Mortellaro ohne viel Aufwand erkennen

Wie genau sich Läsionen von Mortellaro (Dermatitis Digitalis, DD) an den Hinterklauen von Milchkühen in Fischgräten- und Side-by-side-Melkständen, im Melkkarussell, am Fressgitter oder frei im Stall bzw. am Rücktrieb vom Melkstand erkennen und beurteilen lassen, untersuchten Wissenschaftler aus den USA und Kanada. Als Referenz diente die anschließende Untersuchung der beurteilten Kühe im Klauenpflegestand. Diese Kontrolle gilt als Goldstandard, weil sie die genaueste Diagnose ermöglicht. Insgesamt wurden die Score- und Befunddaten von 552 Milchkühen und 1.104 Hinterklauen ausgewertet. Untersucht wurden Kühe aus 17 Betrieben.

Das Scoring der ungereinigten Klauen erfolgte mithilfe einer Taschenlampe. Beurteilt wurden die Läsionen von ein und derselben, geschulten Person nach dem 5M-Stadien-Scoresystem. Unterschieden wurde in „kein Mortellaro“ (Stadien M0 und M1) und „mit Mortellaro“ (M2, akut, bis M4.1, chronisch).

Ergebnisse der Untersuchung

• Die Klauenpflegestand-Untersuchungen ergaben, dass 44% der Hinterklauen eine DD-Läsion aufwiesen. Mit anteilsweise 11% M1-, 5% M2-, 2% M3-, 10% M4- und 16% M4.1-Läsionen.
• An den verschiedenen Orten im Stall wurden weniger Mortellarofälle erkannt als im Klauenpflegestand: im Melkstand nur 28% und im Fressgitter stehend 22%.
• Die verschiedenen Melkstand-Typen hatten keinen Einfluss darauf, wie gut DD erkannt wurde.
• Als wesentliche Einflussfaktoren für die Genauigkeit der Ergebnisse erkannten die Wissenschaftler die Entfernung der scorenden Person zur Klaue (30 cm bis 2 m), die Bewegungsmöglichkeiten der Kuh, die Lichtverhältnisse, die Größe der Läsionen sowie den Verschmutzungsgrad der Klauen.
• Die Sensitivität, also der Anteil der richtig als befallen erkannten Klauen von allen wirklich DD-befallenden Klauen, lag bei allen Alternativen zum Klauenpflegestand unter 70%. Die Spezifität, also die korrekt als nicht befallen beurteilten Klauen, von allen nicht befallenen Klauen, jedoch über 93%.

Schlussfolgerung

Auch wenn der Melkstand und das Fressgitter die verlässlichsten Plätze zum Entdecken von Mortellarobefall waren, war keiner der getesteten Plätze verlässlich genug, um die Inspektion der Klauen im Klauenpflegestand zu ersetzen. Um ein erkranktes Tier sicher zu erkennen und erfolgreich zu behandeln (M2, akut), muss es in den Klauenstand geholt werden. Aufgrund der gefundenen positiven und negativen Vorhersagewerte sehen die Wissenschaftler ein Scoren von DD im Melkstand jedoch durchaus als gute Möglichkeit, um Kühe, die eine Behandlung benötigen, in Herden mit einer hohen DD-Prävalenz (25%) zu finden. Das angewandte Verfahren lässt sich gut in die Arbeitsroutine einer Milchkuhherde integrieren und liefert somit regelmäßig Informationen über den Klauengesundheitsstatus.

Wegen der Ungenauigkeiten je nach Scoring-Ort müssen Kühe auch regelmäßig im Klauenstand kontrolliert werden. Denn nur, wenn man die sauberen Klauen von allen Seiten mit genug Licht betrachten kann, ist die Diagnose eindeutig. Kühe, die im Klauenstand als akut, fraglich oder neu befallen erkannt werden, müssen beurteilt und dem Mortellaro-Stadium entsprechend behandelt werden.

Ein fraglicher Status ist auch eine relevante Diagnose, weil es bei keinem der hier getesteten Alternativen möglich ist, den Zwischenklauenspalt auf das Vorhandensein von DD zu bewerten. Andere Studien zeigten, dass 5 bis 10% der DD-Läsionen im Zwischenklauenspalt auftreten. Ein regelmäßiges Scoring der Herde ermöglicht es zu überprüfen, wie wirksam neu im Betrieb eingeführte Maßnahmen zur Prophylaxe von DD sind (Reinigung der Laufflächen, Klauenbad, Einzeltierbehandlung etc.).

Quelle: Cramer et al. 2017