Die Grubentiefe bzw. die Standflächenhöhe der Kühe im Melkstand beeinflusst die körperliche Belastung der Melker. An der Forschungsanstalt Agroscope in Tänikon (Schweiz) wurde eine Formel entwickelt, mit deren Hilfe sich die optimale Arbeitshöhe im Melkstand berechnen lässt.
Viele Melker leiden unter Schmerzen, besonders im Bereich der...
Die Grubentiefe bzw. die Standflächenhöhe der Kühe im Melkstand beeinflusst die körperliche Belastung der Melker. An der Forschungsanstalt Agroscope in Tänikon (Schweiz) wurde eine Formel entwickelt, mit deren Hilfe sich die optimale Arbeitshöhe im Melkstand berechnen lässt.
Viele Melker leiden unter Schmerzen, besonders im Bereich der Schultern und Arme. Eine aktuelle Studie berichtet, dass dies bei 39 % der Milchviehhalter sogar die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Die Umstellung von der Rohrmelkanlage auf den Melkstand hat in den letzten Jahrzehnten die Belastung beim Melken deutlich verringert. Dennoch ist die Belastung für Melker auch in modernen Melkständen nicht zu unterschätzen. Insbesondere häufig wiederkehrende Tätigkeiten können sich hierbei negativ auswirken. Frühere Studien zeigten bereits, dass die Arbeitshöhe (Tiefe der Melkstandgrube + Höhe des Euterbodens) die Arbeitsbelastung beeinflusst. Allerdings konnte die tatsächliche Belastung bislang nicht objektiv gemessen werden. In einer aktuellen Untersuchung von Agroscope wurde daher die Arbeitsbelastung der Melker in verschiedenen Melkstandtypen beurteilt. Ausgehend von diesen Ergebnissen konnte eine einfache Formel aufgestellt werden. Mit dieser lässt sich die Grubentiefe für jeden Melker und Melkstandtyp optimieren.
Sensoren messen Belastungen
Um die Belastung auf den Bewegungsapparat des Melkers zu bewerten, haben wir mit dem System CUELA (Computer-Unterstützte Erfassung und Langzeit-Analyse von Belastungen des Muskel-Skelett-Systems) die Bewegungsabläufe von Melkern beim Melken erfasst. Dieses besteht aus Gyroskope-Sensoren, die über der Arbeitskleidung angebracht sind (siehe Foto, Seite 70) und die Neigung sowie die Drehung der Gelenke erfassen. Diese Bewegungen werden dann in Winkelgraden angegeben. Das System ermöglicht es so zu ermitteln, wie lange der Melker eine bestimmte Haltung eingenommen hat. Frühere Studien schätzen die Belastung während des Haltens des Melkzeuges beim Unterhängen am höchsten ein. Daher wurde nur das Unterhängen ausgewertet.
Fünf verschiedene Melkstände
Die Position der Gelenke wird dabei, gemäß der Neutral-Null-Methode (Übers. 1), in Winkelgraden (ADJ) angegeben. Diese Winkelgrade geben das Bewegungsmaß eines Gelenks um eine bestimmte Achse an. Der Grad „0“ bedeutet, dass das Gelenk in einer neutralen Position steht, Grad „90“ zeigt an, dass sich das Gelenk in einem rechten Winkel befindet. Insgesamt konnten wir 25 Gelenkbewegungen auswerten. Aus den erhobenen Daten bewerteten wir die:
- akzeptablen Gelenkwinkel (grün)
- bedingt akzetablen Winkel (gelb)
- nicht zu akzeptierenden Winkel (rot)
- akzeptablen Gelenkwinkel (grün)
- bedingt akzetablen Winkel (gelb)
- nicht zu akzeptierenden Winkel (rot)
Die Anteile der akzeptablen bzw. nicht zu akzeptierenden Gelenkwinkel wurden ausgerechnet, um Aussagen darüber treffen zu können, welche Arbeitshöhen/Melkstände einen positiven bzw. negativen Einfluss auf die Körperhaltung haben. Die Untersuchungen führten wir in insgesamt 15 Milchviehbetrieben durch. Hier wurden Daten in fünf verschiedenen Melkstandtypen erhoben: Fischgräten-Melkstand 30° und 50°, Autotandem, Side-by-Side (SbS) und im Melkkarussell (Innenmelker, 30°). Auf jedem Betrieb konnten die Bewegungsabläufe von je zwei Melkern jeweils über eine ganze Melkzeit hinweg gemessen werden (Übers. 2). Alle 30 Personen (vier Frauen und 26 Männer) waren professionelle Melker, kannten die jeweiligen Melk-stände und die zu melkenden Kühe.
Arbeitshöhe hängt vom Melkstand ab
Die Ergebnisse zeigten, dass besonders die Halswirbelsäule, Knie- und Schultergelenke sowie Ellbogengelenke durch das Melken beansprucht werden (Übers. 3). Hier war der relative Anteil nicht zu akzeptierender Gelenkwinkel sehr hoch. Neben dem Anteil der nicht zu akzeptierenden Gelenkwinkel berechneten wir anhand von Modellkalkulationen auch die akzeptablen Gelenkbewegungen für alle Melkstände während verschiedener Szenarien („konstante Faktoren“; Übers. 4) von 0,7 bis 1,0. Diese konstanten Faktoren spiegeln das Verhältnis von der Körpergröße des Melkers zum Euterboden der Kuh wider. Ein konstanter Faktor von 0,7 bedeutet eine Arbeitshöhe (Grubentiefe + Euterbodenhöhe) von 126 cm bei einer Körpergröße des Melkers von 180 cm. 100 % akzeptable Winkel ergaben dabei eine maximale Punktzahl von 75 Punkten (drei Messungen à 25 Gelenkbewegungen). Um diesen Wert zu erfüllen, müssten alle Gelenke jederzeit in einem akzeptablen Winkel sein. Dieser Wert wurde in keinem Szenario auch nur annähernd erreicht.
