Wenn die Arbeit nicht mehr vom Betriebsleiter und seiner Familie bewältigt werden kann, beginnt die Suche nach einem Mitarbeiter. Auf dem Betrieb Icken in Padingbüttel war es umgekehrt.
Milcherzeuger Thilo Icken und Herdenmanager Florian Burfeind verbindet eine lange Freundschaft. An ein gemeinsames Arbeitsverhältnis haben beide zunächst nicht gedacht, doch mit der Herdenerweiterung des Milchviehbetriebes Icken auf 300 Kühe war eine Zusammenarbeit für beide realisier- und denkbar....
Wenn die Arbeit nicht mehr vom Betriebsleiter und seiner Familie bewältigt werden kann, beginnt die Suche nach einem Mitarbeiter. Auf dem Betrieb Icken in Padingbüttel war es umgekehrt.
Milcherzeuger Thilo Icken und Herdenmanager Florian Burfeind verbindet eine lange Freundschaft. An ein gemeinsames Arbeitsverhältnis haben beide zunächst nicht gedacht, doch mit der Herdenerweiterung des Milchviehbetriebes Icken auf 300 Kühe war eine Zusammenarbeit für beide realisier- und denkbar. Eine glückliche Fügung, wie sich schnell herausstellte: Nicht nur, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt, sie ergänzen sich und treiben sich gegenseitig an – und das mit großem Erfolg. Florian Burfeind hat von Anfang an eine genaue Vorstellung, wie man die Leistung der Tiere verbessern kann und auch Icken erkennt das Potenzial seiner Herde. Er hat den Mut, viele der Ideen umzusetzen. Sie geben einen konkreten Einblick in die Praxis.
Keine lahmen Kühe!
„Ich will keine lahmen Kühe sehen“, so das erklärte Ziel des Herdenmanagers. Alle augenscheinlich lahmen Kühe werden sofort untersucht und gegebenenfalls versorgt. Unabdingbar war dabei die Anschaffung eines neuen Klauenpflegestandes. Ein weiterer wesentlicher Faktor: Zur Vorbeugung müssen alle Kühe zwei Mal pro Woche durch ein Klauenbad. Ein Klauenschnitt erfolgt zwei Mal jährlich. Das systematische Vorgehen zeigt Wirkung, es finden sich kaum noch Kühe auf Tiefstreu.
Die Ausmaße einiger Liegeboxen wurden den Ansprüchen der immer rahmigeren Kühe angepasst. Konkret wurden zunächst versuchsweise einige Boxenbügel und Nackenrohre hochgesetzt. Die Nackenrohre sind jetzt 135 cm über der Liegefläche montiert. Dazu war es nötig, die Pfosten um 20 cm zu verlängern. Der alte Boxenlaufstall wurde für die Trockensteher und tragenden Rinder umgebaut und renoviert und ein Teil der Liegeboxen (Hochboxen) zu Tiefboxen umgebaut. In den Laufgängen wurden die Spalten durch überfahrbare Spalten ausgetauscht. Letzteres erleichtert das Einstreuen erheblich, was zur Folge hat, dass dies jetzt auch sorgfältiger durchgeführt werden kann. Das Ergebnis: Die Kühe liegen mehr. Breitere Übergänge und neue Tränkebecken sorgen für ein Liegeplatzverhältnis von 1:1.
Erfolg durch Routinen
Durch konsequentes Arbeiten an der Kuh konnten Icken und sein Herdenmanager die Pregnancy Rate von 23% (ein guter Wert) auf 31% (Spitzenwert) steigern. Die Fruchtbarkeitsroutine: Am 10. bis 13. Tag nach der Kalbung injizieren sie bei Bedarf nach einer Metritis zur Reinigung der Gebärmutter Prostaglandin (PG). Am 34. und am 48. Tag wird nochmals PG verabreicht (PreSynch). Ab dem 50. Laktationstag wird mit dem Besamen begonnen, sofern die Tiere eine sichtbare Brunst zeigen. Kühe, die bis zum 59. Tag keine Brunst gezeigt haben, kommen in das Fruchtbarkeitsprogramm OvSynch. In dem Programm wird zwei Mal PG verabreicht. Großen Wert legt Florian Burfeind auf zeitgenaue Injektionen: „Abweichungen darf es nicht geben, da es den Besamungserfolg direkt beeinflusst.“ Die Trächtigkeitsuntersuchung erfolgt 32 Tage und 60 Tage nach der Belegung. Fällt diese negativ aus, gehen die Kühe sofort in das OvSynch.
Austausch der Brunsterkennung
Vor Kurzem fand das CowManager-System Einzug in den Kuhstall. Dabei handelt es sich um ein ohrmarkenbasiertes Sensorsystem, das Auskunft über die Fruchtbarkeit, die Gesundheit und den Ernährungszustand der Kühe gibt. Seit der Einführung werden deutlich weniger Kühe in das OvSynch eingegliedert und es finden sich mehr Kühe in Brunst. Mittlerweile liegt die Brunstnutzungsrate bei 74%, die Konzeptionsrate bei 43%. Die Kühe werden im Durchschnitt 2,5-mal besamt, was dem frühen Besamungsbeginn geschuldet ist. Rinder werden im Durchschnitt 1,5-mal belegt.
