„Wir sind hier mehr Leute als in einer Fußballmannschaft und wollen täglich gemeinsam vorankommen – da muss man Stärken, Schwächen und Ambitionen jeder Einzelnen kennen und Alle müssen das gemeinsame Ziel vor Augen haben!“ so das Credo der Beiden. Das zahlt sich nicht nur in einer hohen Motivation ihrer Mitarbeiter, sondern auch in hervorragenden Leistungskennzahlen der Kühe aus.
Insgesamt 20 Leute (19 Voll-Ak und ein Azubi) bilden das Horster Hof Team um das junge Betriebsleiterpaar Fenja Meiners und Adrian Koch. Die 29-Jährige und ihr 30-jähriger Lebensgefährte haben 2021 den Betrieb mit 880 ha Acker- und 120 ha Grünland, 800 Kühen und Biogasanlage von Fenjas Eltern in Horst bei Bützow in Mecklenburg-Vorpommern übernommen. Fenja kümmert sich um das „Tagesgeschäft“ im Stall und Büro, Adrians Fokus liegt auf Acker- und Futterbau und der Biogasanlage. Die strategische Planung wird gemeinsam gemacht. Seit der Übernahme konnten sie ein neues, stabiles Team aufbauen.
Mitarbeiter mit langfristigen Perspektiven
Denn im Nordosten, wie in vielen Regionen Deutschlands, ist Fachkräftemangel und Mitarbeiterfluktuation ein großes – teilweise existenzielles Thema. Sie starteten hier 2021 mit toller Unterstützung einiger langjähriger Mitarbeiter, aber auch mit einem starken Personalmangel im Melk- und Stallteam. Jede neue Person mussten sie persönlich anlernen. „Jetzt können wir uns aber vollkommen auf unsere Vorarbeiter verlassen und wir kommen gerade in eine Phase, in der nicht nur Routinearbeiten zuverlässig ausgeführt werden, sondern auch Probleme erkannt und selbstständig Lösungsideen gefunden werden. Inzwischen sind viele Teammitglieder mit einer langfristigen Perspektive dabei. Das ist entscheidend für den Erfolg und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes“, ist die Landwirtin überzeugt.
Berufliche Weiterentwicklung - eine echte Herzensangelegenheit
Essenziell für eine langfristige Zusammenarbeit seien berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten. „Dann wird nicht stumpf abgearbeitet, sondern mitgedacht.“ Für Fenja Meiners ist dies eine echte Herzensangelegenheit. Das merkt man nicht nur an ihren glänzenden Augen, auch ihre Begeisterung ist zu spüren, wenn sie von ihrem Team spricht. Eine ihrer Stärken ist sicherlich die Integration der verschiedenen Persönlichkeiten. Derzeit arbeiten im Horster Hof Team drei Nationalitäten zusammen. Für Fenja Meiners und Adrian Koch wäre es auch kein Problem, wenn es mehr wären.
Betriebsspiegel
- 800 Kühe plus Nachzucht
- 12.000 kg Milch, 3,9 % Fett und 3,48 % Eiweiß
- Remontierung 27 %
- Erstkalbealter 23,3 Monate
- 880 ha Ackerland120 ha Grünland
- 20 Mitarbeiter, davon 19 Voll-Ak und 1 Azubi
- Deutsche, polnische und ukrainische Mitarbeiter
Im Horster Hof-Team sind verschiedene Altersgruppen vertreten. Alle hätten unterschiedliche Stärken, dass würde sehr gut harmonieren. „Gerade bei Quereinsteigern und jungen Leuten zeigen sich Potenziale oft erst in der Zusammenarbeit. Die müssen dann gefördert werden.“ Als sehr wichtiges Element sieht Fenja dafür Einstellungs- und vor allem jährliche Zielgespräche. Drei Fragen bilden den roten Faden.
Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
Ein roter Hoftrac rollt heran. Der Fahrer bremst abrupt ab und fährt vorsichtig, in Schrittgeschwindigkeit an Fenja Meiners kleinem, krabbelnden Sohn vorbei, der vor den Kälberiglus vergnügt spielt.
