Martin Schröder und seine Familie setzen kaum Technik ein: kein Futtermischwagen, keine Milchmengenmessung, Altgebäude. Doch auch mit einfachsten Mitteln kann man 12.000 Liter melken!
Der schmale Hoflader flitzt durch den Stall. Sehr geübt steuert Seniorchef Helmut Schröder einen Rundballen Grassilage auf dem Futtertisch an, greift mit der Radladerschaufel hinein und verteilt die Grassilage in kleinen Häppchen vor den wartenden Kühen. Anschließend streut er noch einige Schaufeln...
Martin Schröder und seine Familie setzen kaum Technik ein: kein Futtermischwagen, keine Milchmengenmessung, Altgebäude. Doch auch mit einfachsten Mitteln kann man 12.000 Liter melken!
Der schmale Hoflader flitzt durch den Stall. Sehr geübt steuert Seniorchef Helmut Schröder einen Rundballen Grassilage auf dem Futtertisch an, greift mit der Radladerschaufel hinein und verteilt die Grassilage in kleinen Häppchen vor den wartenden Kühen. Anschließend streut er noch einige Schaufeln Maissilage aus einem zweiten Haufen über das bereits vorgelegte Grundfutter. Nach 10 Minuten ist das Futterverteilen erledigt.
„Mais füttern wir nur während der Wintermonate von Dezember bis April“, erklärt Juniorchef Martin Schröder. „Wir kaufen ca. 6 ha Mais zu und silieren ihn in unserem Fahrsilo ein. Gras lagern wir überwiegend in Rundballen.“ Das gehört zur Philosophie des Eifeler Hofnachfolgers: Er setzt darauf, seinen 130 melkenden Kühen bis zu fünfmal am Tag eine frische Ration vorzulegen, um die Futteraufnahme zu maximieren. „Durch die Rundballen gibt es keine Anschnittfläche und keine Nacherwärmung, nach drei bis vier Stunden ist der Futtertisch wieder leer. Und bei 130 Kühen lohnt es sich nicht, jedes Mal Trecker und Futtermischwagen anzuwerfen, wenn wir füttern wollen“, ist Martin Schröder von seinem System überzeugt. Die Kühe wissen, dass sie stets frisches Futter am Futtertisch vorfinden. Das sorgt für eine Futteraufnahme von 26 kg TM je Kuh und Tag und mindert die Gefahr für Rangkämpfe. Nur durch die häufige Futtervorlage lässt sich zudem das nicht ganz ausgewogene Tier:Fressplatz-Verhältnis im Dreireiher ausgleichen.
Rationsgestaltung über Kraftfutter
Die Ration besteht im Winter zu einem Drittel aus Mais und zwei Dritteln aus Gras. „Gemischt“ wird durch regelmäßiges Anschieben. „Wir haben manchmal zu wenig Futter, das fängt der Mais auf. Zudem arbeitet es sich mit Mais etwas leichter, der Kot ist konstanter und die Kühe weniger empfindlich“, stellt er fest. Füttert er nur Gras, ist es ihm wichtig, den Schnittzeitpunkt auf seinen Flächen genau zu treffen. Zu viel Zucker führt zu Durchfall, zu viel Struktur verschenkt die dringend nötige Energie. Ziel ist ein Energiegehalt von 6,7 MJ NEL sowie ein Rohfasergehalt von mind. 25%. Den Übergang im Herbst und im Frühjahr gestaltet er einfach: „Für zwei bis drei Wochen verschneide ich Gras und Mais in steigenden Anteilen.“ Es rappelt in der runden Metallschale, als Kuh „Hiltrud“ den Futterstand betritt und ihre Pellets abruft. Zwei Futtersorten (Kraft- und Ausgleichsfutter) sowie Mineralfutter und Getreide ergänzt Martin Schröder bei allen Kühen über eine Transponderfütterung. „Das ist meine Möglichkeit, die Ration anzupassen. Ein Kilo weniger Gras, ein halbes Kilo mehr Stroh – das geht bei uns ja nicht“, erklärt er mit ruhiger Stimme. Aufgrund der geringen Lagerkapazitäten muss er alle drei Wochen Kraftfutter bestellen. Abhängig vom Aussehen der Kühe, der Milchmenge, den Milchinhaltsstoffen und den Harnstoffwerten, über die er seine Fütterung kontrolliert, passt er mit seinem Futterberater Kraft- und Mineralfutter an.
