Die Zahl der Veganer in Deutschland steigt rasant. Längst ist die Debatte um das richtige Essen von Fakten entkoppelt.
Am letzten Wochenende war ich nach langer Zeit mal wieder bei einem Musikkonzert in der Hauptstadt. Während ich in der Pause für Bier anstehe, lese ich „vegane Currywurst“. Klar, Berlin, Currywurst – aber vegan? Ich überlege, was da drin sein könnte?
Bestimmt Tofu aus Soja aus Südamerika. Später treffe ich noch einen alten Studienkollegen. Er macht jetzt...
Die Zahl der Veganer in Deutschland steigt rasant. Längst ist die Debatte um das richtige Essen von Fakten entkoppelt.
Am letzten Wochenende war ich nach langer Zeit mal wieder bei einem Musikkonzert in der Hauptstadt. Während ich in der Pause für Bier anstehe, lese ich „vegane Currywurst“. Klar, Berlin, Currywurst – aber vegan? Ich überlege, was da drin sein könnte?
Bestimmt Tofu aus Soja aus Südamerika. Später treffe ich noch einen alten Studienkollegen. Er macht jetzt Marketing für vegane „Joghurts“. Sein Arbeitsplatz liegt in einem teuren Büro in Berlin-Mitte neben den Ökoverbänden und er kommt gerade aus Amsterdam. Das Geschäft boomt.
Inzwischen leben 10% der Deutschen vegetarisch, davon weniger als 2% vegan. Eigentlich nicht so viel, doch wenn ich mich hier in der Hauptstadt bewege, ist das Thema allgegenwärtig. Meine Kinder trinken zum Glück noch literweise Kuhmilch und essen gern Fleisch. Doch spätestens, wenn Gäste zum Grillen eingeladen werden, wird es kompliziert. Gerade die jungen Mädchen und Frauen essen oft vegetarisch und nicht selten vegan.
Eine Glaubensfrage
Auf Nachfrage steht vegane Ernährung (Verzicht auf Fleisch, Milch, Eier, Honig,…) für mehr Gesundheit, Tierwohl und Klimaschutz. Die vegane Ernährung ist aber über Lebensmittel hinaus längst eine Lebensphilosophie geworden. Nirgends wird so leidenschaftlich gestritten wie in dieser Lifestyle-Frage. Überzeugte Veganer verzichten auch auf Wollprodukte, sind gegen die Jagd und Tierversuche. Außerdem stehen die Haustierhaltung, Zoos und Zirkusse im Ziel der Kritik. Ich frage mich dann oft, wie es so weit kommen konnte? Haben wir vergessen, den Verbrauchern zu erklären, was wir wie tun? Hat die mediale Berichterstattung über skandalöse Tierhaltung dazu geführt? Für Veganer gibt es für jedes tierische Produkt mindestens eine Alternative. Tofu anstatt Fleisch, Kichererbsenmehl anstatt Eier und natürlich die zahlreichen Alternativen zur Kuhmilch: Reismilch, Mandelmilch, Kokosmilch und Sojamilch. Das Bundesamt für Gesundheit warnt inzwischen vor Mangelernährung durch vegane Ernährung vor allem für Alte, Wachsende und Schwangere.
Das ist nicht nachhaltig
Mir schmecken die aufgezählten, oft teuren Milch-Alternativen nicht, und ich finde auch die Herkunft der Produkte bedenkenswert. Über deren Nachhaltigkeit lässt sich trefflich streiten. Reis, Mandeln, Kokos und Soja kommen bestimmt nicht vom Landwirt um die Ecke, sondern aus dem Ausland. Dann fallen mir die Spritzflugzeuge ein, die über unendlich große Mandelplantagen fliegen oder der Sojaanbau auf brandgerodeten Flächen. Das ist nun mit meiner Überzeugung von der Stärkung lokaler Produkte nicht vereinbar. Gestern Abend war ich im Münsterland auf dem Dorf zum Grillen eingeladen. Es gab Fleisch aus lokaler Vermarktung, Haloumi-Käse vom Grill, Salat aus dem Garten und eine kleine Portion Wildschweinpastete. Hier bin ich richtig!