Lässt sich die Arbeit aktuell gut mit der Familie, der Beziehung bzw. mit dem Privatleben vereinbaren? „Die 40- oder 50-Stunden-Woche ist für unser Melkteam kein Muss. Hauptsache, ich kann mich auf die zugesagte Stundenanzahl verlassen.“ Eine alleinerziehende Mutter, ein Mitarbeiter, dessen Frau auch im Schichtsystem arbeitet oder Pärchen, die gern zusammenarbeiten würden, machen die Schichtplanung immer etwas spannend. „Aber die Wertschätzung und Einsatzbereitschaft, die mir im Gegenzug entgegengebracht wird, macht das allemal wett.“
Persönliches Berufliches Ziel - Wow-Gefühl erleben
Als Zweites interessieren die Betriebsleiterin die persönlichen Entwicklungsziele ihrer Teammitglieder. Was möchten sie dazu lernen? Wo möchten sie sich weiterentwickeln? „Als ich den Betrieb übernommen habe und auch heute noch, erfüllt es uns mit Freude, eine Herausforderung gemeistert zu haben, die vorher vielleicht als unlösbar galt. Die Möglichkeit danach ein solches Wow-Gefühl zu erleben, möchten wir unseren Mitarbeitern auch ermöglichen!“
Im Rahmen des Gespräches, setzen sie gemeinsam ein persönliches Ziel für das kommende Jahr fest. Solche Ziele sind z.B., dass Mitarbeiter lernen möchten, die Tiere aus der Behandlungsgruppe zu versorgen. Oder, dass jemand Interesse daran hat, sich in die Klauenpflege einzuarbeiten.
Die Möglichkeit danach ein solches Wow-Gefühl zu erleben, möchten wir unseren Mitarbeitern auch ermöglichen!“
Fenja Meiners
Zwei Mitarbeiter nahmen sich z.B. Kleinreparaturen im Stall an, kamen aber im puncto Schweißen immer an ihre Grenzen. „Wir fanden einen BILSE-geförderten Lehrgang, für den auch die ukrainisch-deutsche Sprachbarriere der beiden kein Problem darstellte“, erklärt die Betriebsleiterin. Mit abwechselnden wöchentlichen Reparatur- und Neukonstruktionstagen decken die Mitarbeiter nun alle dringlichen Schweißarbeiten ab. „Das ist für uns eine klare Win-Win-Situation.“
Seit Betriebsübergabe wird auf dem Horster Hof zudem eine berufsbegleitende Ausbildung zum staatlich anerkannten Tierwirt angeboten. „Ich freue mich schon auf den Moment, in ein paar Jahren mit 12 neuen Fachkräften zu arbeiten – und auch der Weg dahin ist toll!“ sagte Fenja strahlend.
Betriebliche Ziele
Neben den persönlichen bespricht Fenja Meiners mit ihren Mitarbeitern aber auch betriebliche Ziele. „Das Ziel einer unserer Melkerinnen ist es, die Zahl der Euterentzündungen so gering wie möglich zu halten. Wir besprechen dann gemeinsam, wie wir dieses Ziel erreichen können. In den Jahresgesprächen werden verschiedene betriebliche Ziele festgelegt und in eine sogenannte „Score-Tabelle“ eingetragen. Jeden Monat überprüfen wir gemeinsam, ob diese Vorgaben erfüllt wurden. Falls das nicht der Fall ist, überlegen wir zusammen, welche Maßnahmen ergriffen werden können.
Auch die Betriebsleiter tragen ihre wichtigsten Ziele in die Score-Tabelle ein. Diese werden ebenfalls im monatlichen Meeting gemeinsam mit den Mitarbeitern überprüft.
„Amtssprache“ im Meeting ist Deutsch und Englisch
Neben den jährlichen persönlichen Gesprächen werden in den monatlichen Team-Meetings die aktuellen betrieblichen Entwicklungen analysiert.
Beim Besprechen der erreichten Kennzahlen in der Scoretabelle wird auf eingeführte Innovationen zurückgeblickt und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Werte festgelegt. Aktuell kann das Meeting noch nicht immer 100%ig auf Deutsch durchgeführt werden. So wechseln sie des Öfteren ins Englische.
„Wir glauben, dass man jeden Menschen integrieren kann. Es kommt auf die Persönlichkeit und nicht auf den Kulturkreis an, ob es funktioniert. Allerdings kostet es Zeit Mitarbeiter einzubinden“, gibt die junge Frau zu. Derzeit gehören deutsche, polnische und ukrainische Mitarbeiter zu ihrem Team.
Mehr als drei Nationalitäten seien für sie im Moment mit ihrer begrenzten Zeit, auch als junge Mutter, nicht zu stemmen. Denn die Mitarbeiter müssen auch zu Amtsgängen begleitet und Sprachkurse organisiert werden.
Einen Blick in andere Betriebe werfen
Um Ziele zu erreichen, ermöglichen sie den Mitarbeitern Fortbildungen oder schaut sich zusammen mit ihnen andere Betriebe an. „Solche Aktionen machen wir natürlich nicht planlos, wir müssen auch das Gefühl haben der Mitarbeiter meint es ernst und er hat das Potenzial die Aufgaben zu übernehmen“, erklärt die Milcherzeugerin ihre Strategie und ergänzt: „Mir ist es wichtig, dass jeder die Aufgabe findet, für die sein Herz schlägt!“
Das Interesse und Engagement der Mitarbeiter zahlen sich für sie aus. Denn auf dem Horster Hof wird nach Kompetenz bezahlt. Je mehr ein Mitarbeiter im Laufe seiner Betriebszugehörigkeit kann und je mehr Verantwortung er übernimmt, desto stärker steigt der Lohn.