Auch die Trockensteher erhalten seit wenigen Wochen eine individuelle Fütterung über einen Transponder. Eine gesonderte Mineralergänzung war nötig geworden, weil in den vergangenen Monaten viele Tiere zu früh gekalbt hatten. Mit einem Trockenstehermineral soll dieses Problem nun der Vergangenheit angehören. Die Trockensteher leben im alten Schweinestall, einem Raum mit niedriger, aber isolierter Decke und tief eingestreut mit Stroh. Der Raum ist zudem mit Ventilator, Kraftfutterstation, gedämmten Wänden und Heuraufe ausgestattet.
Altgebäude weiter nutzen
Auch über den hinteren Liegeboxenreihen im Kuhstall ist die Decke niedrig, bevor sich die Halle zum Futtertisch hin öffnet. Vor 19 Jahren hatte Familie Schröder Altgebäude durch eine Anschüttung mit Liegeboxen, Futtertisch und Jungviehgruppen ergänzt. Das ist typisch: Vor jeder Investition überlegen Vater und Sohn, ob sich vorhandene Einrichtungen weiter nutzen und wie sich Kosten einsparen lassen.
So kommt es, dass im 20 Jahre alten Doppel-Sechser Fischgräten-Melkstand zwar alle Verschleißteile regelmäßig ausgetauscht werden. Moderne Technik sucht man jedoch vergebens. „Derzeit brauche ich weder Milchmengenmessung noch Sensortechnik. Ich kenne meine Kühe genau und erhalte Mengen und Inhaltsstoffe ja ohnehin alle zwei Tage von der Molkerei“, sagt Martin Schröder, während er den Liegebereich betritt. Vor Kurzem erst haben Schröders im Stall die letzte vorhandene Reihe Hochboxen mit neuen, gepolsterten Gummimatten ausgestattet. Jetzt verteilen sich die Kühe wieder gleichmäßig zwischen Hoch- und Tiefboxen mit Strohhäckseleinstreu. Ventilatoren hängen hingegen schon seit 14 Jahren (und damit weit früher als bei vielen anderen Betrieben) im Stall. Alte Schweinefutter-Silos enthalten Kraftfutter oder Getreide. Mit ihrer Sparsamkeit erreichen Schröders niedrige Produktionskosten, Futter kostet sie z.B. lediglich 11,2 Cent/kg Milch.
Obwohl der Betrieb somit sehr gut aufgestellt ist, scheuen Helmut und Martin Schröder große Wachstumsschritte. Die ständig steigenden Auflagen seitens Politik und Lebensmitteleinzelhandel sowie der gesellschaftliche Druck und der Klimawandel verunsichern sie. Zusammen mit den niedrigen Preisen heißt es daher erst einmal: weiter wie bisher. Während Helmut Schröder sich um das Füttern, die Kälberaufzucht und die Klauenpflege kümmert, übernimmt Martin das Herdenmanagement, das Melken und teilt sich mit seinem Vater die Außenwirtschaft. Mutter Elisabeth melkt und führt das Büro. Die Zukunft sehen Schröders in jedem Fall im Familienbetrieb.
Viel Zeit im Stall ersetzt die Technik
Wer auf technische Unterstützung verzichtet, braucht ein gutes Auge für Kühe und muss Zeit investieren. Von 6.30 Uhr bis ca. 20.30 Uhr sind Martin Schröder oder sein Vater immer wieder im Stall: Melken, Futteranschieben, Füttern, Klauenpflege, Einstreuen, Boxenpflege dreimal täglich, Brunstbeobachtung, alle zwei Stunden läuft der Spaltenschieber. Auch im Melkstand ist dem zurückhaltenden Hofnachfolger Sauberkeit sehr wichtig. Zweimal täglich nutzt Martin den Hochdruckreiniger: „Hier will ich vom Boden essen können.“
Alle melkenden Kühe leben in einer Gruppe. Eine Woche vor der errechneten Kalbung stallt Martin Schröder die Trockensteher zum Eingewöhnen in die Kuhgruppe um. Einen Tag vor der Kalbung wechseln die Kühe in einen alten Stallteil, wo sie abkalben und anschließend wieder in den Kuhstall eingegliedert werden. Somit arbeitet er ohne Frischmelkergruppe. Besamungen und Klauenpflege (vor dem Trockenstellen und nach Bedarf) übernehmen Schröders selbst. Das Management erledigt Martin über einen Brunstkalender und Netrind. Spätestens alle drei Wochen kontrolliert er mit seinem Tierarzt Tiergesundheit, Fruchtbarkeit und Trächtigkeiten. Seine Kühe kennt er genau: „Ich sehe schon beim Eintreten in den Melkstand, wie es einer Kuh geht.“
