Den Grundfuttervorrat für Milchkühe prüfen und planen

Im Juni sind viele Optionen zur Beschaffung von Grundfutter offen. Eine gute Zeit, um den Vorrat an Silagen, Stroh etc. für das Jahr 2020 und 2021 zu organisieren.

Die Grundfuttersituation bleibt kritisch!

Der Zukauf von Stroh oder Gras bzw. Silomais ab Feld sowie der Anbau von Zwischenfrüchten dürfte bei den futterknappen Betrieben längst organisiert sein. Denn der erste Schnitt ist in vielen Regionen bedingt durch die Trockenheit um ein Drittel geringer ausgefallen als im langjährigen Mittel. Und je nach Lage, sieht es auch für den zweiten Schnitt und die Entwicklung vom Silomais gegenwärtig nicht nach Spitzenerträgen aus – obwohl der Regen jetzt vorerst für etwas Beruhigung gesorgt haben dürfte. Auch, weil der wachsende zweite Schnitt und der Mais so nun die Nährstoffe aus den erfolgten Düngergaben aufnehmen können. 
In den von der Mäuseschäden betroffenen Regionen in Niedersachsen wird die Situation als sehr ernst beschrieben. Auf diesen meist moorigen Grünlandstandorten sieht es teils katastrophal aus. Es wurde im Frühjahr für viele Tausend Euro Grassaat ausgebracht, die aufgrund der Trockenheit nicht keimen konnte oder im Keim vertrocknet ist. Zudem konnte auf einigen Flächen noch gar keine Neuansaat von Gras (ebenso Mais) erfolgen, da sie mit Tipula-Larven (Wiesenschnake) befallen sind. Hier ist eine Aussaat erst nach dem Schlüpfen der Larven ab Mitte Juni möglich. Diese Bedingungen führen dazu, viele Milchkuhbetriebe seit dem Herbst 2019 auf den  sehr teuren Zukauf von Grundfutter angewiesen sind – in teils sehr hohen Mengen! Aufgrund der so entstehenden immensen Kosten haben diese Betriebe ihre Herden abgestockt bzw. stocken ab.

GPS, Stroh, Gras- und Mais ab Feld, Ackergras und Futterbaumischungen nach Getreide

Grundfutter ist seit nun mehr drei Jahren knapp. Angesichts der Prognosen für das künftige hiesige Klima, wird diese Sorge die Futterbaubetriebe in Zukunft überwiegend öfter als selten umtreiben. Die vorhandenen Flächenausstattungen der Betriebe reichen im Mittel der letzten drei Jahre oft nicht bzw. kaum mehr aus, um die bestehenden Tierbestände mit eigenem Grundfutter versorgen zu können. Das trifft konventionell und biologisch wirtschaftende Betriebe gleichermaßen! Mit der Konsequenz, dass die Grundfutter- und Gesamtfutterkosten (höher Kraftfutterbedarf) sich auf dem seit 2018 gestiegenen Niveau halten.
Die Betriebe haben und müssen noch mehr ihre Futterbaustrategien an den Klimawandel anpassen. Pflügen von Ackergras nach der ersten Schnittnutzung und danach Maislegen, diese Strategie dürfte auf den meisten Standorten keine Option mehr sein: Zu hoch ist das Ausfallrisiko durch die hohe Wahrscheinlichkeit von Frühjahrstrockenheit im April geworden, die Pflugfurche zerstört das Kapillarsystem und damit die Wasserversorgung. Mais steht im Mai 2020 dort gut, wo die tiefe Bodenbearbeitung im Herbst erfolgt ist, und eine Zwischenfrucht gemulcht und nur flach eingearbeitet wurde.
Im Juni ist der beste Zeitpunkt, eine Jahresfutterplanung vor zu nehmen – hier sind noch genügend Optionen zur Beschaffung offen.

