Der Zuchtfortschritt der vergangenen Jahre hat uns große Kühe beschert. Kuhställe müssen diesem Umstand Rechnung tragen. Tipps zur Ausgestaltung des Stalllayouts für Um- und Neubauten, aufgelesen in einem Stallbauseminar in den USA!
In den letzten 25 Jahren haben unsere Milchkühe gut 20 % an Körpermasse zugelegt. Gleichzeitig sind sie um 11...
Der Zuchtfortschritt der vergangenen Jahre hat uns große Kühe beschert. Kuhställe müssen diesem Umstand Rechnung tragen. Tipps zur Ausgestaltung des Stalllayouts für Um- und Neubauten, aufgelesen in einem Stallbauseminar in den USA!
In den letzten 25 Jahren haben unsere Milchkühe gut 20 % an Körpermasse zugelegt. Gleichzeitig sind sie um 11 cm bzw. 8 % größer geworden. Das bedeutet, dass sie im Stall mehr Platz benötigen. Vor allem beim Hinlegen und Aufstehen ist ausreichend Raum im Kopfbereich nötig (mind. 80 cm), um den natürlichen Bewegungsablauf nicht zu behindern. Wenn Kühe sich nicht gerne ablegen, drohen Einbußen in Leistung und Gesundheit! Wenigstens zehn Stunden pro Tag sollten es schon sein, besser noch ist eine Liegedauer von 12 bis 14 Stunden (Übersicht 1).
Dazu müssen aber die baulichen Voraussetzungen stimmen, auch in alten Ställen! Bei Umbauten gelten die gleichen Regeln wie bei Neubauten. Kuhkomfort ist kein Hexenwerk, sondern besteht aus mehreren einfachen Bestandteilen: Aus ausreichend dimensionierten Liegeboxen, Laufflächen, Übergängen, Fress-platzbreiten, guter Wasserverfügbarkeit sowie der Vermeidung von Überbelegungen.
Stallflächen lassen sich als Zwei- oder Dreireiher planen (Übersicht 2). Zweireiher eignen sich zur Unterbringung von Frischmelkern und „Special needs“- Kühen, in Dreireihern können tragende Kühe untergebracht werden. Wichtig ist aber auch im Dreireiher, dass jeder Kuh 68 cm Fressplatzfläche zur Verfügung stehen. Bei einer Überbelegung von 20 % würde die Fressplatzbreite auf 38 cm schrumpfen, bei 40 % Überbelegung sogar auf nur noch 33 cm. Daraus entsteht eine Konkurrenzsituation am Futtertisch, bei der die rangniedrigere Kuh den Kürzeren zieht. Deren Futteraufnahme sinkt. Überbelegung ist Stress pur!
Tipp: Liegeboxen für Frischmelker lassen sich als Schwanz-zu-Schwanz-Variante anordnen. Zumindest in der ersten Reihe kann man auf einen Blick die Hinterteile der Kühe auf Ausfluss kontrollieren. Bei einer Kopf-an-Kopf-Anordnung haben Färsen eher einen Nachteil, wenn sich gegenüber eine ranghohe alte Kuh niederlegt.
Liegeflächen der Körpermasse anpassen
Die Körpermaße unserer Kühe verändern sich im Laufe der Produktion. Färsen sind noch nicht ausgewachsen, hochtragende alte Kühe sind wesentlich länger und breiter. Es ist eine große Herausforderung für jeden Stallplaner, die Liegeflächen für alle Kühe richtig zu dimensionieren. Orientierung bietet das Körpergewicht: Eine Kuh mit 500 kg Lebendgewicht benötigt eine eingestreute Fläche von 4,2 m2. Bringt das Tier jedoch 815 kg auf die Waage, sind gleich 11,0 m2 nötig.
