Homogen soll sie sein! Nur eine einheitliche Herde lässt sich für Milcherzeuger Silvio Griepentrog optimal managen. Wie sieht seine Ideal-Kuh aus?
Mehrere glänzende Mäuler strecken sich nach vorne. Schnuppern. Langsam, eine Klaue vor die andere ins Stroh setzend, kommen die Färsen auf Silvio Griepentrog zu. Der Milcherzeuger aus Mecklenburg-Vorpommern steht im Trockensteherstall seiner Färsengruppe. Sein Blick schweift über die mittelrahmigen, gut und gleichmäßig entwickelten Jungkühe....
Homogen soll sie sein! Nur eine einheitliche Herde lässt sich für Milcherzeuger Silvio Griepentrog optimal managen. Wie sieht seine Ideal-Kuh aus?
Mehrere glänzende Mäuler strecken sich nach vorne. Schnuppern. Langsam, eine Klaue vor die andere ins Stroh setzend, kommen die Färsen auf Silvio Griepentrog zu. Der Milcherzeuger aus Mecklenburg-Vorpommern steht im Trockensteherstall seiner Färsengruppe. Sein Blick schweift über die mittelrahmigen, gut und gleichmäßig entwickelten Jungkühe. „Homogenität“, antwortet der Betriebsleiter nach einer kurzen Pause auf die Frage nach seinem wichtigsten Erfolgsfaktor für hochleistende, langlebige Kühe.
Neben der Homogenität wünscht sich Silvio Griepentrog eine unproblematische, gesunde und funktionale Kuh, dabei darf die Milchleistung natürlich nicht fehlen. „Unsere Liegeboxen und das Melkkarussell kann ich nur mit mittelrahmigen Kühen optimal managen. Großrahmige Kühe passen bei uns nicht rein, da wir die Tiere in einer 42 Jahre alten Anlage halten.“ Sie stammt aus dem Jahr 1976 und ist ein Typstall 1930 mit fünf Segmenten und innenliegendem Futtertisch mit Futterbändern. Die 1.575 Kühe der Familie Griepentrog (Mecklenburg-Vorpommern) gaben in den vergangenen Jahren im Schnitt fast 13.000 kg Milch. Die Lebenstagsleistung lag letztes Jahr bei 20,4 kg, insgesamt 55 Kühe der Herde haben im Laufe der Zeit die 100.000 kg-Marke geknackt.
Anpaarung: Genotyp entscheidet
Um diese Ideal-Kuh im Stall stehen zu haben, lässt Silvio Griepentrog, der den Betrieb vor einem Jahr von seinem Vater Klaus übernommen hat, seit 2016 über das Programm KuhVision seine Nachzucht komplett genotypisieren. Auch in den Jahren davor hat er bereits Jungtiere untersuchen lassen, sodass er inzwischen einen sehr guten Überblick über das genetische Potenzial seiner Herde hat. „Ich vertraue voll auf die Genomik!“, sagt Silvio Griepentrog mit fester Stimme. Deshalb lässt er seit Anfang diesen Jahres das Anpaarungsprogramm nur noch mit den Informationen aus der Genotypisierung laufen. „Bei uns steht die einzelne Kuh im Fokus. Deshalb lege ich mich nicht auf Vererber fest, sondern suche den passenden Bullen für das Einzeltier.“ Sind zwei oder drei Vererber gleich gut geeignet, richtet sich der Betriebsleiter auch nach den Gesundheitsmerkmalen. Zudem hat er seit einiger Zeit die Melkbarkeit im Fokus, da er in den nächsten Jahren auf automatisches Melken umstellen möchte. Die Nutzungsdauer, die bei seiner Herde derzeit bei 37.800 kg Lebensleistung liegt, verbessert er eher über die einzelnen Parameter wie Euter und Exterieur, als dass er den Nutzungsdauer-Zuchtwert für die Anpaarung heranzieht. Das seine Strategie aufgeht, sieht man im Stall. Nicht nur dass die Kühe lange im Betrieb bleiben, sie haben auch durch die Bank feste, mit einem straffen Zentralband aufgehängte Euter.
Auf der einen Seite das Einzeltier, steht für den Betriebsleiter auf der anderen aber die Wirtschaftlichkeit der gesamten Herde im Vordergrund. Welches Tier bleibt, welches geht, entscheidet Griepentrog je nach Situation. Ist der Schlachtkuhpreis hoch und der Milchpreis niedrig, gehen eher die älteren Kühe. „Ich verscherble keine abgekalbte Färse für 1.000 €, um eine alte Kuh zu halten“, sagt er bestimmt. Sieht der Markt anders aus, verkauft er auch schon mal tragende Rinder. „Es muss einfach passen.“
Motivation ist wichtig
Nebelschwaden hängen in der Luft. Das Wasser spritzt von den Kotblechen in alle Richtungen. Ein Mitarbeiter reinigt mit einem Hochdruckreiniger das 40er-Innenmelker-Karussell.
