufsicht laufen. Da sie in der Regel an nur sehr wenige Tagen im Jahr angestellt werden müssen, macht es Sinn, sie vor gemeldeten Frosttagen einmal Probelaufen zu lassen und ggf. in Stand zu setzen. (Bildquelle: Berkemeier)

Wasser raus: Sind kalte Tage angekündigt, macht es Sinn, die Anlage vom Melktechniker durchchecken zu lassen. Etwa kleinste Wasserreste an den Membranen können dazu führen, dass diese selbst unter dem Melken an den hinteren Plätzen spontan festfrieren. Diese Restfeuchte lässt sich vorab entfernen. Auch bei älteren, nicht mehr ganz dichten Schaltkästen kann Kondenswasser bei Frost zum Problem werden. 
Neuere Spül- und Milchleitungen sowie Melkzeugaufnahmen haben Entwässerungsventile. Kontrollieren Sie, ob diese frei sind, damit kein Spülwasser stehen bleibt und außerhalb der Melkzeit einfriert. Gibt es keine Ventile, bei Frost nach Spülende das Wasser von Hand aus den Leitungen ablassen; die Melkzeuge aus den Aufnahmen nehmen und kurz hochhalten, sodass das Restwasser abläuft.
Druckluft Tore brauchen Wasserabscheider am Kompressor: Lassen Sie bei druckluftgesteuerten Toren einen Wasserabscheider am Kompressor montieren. Bei Kälte kann Kondenswasser sonst dazu führen, dass die Tore nur verzögert oder gar nicht mehr öffnen und nur schwer auftauen!
Salz im Wartehof: Das Reinigen vom Boden im Vorwartehof und im Rücktrieb fällt bei anhaltenden Minustemperaturen unter -5 °C in Außenklimaställen meistens aus. Damit die Kühe nicht rutschen, bewährt es sich nach jedem Melken oder passend vor Melkbeginn Streusalz im Wartebereich und Rücktrieb zu verteilen.
Achtung Klauengesundheit: Nässe (eingeschränkte Entmistung) und Frost führen dazu, dass die Klauenhaut der Kühe strapaziert wird. Streusalz trocknet die Haut zudem aus. So empfiehlt es sich, am Ende einer Frostperiode (Entmistung läuft wieder auf Normalbetrieb, kein Salz mehr) konsequent einmal alle Klauen abzuwaschen bzw. ein Klauenbad mit sanft reinigendem Mittel durch zu führen. Denn schon die bloße Reinigung der Klauen hat einen positiven Effekt. Ein Seifenbad aus pH-neutraler Seife und Wasser kann die Pflegeroutine ergänzen: Es löst den Schmutz, beseitigt die dort gebundenen Keime und schont die Haut. Mehr Empfehlungen zur Wirkstoffwahl in Klauenbädern, von der Klauenexpertin Dr. Charlotte Kröger.  

Melkroboter im Winterbetrieb

Melkroboter sind aufgrund ihres vereinzelten Durchsatzes der Kühe besonders empfindlich gegenüber Frost. Die erschwerenden Faktoren:
  • Das Verhängen der Boxen ist gegenüber Gruppenmelkständen nur eingeschränkt möglich, da die Kühe den Ein- und Ausgang noch gut einsehen können und diese Flächen eben beweglich bleiben müssen.
  • Das Heizen muss konstant erfolgen, da die Kühe eben nur vereinzelt kommen und es in ihrem kurzen Melkaufenhalt nicht schaffen, viel Abwärme in der Melkbox zu hinterlassen.
  • Wasser (und Milch, Dipp- und Desinfektionsmittel) sind ständig in den Leitungen.