Auch eine alte, große Kuh muss in die Liegebox passen, ohne dass Hüftknochen oder Beine in die anliegenden Liegeflächen reichen. Dazu müssen Liegeboxen deutlich länger (3,00 m statt 2,50 m) und breiter (1,27 m statt 1,15 bis 1,20 m) als üblich angelegt werden. Eine erwachsene Kuh ist schließlich um die 2,40 m lang! Weiterer Vorteil: Bei breiten Liegeboxen erhöht sich automatisch die verfügbare Fressplatzbreite pro Kuh. Bei 31 Liegeplätzen mit je 1,22 m Breite stehen jeder Kuh am Futtertisch 74 cm Fress-platzbreite zur Verfügung.
Breite Boxen ≠ dreckige Boxen
Der Feind einer sauberen Liegefläche ist die quer liegende Kuh, die Kot und Urin nicht hinter, sondern innerhalb der Liegefläche absetzt. Wie passt das zu der Forderung, immer breitere Liegeboxen zu bauen? Ganz einfach: Kühe legen sich nur quer in die Box, wenn die Breite nicht zur Länge passt. Gerade der Kopfraum spielt in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle. Eine rangniedrige Milchkuh wird sich niemals in Ruhe niederlegen, wenn ihr eine ranghohe Kuh nur Zentimeter entfernt gegenüber liegt. Darum ist ausreichend Kopfraum so wichtig (Übers. 3, S. 70).
Bei wandständigen Boxen kann gegebenenfalls die Außenwand geöffnet und ein abgestütztes Schleppdach zugebaut weden, um Kühen mehr Raum nach vorne zur Verfügung zu stellen.
Die Boxenbügel bestimmen die Richtung, in der die Kuh sich hinlegt. Außerdem legen sie fest, ob eine Kuh auch ausgestreckt liegen kann oder nicht. Man kann Kühe durch Zwang gerade in die Boxen legen, in dem man sie zu schmal baut. Besser – und kuhgerechter – geht es jedoch mit Design! Der Winkel des Boxenbügels sollte 50 bis 55 cm hinter der Bugbegrenzung liegen (Übersicht 6). Kühe verkeilen sich leicht, wenn zu wenig Platz zwischen Boxenbügel und Liegeboxenoberfläche vorhanden ist (wie auch auf dem großen Bild links). Ein verschobenes Bein beispielsweise lässt sich so nicht schnell wieder herausziehen. Daher sollte zwischen der unteren Begrenzungsstange des Boxenbügels und der Einstreu rund 30 cm Luft bleiben. Generell gilt: Glänzende Stangen sind ein schlechtes Zeichen, denn das zeugt von ständigem Scheuerkontakt!
Bestenfalls sollten sich Liegeboxenbügel „ein Leben lang“ verstellen lassen, denn so kann man alle paar Jahre dem Zuchtfortschritt Rechnung tragen. Boxenbügel von Norbco z. B. werden an zwei „Schienen“ befestigt, durch die sich die Breite einstellen lässt.
Neben den Trockenstehern und den Frischmelkern benötigen gerade kranke Milchkühe viel Raum zum Liegen, um sich in Ruhe erholen zu können. Die Krankenbucht sollte daher Platz für mind. 2,5 bis 3 % der Herde bieten. Idealerweise steht pro Kuh eine Fläche von 10 m2 (bzw. eine Liegebox) sowie 76 cm Fress-platzbreite zur Verfügung. Tränken sollten wegen der Ansteckungsgefahr nicht von anderen Gruppen mitbenutzt werden; die Bucht am Ende der Schieberlaufbahn liegen.
Raum zum Ausweichen schaffen
Rangniedrige Tiere müssen den sogenannten Boss-Kühen ausweichen, wenn sie die zur Verfügung stehenden Futter- und Wasserflächen nutzen wollen. Daher sollten Laufgänge genügend Raum bieten. Auch hier gilt: Kühe werden größer, daher sind breitere Laufgänge nötig als vor 20 Jahren. Vier Meter dürfen es schon sein. Ein Prozent Gefälle erleichtert das Abschieben der Stallflächen (Übersicht 4).