Die sehr guten Besamungsergebnisse führt der Herdenmanager u.a. auch auf die schonende Behandlung des Spermas vor der Besamung zurück. So taut er maximal drei Portionen gleichzeitig auf, zudem nutzt er Hygienehüllen. „So kann ich verhindern, dass beim Einführen der Pipette Eiter, Blut oder Harn mit eingeführt wird. Es versteht sich von selbst, dass die Scheide der Kuh vor jeder Besamung mit einem Papiertuch gesäubert wird.“ In der Regel setzt der Herdenmanager Bullen von Alta und WWS mit einer überdurchschnittlichen Konzeptionsrate ein. Die 50% schlechteren Tiere nach Milchleistung werden mit Angus besamt, so auch auffällige Rinder. Seit Kurzem werden die Rinder mit gesextem Sperma belegt, ab der dritten Besamung folgt konventionelles Sperma.
Kälbergesundheit optimiert
Mit ein paar Maßnahmen im Bereich der Aufzucht ist es dem Team gelungen, die Aufzuchtergebnisse deutlich zu verbessern, obwohl die Kälber in Altgebäuden aufgestallt sind. Der Herdenmanager legt großen Wert auf die saubere und akkurate Versorgung der Neugeborenen: Jeder Nabel wird mehrfach mit einer jodhaltigen Lösung desinfiziert.
Bevor das erste Kolostrum gemolken wird, werden die frischabgekalbten Kühe vorgedippt und abgewischt. Das Kolostrum wird mit einem Brix-Refraktrometer auf seine Qualität getestet. Gedrencht wird nur Biestmilch mit einem Brix-Wert von 22. Ist die Biestmilchqualität zu gering, greifen Thilo Icken und Florian Burfeind auf eine Reserve aus der Kolostrumbank zurück. Die Eimer werden nach jeder Mahlzeit ebenfalls gewaschen und desinfiziert. Neu ist auch, dass 30 Minuten vor der ersten Kolostrumgabe die neugeborenen Kälber bereits das erste Mal gegen Rindergrippe geimpft werden. Eine zweite Impfung erfolgt nach sieben Wochen. Mit dieser Maßnahme konnten Lungenerkrankungen im schlecht zu klimatisierenden Kälberstall (Altgebäude) reduziert werden. Zudem waschen sie die Kälberboxen nach Gebrauch und desinfizieren gründlich, um Schadkeimen vorzubeugen. Ab dem 14. Lebenstag wird die Milch über eine Milchbar angeboten. Hierbei kommt ein Milchaustauscher (MAT) mit 60% Magermilchanteil zum Einsatz. Pro Kalb werden davon 4,5 Liter getränkt. Abgesetzt werden die Kälber erst, wenn sie 2,5 kg der Trocken-TMR aufnehmen. Das ist in der Regel von der neunten bis zur zwölften Woche.
Die verbesserte Aufzucht und Renovierung im Rinderstall haben dafür gesorgt, dass die Rinder bereits mit zwölf bis 13 Monaten das zur Besamung erforderliche Mindestgewicht von 400 kg erreichen.
Die Trockensteher erhalten außerdem während der letzten drei Trächtigkeitswochen unter anderem saure Salze, Milchfieber ist dadurch kein Problem. Seitdem die Kraftfutterautomaten der Altmelkergruppe ausgebaut wurden, werden alle Tiere einheitlich mit einer Voll-TMR gefüttert. Auch ein TMR-Audit erfolgte zwischenzeitlich. „Das hat viel gebracht“, erinnert sich der Herdenmanager Florian Burfeind. „Wir haben Winkel auf die verschlissenen Mischwagenschnecken geschweißt, damit sich die Ration wieder optimal durchmischt. Zudem mischen wir die Grassilage jetzt für alle Mischungen mit Wasser vor.“ Zur besseren Auflockerung werden die Gegenschneiden eingesetzt. Im Dezember kommt ein größerer Mischwagen mit 28 m3 zum Einsatz, sodass auch Kraftfutter und Ausgleichsfutter mit der Grassilage zur Zeitersparnis vorgemischt werden kann. Ausgestattet wird der Mischwagen mit einer Überwachungssoftware (TMR-Tracker), um eine akkurate Beladung zu gewährleisten.
Ziel: 40 Liter melken
Gemolken wird die Herde in einem 24iger-Swing Over (Dairymaster). Aktuell liegt der Zellgehalt bei 148.000 Zellen/ml, die Milchleistung bei knapp 36 Liter pro Kuh. „Irgendwann würde ich gerne im Tagesdurchschnitt 40 Liter melken“, erklärt Florian Burfeind. Sofern eine dritte Melkzeit hinzugenommen werden könnte, wäre das Ziel schon sehr bald erreichbar. Allerdings ist es unheimlich schwer, in der Region gute Melker zu finden, weshalb das dreimalige Melken auch so schnell nicht umgesetzt werden dürfte. Ein weiteres Ziel, das der Herdenmanager anstrebt, ist eine durchschnittliche Lebensleistung von 40.000 kg pro Kuh. Bleibt festzuhalten: Es wurde an einigen – kleinen wie großen – Stellschrauben gedreht, um die Milchviehherde des Betriebsleiters Thilo Icken nach vorne zu bringen. Ein gute Portion Vertrauen und Mut, in verschiedene Bereiche zu investieren, ergeben eine Win-win-Situation für die beiden Milchprofis Burfeind und Icken. G. Veauthier