Bei der steilen Fischgräte lag die Anzahl der akzeptablen Körperhaltungen (49 von 75 Punkten) am höchsten (konstanter Faktor 0,75). Wohingegen beim Karussellmelkstand die Anzahl der akzeptablen Gelenkwinkel lediglich 41 Punkte im Maximum erreichte (konstanter Faktor 0,75). Bei dem Autotandem-Melk-stand wiederum zeigten sich bei allen konstanten Faktoren gleichmäßig hohe Anteile an akzeptablen Gelenkwinkeln (44 bis 46 akzeptable Winkel). Ausnahme bildete hier lediglich der konstante Faktor 1. Dieses Ergebnis lässt darauf schließen, dass die Körpergröße bei diesem Melkstand einen geringeren Effekt auf die ideale Arbeitshöhe hat als z.B. im Karussell.
Formel für ideale Arbeitshöhe
Die Ergebnisse unserer Untersuchung ermöglichten es, eine Formel zu entwickeln, mit der sich die ideale Grubentiefe eines Melkstands berechnen lässt. Für die Berechnung muss zuerst berücksichtigt werden, bei welchem konstanten Faktor des Melkstandtyps die höchste Anzahl an akzeptablen Gelenkwinkeln zu finden ist (siehe Übersicht 4; variiert je nach Melkstandtyp). Anschließend empfehlen wir, die durchschnittliche Euterbodenhöhe der eigenen Herde während einer Melkzeit zu ermitteln. Mit folgender Formel lässt sich dann die ideale Grubentiefe berechnen:
Formel: (Körpergröße des Melkers (cm) x konstanter Faktor) – durchschnittliche Euterbodenhöhe = ideale Grubentiefe (cm)
Beispiel: 183 cm Körpergröße x 0,75 (Steile Fischgräte) – 45 cm Euterbodenhöhe = 92,25 cm Grubentiefe
Fazit
- Die ideale Arbeitshöhe ist von der Körpergröße des Melkers, der durchschnittlichen Euterbodenhöhe der Herde sowie des Melkstandtyps abhängig. Das bedeutet, dass die Grubentiefe für jeden Betrieb individuell berechnet werden muss.
- Dass die ideale Arbeitshöhe zwischen den Melk-ständen variiert, liegt vor allem am Abstand zwischen Standplatzkante und Euter. Dieser Abstand ist beim SbS am höchsten, da die vorderen Zitzen hier weit entfernt sind. Daher sollte die Grube bei diesem Melk-stand bei vergleichbarer Körpergröße und Euterhöhe nicht so tief sein wie z. B. beim Fischgrätenmelkstand.
- Arbeitet in einem Melkstand lediglich ein Melker bzw. ist die Arbeitshöhe durch einen Hubboden veränderbar, kann mithilfe der neu entwickelten Formel die für den Melkstandtyp, die Körpergröße und Euterhöhe ideale Arbeitshöhe berechnet werden.
- Die ideale Arbeitshöhe bei einem Außenmelkerkarussell sollte wie bei einem Side-by-Side-Melkstand berechnet werden, da auch hier die Melkzeuge durch die Hinterbeine angehängt werden.
- Auch wenn mit der Formel die ideale Arbeitshöhe ermittelt werden kann, schließt dies dennoch nicht gänzlich Probleme des Muskelapparates bei den Melkern aus. Das lässt sich schon dadurch zeigen, dass die Summe aller zu akzeptierenden Winkelgrade aller ausgemessenen Gelenke in keinem Melkstandtyp die Höchstpunktzahl von 75 erreichte.-os-
- Die ideale Arbeitshöhe ist von der Körpergröße des Melkers, der durchschnittlichen Euterbodenhöhe der Herde sowie des Melkstandtyps abhängig. Das bedeutet, dass die Grubentiefe für jeden Betrieb individuell berechnet werden muss.
- Dass die ideale Arbeitshöhe zwischen den Melk-ständen variiert, liegt vor allem am Abstand zwischen Standplatzkante und Euter. Dieser Abstand ist beim SbS am höchsten, da die vorderen Zitzen hier weit entfernt sind. Daher sollte die Grube bei diesem Melk-stand bei vergleichbarer Körpergröße und Euterhöhe nicht so tief sein wie z. B. beim Fischgrätenmelkstand.
- Arbeitet in einem Melkstand lediglich ein Melker bzw. ist die Arbeitshöhe durch einen Hubboden veränderbar, kann mithilfe der neu entwickelten Formel die für den Melkstandtyp, die Körpergröße und Euterhöhe ideale Arbeitshöhe berechnet werden.
- Die ideale Arbeitshöhe bei einem Außenmelkerkarussell sollte wie bei einem Side-by-Side-Melkstand berechnet werden, da auch hier die Melkzeuge durch die Hinterbeine angehängt werden.
- Auch wenn mit der Formel die ideale Arbeitshöhe ermittelt werden kann, schließt dies dennoch nicht gänzlich Probleme des Muskelapparates bei den Melkern aus. Das lässt sich schon dadurch zeigen, dass die Summe aller zu akzeptierenden Winkelgrade aller ausgemessenen Gelenke in keinem Melkstandtyp die Höchstpunktzahl von 75 erreichte.-os-