Gleiches gilt für die Übergänge. Hier lautet die Empfehlung: 4,60 m Breite inklusive Tränke bzw. eine Breite von 3,70 m, wenn die Tränken nicht auf den Übergängen angeordnet sind. Befindet sich die Tränke in der Mitte eines (doppelten) Übergangs, sollte dieser mindestens 8,00 m breit sein.
Im Transitstall ist alle 12 bis 15 Liegeboxen ein Übergang vorzuhalten. Bei den melkenden Kühen sind die Vorgaben in Deutschland je nach Bundesland unterschiedlich, meist ist ein Übergang alle 18 bis 20 Liegeboxen üblich. Damit jede Kuh genügend Wasser aufnehmen kann, sind wenigstens zwei Tränken je Gruppe sowie 9,00 cm Tränke pro Kuh nötig. Die obere Kante der Tränke ist mit 60 bis 80 cm über dem Boden in der richtigen Höhe (53 bis 73 cm für Jerseys).
„Key Points“ für Um- und Neubauten
Bei jedem Neu- oder Umbau gilt es, Kuhkomfort und Arbeitswirtschaft zu optimieren:
- Einfacher Gruppenwechsel für die Kühe.
- Kurze Distanz zwischen Melkstand und Stallflächen: wenig „Reisezeit“ (harter Boden, Klauenabrieb/dünne Sohlen, Lahmheit).
- Jederzeit guter Zugang zum Futter.
- Genügend Luft für jede Kuh: Natürliche Belüftung ist kostengünstig und effizient, kommt aber an ihre Grenzen, wenn Ställe zu nah aneinander stehen (25 m Abstand halten).
- Genügend Luft zur Kuh schaffen - natürliche Belüftung ist kostengünstig und effizient, stößt aber oft an ihre Grenzen, z.B. bei parallel angeordneten Stallgebäuden. Hier ist eine mechanische Kreuzbelüftung oder Tunnelbelüftung oft unumgänglich.
- Ställe nicht „verbauen“: künftige Erweiterungen einplanen.
- Einfacher Gruppenwechsel für die Kühe.
- Kurze Distanz zwischen Melkstand und Stallflächen: wenig „Reisezeit“ (harter Boden, Klauenabrieb/dünne Sohlen, Lahmheit).
- Jederzeit guter Zugang zum Futter.
- Genügend Luft für jede Kuh: Natürliche Belüftung ist kostengünstig und effizient, kommt aber an ihre Grenzen, wenn Ställe zu nah aneinander stehen (25 m Abstand halten).
- Genügend Luft zur Kuh schaffen - natürliche Belüftung ist kostengünstig und effizient, stößt aber oft an ihre Grenzen, z.B. bei parallel angeordneten Stallgebäuden. Hier ist eine mechanische Kreuzbelüftung oder Tunnelbelüftung oft unumgänglich.
- Ställe nicht „verbauen“: künftige Erweiterungen einplanen.
Selbst, wenn bei einem Umbau vieles nicht „ideal“ gelöst werden kann, sollten für die Kühe in jedem Fall Verbesserungen erreicht werden. Noch wichtiger (und rentabler) als wenige Zentimeter breitere Laufgänge ist eine bessere Liegequalität. Wenn Sie bei einer Modernisierung nur Schritt für Schritt vorgehen können, setzen Sie Prioritäten:
- Weich gepolsterte Liegefläche,
- genügend breite und lange Liegefläche,
- ausreichend Schwungraum nach vorne.
- Weich gepolsterte Liegefläche,
- genügend breite und lange Liegefläche,
- ausreichend Schwungraum nach vorne.
Ihre Kühe werden es Ihnen danken. -cs-
Dr. Nigel Cook wird auf der Elite Herdenmanagement-Konferenz (siehe Seite 14) über dieses und weitere spannende Stallbauthemen sprechen!