Während man sich im Sommer über viel luftige Fläche freut, muss diese im Winter zu gehängt werden.  (Bildquelle: Knuf)

1. Dichtmachen: Sandwichplatten, Bretter, Planen oder Streifenvorhänge, im Winter/zu Frosttagen vom Dach der Melkbox abgehängt, verhindern, dass kalte Luft in die Melkbox weht bzw. verhindern, dass die warme/erwärmte Luft in großen Massen aus der Melkbox entweicht. Die (zugeschnittenen) Folienstreifen haben den Vorteil, dass sich die Tore weiter bewegen und die Kühe noch relativ viel einsehen können. Ohne ein Verhängen bringt auch der größte Heizstrahler nichts …

Folienstreifen zum Schutz der Melkroboter vor Kälte, von der Innenseite der Melkroboter betrachtet. (Bildquelle: Knuf)

2. Heizen: Heizmöglichkeiten sollten in jedem Melkroboter eingeplant sein. Fußbodenheizungen, Infrarot-Heizstrahler, Elektroheizungen oder Heizkörper erwärmen gut verhängte (!) Boxen im Außenklimaställen ausreichend bis -20 °C – berichtet Milchkuhhalter Markus Wagner (Bayern) aus seinen Wintererfahrungen mit dem AMS. Mehr Anti-Frost-Tipps von Markus Wagner finden Sie auf https://www.melkroboter.net/#frost.
Wer nicht über ausreichend geplante Heizkörper am AMS verfügt, sollte angesichts der Stromversorgung vorsichtig mit zusätzlich an das Netz geklemmten Elektroheizungen sein, um eine Überlastung und damit einen Stromausfall zu verhindern. Kurzfristig besser auf Ölheizkörper und Gasstrahler setzen – aber hier ist Vorsicht geboten, diese sollten nicht ganz unbeaufsichtigt laufen. 
Sind bei Wiegeböden keine Fußbodenheizungen eingebaut, können Milcherzeuger diese bei starkem Frost mit Warmluftgebläsen „anpusten“ lassen, damit Schmutz und Feuchtigkeit und damit der Wiegeboden nicht festfrieren! Am besten vor Frosttagen nochmal gründlich reinigen!
Wärmelampe über dem Roboterarm: Mit Rotlichtlampen die Kamera bzw. den Laser vor dem Überfrieren mit Wasser schützen und damit die Lesetauglichkeit und einwandfreies Ansetzen der Melkbecher erhalten. Eine hauchdünne Eisschicht ist schon ein Problem! Wärmequelle auch über Parkposition des Roboterarms installieren, so bleiben Melkbechermagazin und auch die Spülaufnahme frostfrei.

Wärmelichtlampen schützen die Kamera bzw. den Laser vor dem Überfrieren mit Wasser.  (Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)

3. Die Kühe am Laufen halten: Viele Roboter-Melker schieben in den Tagen und vor allem Nächten mit Minustemperaturen im tiefen zweistelligen Bereich 24 h-Schichten, um die Kühe am Laufen zu halten (so wenig Leerstand wie möglich) und die Heizkörper und den technischen Betrieb zu kontrollieren (ansonsten laufen ohnehin viele Störungsmeldungen ein …). 
Kein Salz im AMS: Wenn die Standfläche in der Melkbox eisglatt ist, wollen die Kühe ungern hineingehen, berichtet Milcherzeuger Markus Wagner (Bayern). „Um das Eis aufzutauen, verwenden wir Harnstoff. Salz würde den Beton und Metall angreifen. Man muss aber sehr aufpassen, dass kein Harnstoff in die Melkbecher beziehungsweise Milch kommt“. Im Vorwartebereich, abseits vom empfindlichen AMS, setzen in diesen Tagen viele Milcherzeuger auf dünn verteiltes Streusalz (Salz schädigt der Klauenhaut …).
Sonderfälle: Ab bestimmten Minustemperaturen kann es erforderlich werden, bestimmte Funktionen (Zwischenreinigung, Dippen) am AMS auszustellen. Hier sollte man sich einen Winterplan mit dem Servicetechniker anlegen bzw. im Vorfeld von angekündigten Kälteeinbrüchen einen Termin machen. 
Kannenkühe nur kontrolliert: Frischmelker oder Hemmstoffkühe sollten insbesondere an Frosttagen nur unter Anwesenheit (“manuell“) gemolken werden. Die ansonsten nur gelegentliche Ableitung der Kannenmilch bei freiem Zugang der Kannenkühe kann aufgrund einer eingefrorene Milchleitung zu den Behältern daneben gehen!
Quelle: u.a. verschiedene Milcherzeuger, Melktechniker, melkroboter.net

Kühen ist im Gegensatz zu Kälbern, die kälteempfindlich sind, eher zu warm als kalt. Wind und Luftfeuchte können im Winter aber für beide problematisch werden! 


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