Die Arbeit zahlt sich aus: Trotz Aufstockung erreichten Schröders Kühe in den vergangenen sechs Jahren stets eine Leistung von mehr als 12.000 kg Milch. 2018 molken die Kühe 12.200 kg Milch mit 3,9% Fett und 3,5% Eiweiß. Auch die Abgangsleistung von 46.300 kg Milch kann sich sehen lassen. „Allerdings steckt uns der Hitzesommer 2018 noch in den Knochen“, sagt Martin und runzelt die Stirn, „die Zellzahl ist immer noch nicht wieder auf dem gewohnten Niveau von 100.000 Zellen/ml, sondern pendelt um die 180.000 Zellen.“
Leistung durch Zucht…
Auf dem Laufgang schaut Martin Schröder einer langbeinigen weißen Färse mit festem Euter hinterher, die sich zwischen zwei älteren schwarz-weißen Damen hindurchschiebt. Jetzt stiehlt sich doch ein Lächeln auf das Gesicht des jungen Mannes. Die Begeisterung für die Zucht hat er von seinem Vater geerbt. Derzeit nutzt Martin Schröder Bullen von ABS, CRV und RUW, setzt z.B. Crimson, Yoda oder Castor ein. Mithilfe des ABS-Anpaarungsprogramms und seines Zuchtberaters wählt er die passenden Väter aus. Großen Wert legt er auf Töchterfruchtbarkeit, Inhaltsstoffe, Leistung sowie eine problemlose Transitphase.
Alle weiblichen Kälber werden aufgezogen und überzählige Tiere als Zuchtvieh vermarktet. „Derzeit ist der Export wegen Blauzunge eingebrochen und wir vermarkten ab Hof“, sagt Martin Schröder. „Als nächsten Schritt möchte ich eine neue Folienhalle für die Jungtiere bauen. Dann muss ich nicht mehr aus Kapazitätsgründen verkaufen. Wir haben eine gute Herde, verschenken möchte ich meine Rinder nicht.“
…und Grünlandpflege!
Die Sonne bricht durch die Wolken und erhellt das Eifeler Hochplateau. Martin Schröder guckt auf die Uhr. Es stehen noch Arbeiten auf dem Grünland an. Schröders bewirtschaften 90 ha Grünland und 10 ha Ackerland als Feldgras. Mit 380 m über NN, einem Niederschlag von ca. 640mm und 36 Bodenpunkten wirtschaftet die Familie in einer reinen Grünlandregion. Um die vorhandene Fläche bestmöglich zu nutzen, legen Schröders viel Wert auf Grünlandpflege und -erneuerung: Mit einer Nachsaatmaschine werden defekte Stellen ausgebessert, Wildschäden sofort korrigiert und alle Flächen regelmäßig (alle zwei Jahre) nachgesät. Im Frühjahr und Herbst bringt Martin Gülle, nach jedem Schnitt Mineraldünger aus. „Zwischen den Schnitten lasse ich Gülle höchstens einschlitzen. Ich habe den Eindruck, dass die Kühe das Futter schlechter aufnehmen, wenn das Gras zu viel Gülle abbekommen hat“, sagt er. Die restliche Gülle geben Schröders an einen Nachbarn ab, der wiederum Stroh liefert. Während der erste und zweite Schnitt ins Fahrsilo wandert, werden alle Folgeschnitte (3. bis eventuell 5. Schnitt) in Rundballen einsiliert, um gerade bei hoffernen Flächen Transportkosten einzusparen.
Noch jedoch ist es zu früh für den ersten Schnitt. Martin nutzt die Zeit, um Angebote einzuholen. Alle Kälber leben im Gebäude des alten Anbindestalls an einem Tränkeautomat. „Hier muss etwas passieren“, sagt er, „allerdings bin ich nicht bereit, 250.000 Euro für einen neuen Kälberstall auszugeben. Deswegen suche ich noch nach einer günstigeren Lösung, z.B. der zweiten Rundbogenhalle.“
Martin Schröder mag seinen Alltag, trotz der vielen Arbeit – und gerade wegen den Kühen: „Ich finde, man sollte jede Kuh so behandeln, als sei es die Beste im Stall“, sagt er. Ein prüfender Blick in Richtung Trockensteher-Gruppe, dann läuft Martin zurück in den Kuhstall. Zeit zum Füttern!
Christine Stöcker-Gamigliano