Grundfuttervorrat – was jetzt noch geht

  • Getreide-GPS: Die durch Kälte und Trockenheit im Ertragspotential geschwächte Wintergerste bietet sich zur Nutzung als Ganzpflanzensilage an. Wenn, dann muss jetzt geerntet werden. Tipps dazu finden Sie hier bei uns: Futtervorrat mit Ganzpflanzensilage aufstocken
  • Strohzukauf: Noch wird Stroh aus der Ernte 2019 angeboten, doch die Zahl der Gesuche, auch ab Feld für die neue Ernte steigen. In den letzten Jahren hat die Verbreitung von strohbasierten Rationen für Jungvieh aber auch Trockensteher aufgrund der knappen Silageerträge zugenommen.
  • Gras und Mais ab Feld zukaufen: Der Regen hat für etwas Entlastung gesorgt, sodass sich der zweite Schnitt hoffentlich besser entwickelt als noch Ende Mai/Anfang Juni befürchtet. Dasselbe gilt für die Maisbestände. Dennoch, die Grundfutterverfügbarkeit bleibt kritisch und entsprechend hoch wird die Nachfrage bleiben. Wenn noch nicht längst geschehen, sollten Futterbaubetriebe jetzt Käufe von Mais und ggf. Gras ab Feld organisieren. Die Preise variieren je nach Region und sollten sorgfältig abgewogen werden, ggf. bei dem Risiko von wenig Kolben oder Masseertrag sollte eine Preisanpassung möglich sein!
  • Ackergras/Kleegras: Gute Erfahrungen wurden in 2018 und 2019 mit dem Anbau von Ackergras (einjähriges und welsches Weidelgras oder Bastardweidelgras) bzw. über-/mehrjährigen Kleegras gemacht, zur Nutzung im Herbst und Frühjahr des Folgejahres. Bei glücklichem Witterungsverlauf (genügend Regen!) können hier bei der Ansaat nach Getreide (Ende Juni/Juli) bis zum Vegetationsende noch gut zwei Nutzungen (Schnitt/ Beweidung) erfolgen. Bei einer Wachstumsdauer von 8 bis 10 Wochen können im Herbst Erträge bis zu 30 dt/ha TM erzielt werden. Vorteile bei der Wahl von Ackergras bzw. Kleegras als Zwischenfrucht gegenüber anderem, sind ihr höherer Futterwert und die trotz hohem Wasser- und geringem Strukturgehalt immer noch erheblich bessere Silierbarkeit im Herbst. Diese Vorteile rechtfertigen auch die höheren Saatgutkosten. Ein wichtiges Kriterium bei der Sortenwahl ist die Rostresistenz. Zunehmend wägen Betriebe ab, das Ackergras/Kleegras noch über den ersten Schnitt hinaus zu nutzen. Weitere Tipps zu Sortenwahl, Aussaat (Bodenbearbeitung) und Nutzung: Futtermangel jetzt vorbeugen
  • Mehrjährige Futterbaumischungen: Futterbauberater berichten mittlerweile aus der Praxis, dass der Anbau von speziellen, auf Trockenheit ausgelegte Futterbaumischungen (z. B. mit Futterchicorée, Wiesenrispe, Knaulgras, Lieschgras, Weidelgras, Rotklee, Weißklee, mit Roggen), gesät in Juli/August, sehr gute Masseerträge mit guten Futterwerten im Vergleich zu Weidelgras oder Mais auf trockenen Standorten erzielen. Neben der Grundfuttersicherung haben derartige Mischungen eine sehr gute Wirkung auf die Bodenfruchtbarkeit. Um das Potential und die hohen Saatgutkosten auszuschöpfen, ist eine dreijährige Nutzung nötig. Mehr dazu von uns hier: Umdenken im Futterbau und Details Umdenken im Futterbau (Experten: Prof. Dr. Johannes Isselstein, Uni Göttingen, Dr. Ralf Loges, Uni Kiel). Es wird dazu geraten, dass Futterbaubetriebe sich hier, wenn noch nicht geschehen, herantasten sollten – sprich deren Anbau und Nutzung über den Anbau auf einigen Hektar auszuprobieren. Interessierte Futterbaubetriebe sollten hierzu zeitnah mit ihren Beratern sprechen und sich zügig um Saatgut kümmern.

Eine systematische Futtervorratsplanung macht Sinn!

Wissen, was tatsächlich jede Woche „weggeht“: Den Vorschub zu markieren erlaubt schon eine einfach Abschätzung darüber, wie lange das Silo reicht. (Bildquelle: Berkemeier)

Sich sorgen zu müssen, ob die eigenen Grundfuttervorräte reichen, belastet die Psyche. Bei allen Gefühlen – tatsächlich hilft nur eins: So genau wie möglich auszurechnen, wie lange die bis dato vorhandenen Vorräte reichen. Nur wer das weiß, kann sich im zweiten Schritt zielgerichtet darum kümmern, wie sich der Futterengpass wirtschaftlich tragbar lösen lässt.
Zunächst ist eine solche Futterplanung mittelfristig sinnvoll. Dabei geht es darum, das Ausfüttern des bestehenden Tierbestands mindestens über das nächste Dreivierteljahr zu sichern. Die Versorgung sollte jedoch auch langfristig überdacht werden. Denn das Risiko von unterdurchschnittlichen Jahreserträgen durch Dürre oder ungewöhnliche Nässe wird nicht kleiner.
Tipps dazu, wie man den eigenen Grundfuttervorrat schätzt und plant (Bedarf, Vorratsbestand, Tierbestand), vom Unternehmensberater Rind, Rainer Hahn, finden Sie bei uns hier: Reicht das Grundfutter? 
Quellen: u. a. Dr. Loges (Uni Kiel), Prof. Dr. Isselstein (Uni Göttingen), Rainer Hahn (LWK NRW), Rudolf Leifert (IBLA), Uwe Herzog (Spezialberatungsring Rinderhaltung und Futterbau e.V.)