Mir ist es wichtig, dass jeder die Aufgabe findet, für die sein Herz schlägt!
Fenja Meiners
Jeder hat eine Vertretung
Ein aktueller Schwerpunkt in der Mitarbeiterorganisation ist es, für jeden Aufgabenbereich zwei Verantwortliche zu etablieren, die sich gegenseitig 100%ig vertreten können.
Aktuell steht ihre Vertretungsorganisation auf dem Prüfstand. Wenn Urlaubszeit und Ernte zusammenfallen, zeigt sich schnell, wo die Vertretung gut funktioniert und wo noch Optimierungsbedarf besteht. Grundsätzlich gelte auf dem Betrieb: Jeder ist wichtig – und genau darum sollte man sich ersetzbar machen! „Und das ist etwas, dass ich mittlerweile sehr schätze, gerade seitdem ich auch Mutter geworden bin“, sagt Fenja Meiners und lächelt.
Infos in WhatsApp-Gruppen
Der reibungslose Ablauf ist auch den wöchentlichen Plänen und den für jeden Tag festgelegten Routinen zu verdanken. Nur so lasse sich sicherstellen, dass alle Aufgaben vollständig und korrekt ausgeführt werden. Auf dem Horster Hof wird außerdem mit WhatsApp-Gruppen gearbeitet, damit keine Informationen verloren gehen. So gibt es z.B. die Reparaturgruppe. Alle hier eingetragenen Reparaturen werden dann an jedem Freitag durchgeführt.
Letztendlich stellt sich die Frage: Was bringt das enorme Engagement Fenja Meiners und Adrian Koch. Eine ganze Menge! Denn die Gesundheit und die Grundfutterleistung der Herde sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen, während der Kraftfuttereinsatz reduziert, Futterfette, Spezialfuttermittel und Saftfutter auf „0“ gefahren wurden. So gaben die Kühe im vergangenen Jahr 12.000 kg Milch bei 3,9 % Fett und 3,48 % Eiweiß, Tendenz weiter steigend. Auch die Remontierung spricht mit 27% für sich.
Ein Allrounder in Stall und auf dem Acker
Hendrik Wienkemeier arbeitet seit mehr als einem Jahr auf dem Horster Hof. Vorher war er auf verschiedenen Familienbetrieben mit 100 Kühen angestellt und ist jetzt der Allrounder auf dem Hof. Sein Herdenmanagement-Schwerpunkt liegt hier auf der Klauenpflege der Kühe und des Jungviehs . „Ich habe mich auch abends und am Wochenende in die Materie eingearbeitet. Mein Ziel ist die Klauenprobleme immer weiter zu reduzieren und das hat bereits funktioniert. So habe ich einen Ehrgeiz entwickelt immer besser zu werden und habe beschlossen, auch die Pflegeschnitte, die zuvor von externen Klauenschneidern durchgeführt wurden, zu übernehmen.“ An der Arbeit auf dem Horster Hof schätzt er vor allem die Arbeit im großen Team.
Schritt für Schritt nach vorne
Die Zahlen sind hervorragend. Wie stellt sich die Milcherzeugerin die betriebliche Zukunft vor? „Als wir den Betrieb übernommen haben, dachten wir noch, dass wir einen großen Teil unserer Ziele durch eine Umstellung auf Biomilch erreichen können. Damals hat es sich gerechnet, es stellte einen stabilen Preis dar. Wir haben uns dadurch eine Konstante für unseren Betrieb erhofft. Nach 1,5 Jahren hatten wir endlich eine Molkerei gefunden, die nicht nur einen Teil, sondern die ganze Milchmenge abnehmen wollte“, beschreibt Fenja Meiners ihre Anfänge.
Doch dann kam der Ukrainekrieg mit den bekannten Folgen für den Bioabsatz. „Dadurch ist die Umstellung auf Bio bei uns erst mal in den Hintergrund gerückt. Aktuell können wir uns nicht vorstellen auf Bio umzustellen“. Was sie aber könnten, wäre relativ schnell auf Haltungsstufe 3 oder 4 zu wechseln.
Wir sind sehr zufrieden damit, was sich in den letzten Jahren hier auf dem Hof entwickelt hat.
Fenja Meiners
„Wir sind sehr zufrieden mit dem, was sich in den letzten Jahren hier auf dem Hof entwickelt hat. Ich habe gemerkt, wie viel man mit vielen kleinen Schritten und Zielen erreichen kann, auch ohne auf Bio umzustellen. Wir werden sehen, welche Chancen sich in den nächsten Jahren für unseren Standort noch ergeben werden.“ Fenja und Adrian sind dankbar für die Entwicklung und blicken mit ihren Mitarbeitern optimistisch in die Zukunft!
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