„Der Melkstand wird nach jeder Melkschicht sehr gründlich gereinigt. Darauf achtet der Karussell-Meister.“ Die Motivation seiner Mitarbeiter ist für Silvio Griepentrog ein weiterer Schlüsselfaktor. Nur wenn sie mitziehen, lassen sich die gesteckten Ziele erreichen. Dabei ist es für ihn wichtig die Mitarbeiter nicht zu überfordern: „Wenn alle Mitarbeiter am Limit laufen oder ich sie überfordere, dann merkt man das an den betrieblichen Kennzahlen.“ Deshalb legt der Unternehmer Wert darauf, dass seinem jungen Herdenmanager nur Schritt für Schritt Verantwortung übertragen wird und er nicht einfach „ins kalte Wasser gestoßen wird“.
Auch bei der Arbeitszeiteinteilung versucht Silvio Griepentrog den Wünschen der Mitarbeiter entgegenzukommen. Daher hat er die Melkschichten so geplant, dass eine Schicht im Karussell ca. 7,5 Stunden dauert. So müssen die Mitarbeiter ihre Schicht nicht teilen und zweimal am Tag kommen. Zudem sind sie dann mit dem Melken ausgelastet und müssen nicht noch andere Arbeiten übernehmen. Damit alle die gleichen Arbeitsbedingungen vorfinden, rotieren die Mitarbeiter zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht, bleiben dabei aber immer, soweit möglich, in einem Team.
Zwölf Mitarbeiter gehören zum Melkteam. Immer drei Leute arbeiten zusammen in einer Schicht: der Karussell-Meister, der die Verantwortung trägt, ein zweiter Melker, sowie ein Mitarbeiter, der die Kühe zum Melken treibt und Boxen pflegt. „Der Karussellmeister ist z.B. dafür verantwortlich, dass die Melkroutine eingehalten wird oder Bescheid zu geben, wenn Tiere auffallen.“ Dadurch, dass Silvio Griepentrog Verantwortungsbereiche vergibt und dies auch vergütet, kann er sichergehen, dass die Arbeiten im Melkstand zu seiner Zufriedenheit erledigt werden.
Verantwortung übertragen
Zu den insgesamt 27 Mitarbeitern gehören auch der Herdenmanager, die Fütterer, Mitarbeiter für Kälber und Klauenpflege. Alle im Team sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Darüber hinaus gibt es auch Springer, die bei Urlaub oder Krankheit aushelfen können. Besonders ist auch, dass ein hauptverantwortlicher Karussellmeister für Desinfektion, Hygiene und Ersatzmaterial verantwortlich ist. Zudem gibt es einen Mitarbeiter, der für die Stalleinstreu und -sauberkeit zuständig ist. Für den Reproduktionsbereich, also für die Brunstüberwachung und die Besamungen, nutzt Silvio Griepentrog seit sechs Jahren das Dienstleistungsangebot der Rinderallianz: „Hier sind Spezialisten gefragt.“
Auch Auszubildende arbeiten auf dem Betrieb Griepentrog mit, in diesem Jahr insgesamt neun. „Uns ist eine fundierte Ausbildung wichtig. Daher versuchen wir die jungen Leute auch im Schulischen zu unterstützen“, sagt Silvio Griepentrog mit Nachdruck. Aus ihren Reihen können Griepentrogs immer wieder neue Facharbeiter gewinnen. „Unser jetziger Herdenmanager hat bei uns gelernt.“
Neben der Übertragung von Verantwortung möchte Silvio Griepentrog seine Mitarbeiter über Fortbildungen motivieren. So fährt die Kälberfrau zu Vortragsveranstaltungen über Kälber, andere Mitarbeiter nehmen an Betriebsbesichtigungen teil. Schulungen wie z.B. ein Seminar zur Geburtshilfe organisiert der Betriebsleiter gerne direkt auf dem Betrieb. Zur Motivation gehört für ihn außerdem, dass die Mitarbeiter auch öffentlich am Erfolg teilhaben. Auszeichnungen nimmt er deshalb oft nicht selbst entgegen, sondern sein Herdenmanager. Für ihn kein Problem, als Milcherzeuger nicht vorne auf dem Podium zu stehen? Der Betriebsleiter lacht: „Nein, das ist kein Problem. Unser Herdenmanager hat doch großen Anteil am Erfolg.“
Künftig automatisch
So überzeugt Silvio Griepentrog vom Erfolgsfaktor „Mitarbeiter“ ist, so genau weiß er auch, dass es nicht immer so einfach bleiben wird, motivierte Mitarbeiter zu finden: „Wir müssen an die Zukunft denken. Im Moment haben wir noch gut ausgebildete Facharbeiter. Ich bezweifle aber, dass wir diese Mitarbeiter auch in ein paar Jahren noch in dem Maße finden können, wie wir sie brauchen. Deshalb wollen wir auf Automatisierung setzen.“
Gerne würde er in einen neuen Stall und automatisches Melken investieren. Die positiv beschiedene Bauanfrage liegt bereits in seiner Schreibtischschublade, aber endgültig entschieden hat er sich nicht. „Um mich für einen Neubau mit automatischem Melken zu entscheiden, muss sich der Milchpreis erstmal stabil zeigen. Außerdem habe ich mich noch nicht entschieden, welche automatische Technik es tatsächlich wird“, sagt Silvio Griepentrog und zuckt mit den Schultern. Egal ob automatisches Karussell oder eine dezentrale Lösung: „Es muss mindestens 200 Kühe pro Stunde schaffen.“ Damit könnte er pro Melkschicht mit zwei, anstatt mit drei Mitarbeitern planen und dabei das Management größtenteils beibehalten.
Als weiteren Pluspunkt des automatischen Melkens sieht Silvio Griepentrog die Gleichmäßigkeit des gesamten Melkprozesses. „Denn Kühe lieben Routinen“, doch trotz Melkerschulungen und streng vorgegebenen Melkroutinen, könne da der Mensch nicht mit dem Melkroboter mithalten.
Fütterung ist ein Drahtseilakt
Der gelbe Selbstfahrer biegt um die Ecke, fährt langsam auf den Futtertisch des Trockensteherstalls und lässt das Futter fallen. Ein Kuhkopf nach dem anderen taucht unter dem Nackenrohr hindurch, gräbt sein Maul ins Futter und beginnt zu fressen.
Die Fütterung ist für den Milcherzeuger ein weiterer Erfolgsgarant. Dazu zählen für ihn sehr gute Grundfutterqualitäten und die mehrmalige Futtervorlage am Tag durch die Futterbänder im Stall der laktierenden Kühe. Diese erreichen dann auch eine Futteraufnahme von 26 kg Trockenmasse.
In normalen Jahren haben Griepentrogs mehr als ausreichend Futter für die Kühe und Nachzucht. Dass auch die Qualitäten passen, dafür sorgt Silvio Griepentrogs Bruder Andy (Gesellschafter) im Futterbau. Doch in diesem Jahr ist die Futtersituation kritisch. Nach dem sehr nassen Winter und dem trockenen Sommer musste der Milcherzeuger überlegen: Futter zukaufen oder Kühe abstocken?
Beide Varianten hat er durchgerechnet: „Kühe abstocken hätte auch bedeutet, dass wir Mitarbeiter entlassen müssen. Die hätten wir in den nächsten Jahren nicht wiederbekommen. Das hat für uns keinen Sinn gemacht.“ Deshalb kam nur der Zukauf von Gras- aber auch Maissilage infrage. Dabei hatten Griepentrogs noch Glück im Unglück. Denn sie hatten in 2018 deutlich mehr Mais angebaut als in normalen Jahren. „Aufgrund des vielen Regens im Herbst und Winter haben wir auf vielen Schlägen Mais anstatt Winterweizen gesät.“ Geerntet hat er aber auch hier deutlich weniger als in Durchschnittsjahren. Anstatt 40 bis 45 t waren es in diesem Jahr eher 30 t.
Vor allem die Grassilage ist jetzt der begrenzende Faktor: „Bis März habe ich noch Gras, ist setze jetzt ganz auf den vierten Schnitt im Oktober. Auch wenn die Qualität sicherlich zu wünschen übrig lässt.“ Denn vom ersten Grasschnitt in diesem Jahr kann er für die Kühe schon nur ca. ein Drittel nutzen. „Unsere Niedermoor-Standorte waren im Winter überschwemmt. Deshalb konnten wir hier nur Heu für die Jungtiere bergen.“ Der zweite Schnitt, auf den Silvio Griepentrog hoffte, war dann schon ein Desaster. Da konnte er nur 10% normaler Jahre ernten. Mit dem dritten ließ sich dann wenigstens ein Silo füllen. „Es ging da nur noch um Masse, nicht mehr um Klasse.“
Trotz der schlechten Erfahrungen lehnt Griepentrog es aber ab, in den nächsten Jahren größere Grundfutterreserven zu bilden. „Das ist zu teuer. In unserer Region bieten sich sicherlich immer Möglichkeiten Futter zuzukaufen.“
„Die Kuh hat immer Vorrang“
Last but not least hat auch der Kuhkomfort einen Anteil an der langlebigen, gesunden Herde. „Sicherlich entsprechen die Stallmaße nicht mehr heutigen Ansprüchen. Aber wir tun alles, damit es den Kühen gut geht.“ Dazu gehört, dass nahezu das ganze Jahr über die Ventilation (Querlüftung) im Stall läuft. Auch die großzügige Einstreu mit dem „schwarzen Gold“ aus der Gülleseparation ist für den Milchkuhhalter ein Garant dafür, dass es den Kühen gut geht. Insgesamt 25 bis 30 m3 (25 bis 30% TM) werden hiervon an fünf Tagen in der Woche in den Boxen verteilt.
Trotz all der guten Kennzahlen ist der Unternehmer überzeugt: „Ein neuer Stall würde uns weiterbringen.“ Anmerkung der Redaktion: Wir kommen gerne zur Stallbesichtigung wieder! B. Ostermann-Palz