Kälberaufzucht

Taxi oder Tränkeautomat?

Die Kälber mit einem Misch- und Verteilwagen manuell tränken oder von einem Automaten tränken lassen? Arbeitswirtschaft, Typ Mensch und das Interesse an Tierdaten lenken diese Entscheidung.

Welches Tränkesystem eignet sich für einen Betrieb? Entscheidende Kriterien sind hier, dass die Technik den Bedürfnissen des Kalbes gerecht wird, die jetzigen und künftigen betrieblichen Gegebenheiten in Arbeitsorganisation und -wirtschaft sowie Tierkontrolle und Datenbedarf, und weniger die Anschaffungskosten oder das Fabrikat.

Fabrikat und Kosten sind Nebensache!

Eher nebensächlich sind die Fragen nach Hersteller und Höhe der reinen Anschaffungskosten. Denn die Modelle der Milchtaxis und Tränkeautomaten sind ausgereift und praxiserprobt. Die Entscheidung für das Fabrikat sollte vor allem von der Verfügbarkeit eines fähigen Händlers und Servicetechnikers abhängen.

Außerdem ist auch die Spanne der Anschaffungskosten unter ihnen ähnlich. Das Kostenverhältnis zwischen Mobil und Automat liegt bei 1:2 und je nach Volumen und Ausstattung (!) kosten manuell-mobile Lösungen zwischen 8.000 € und 15.000 € und die automatisch-stationären bis zu 30.000 €.
Die Preisspannen zeigen, dass die Auswahl an Ausführungsoptionen breit ist. Für jeden Anspruch eine Lösung – die Hersteller bauen die Geräte daher in der Regel nach Bestellung.

Auch beim Einsatz eines Tränkeautomaten bedarf es einer visuellen Tierkontrolle. (Bildquelle: Werkbild)

Zu bedenken ist bei Tränkeautomaten, dass bei einer Neuanschaffung zusätzlich Kosten für Trinkwasser-, Abwasser- und Stromanschlüsse hinzukommen. Sie sind zudem standortgebunden, die Stalllösung muss passen.

Die mobilen Milchverteilwagen sind durch ihre Mobilität ortsungebunden und können überall Kälber mit Milch versorgen. Durch die Mobilität ist ihre Technik jedoch auch hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Daher sind sie vergleichsweise anfälliger für Reparaturen.

Zwischenfazit: Tränkeautomaten benötigen eine Infrastruktur. Mobile Lösungen sind praktisch für Betriebe, die ihre Kälber an mehreren Standorten/Iglus halten. Tipp: Wer einen neuen Kälberstall plant, sollte daher unbedingt, auch wenn es noch nicht ansteht, Anschlüsse und Platz für eine Automatenlösung vorsehen bzw. einrichten.

1. Wie sollen die Kälber trinken?

In der Kälberaufzucht werden die besten Leistungen mit Tränkemengen von rund 12 l/Tag in vielen Mahlzeiten und über mehrere Wochen (bzw. ad libitum) sowie einem langsamem Abtränken erreicht. Im Umkehrschluss auf den Arbeitsaufwand bedeutet das bei der mobilen Lösung und einer warm-süßen Milchtränke, dass die Kälber 3 x täglich gefüttert werden müssen und bei einer kalt-sauren Tränke 2 x täglich. Und zwar zu festen Zeiten! Dazu kommt die Zeit für das Befüllen und Reinigen des Gerätes und der Tränkeeimer/-behälter, die Fahrt und das Ausdosieren.

Ein Automat erledigt das alles autark und die Mahlzeiten werden sogar in noch kleineren Portionen zugeteilt. Doch auch der Automat bedarf täglich einer manuellen „Pflege“. Eine sachkundige Person muss ihn 2 x täglich auf Funktion sowie die Betriebsmittel Milchaustauscher bzw. Vollmilch und Reinigungsmittel kontrollieren und diese auffüllen sowie die Alarmlisten abarbeiten.

MilkShuttle

Die Arbeit mit mobilen Lösungen bedeutet oft mehr Handarbeit. (Bildquelle: Veauthier)

Wenn am Automaten mit Vollmilch gearbeitet wird, kommt die Arbeit mit einem extra Pasteur bzw. Ansäuern der Milch sowie Reinigen und Befüllen der Vorratsbehälter hinzu, hier können Taxis mit integriertem Pasteur Vorteile haben. Das Anlernen neuer Kälber ist eine weitere Aufgabe, ebenso wie der Betriebsservice, der aufwendiger ist, als bei den Milchtaxis. Die Arbeiten sind am Automaten zwar flexibler, müssen aber trotzdem fest organisiert sein.

Automaten haben andere Vorteile: Die Tränkekurven sind hinterlegt und werden automatisch abgewickelt. Eine Veränderung der Tränkezusammensetzung und -konzentration ist möglich und in Kombination mit Gewichtsdaten kann hierbei entwicklungsbedingt gearbeitet werden.

Die Milchtaxis sind in diesen Möglichkeiten begrenzt. Tränkekurven können zwar auch tier- und gruppenindividuell durch die Software geregelt werden, indem die Tränkekurven den Boxen zugeordnet werden, präziser lösen können dies jedoch Tränkeautomaten. 

Zwischenfazit: Ein Automat bietet eher ernährungsphysiologische Vorteile für das Kalb und Arbeitszeiteinsparung. Soll mit Vollmilch getränkt werden, können mit einem Pasteur ausgestattete Taxis hingegen einen Kosten- und Arbeitszeitvorteil haben. Ein hohes Hygienebewusstsein ist am mobilen System immer ein Muss, nicht nur bei Vollmilch!

2. Wer soll die Arbeit erledigen?

Ausgehend davon, wie Intensität und Art der Tränke auf einem Betrieb organisiert sind, kann der Aufwand bei beiden Systemen hoch ausfallen. Die Arbeit mit mobilen Lösungen bedeutet oft mehr Handarbeit, obwohl Reinigung und Befüllen durch Programme optimiert sind.

Bei der Frage nach der Arbeitswirtschaftlichkeit ist objektiv gesehen die Person, die für das Herdenmanagement oder Betriebsleitung zuständig ist, definitiv zu teuer, um mit den mobilen Systemen Kälber zu tränken! Das technische Verständnis, das der Anwender für einen Tränkeautomaten braucht, ist nicht viel anders, als bei mobilen Lösungen, denn in beiden Geräten steckt umfangreiche Software. Wichtig ist, dass die Bedienoberfläche leicht verständlich ist. 

Wichtig ist zudem, welche Person für die Tierkontrolle zuständig ist. Bei beiden Systemen muss täglich ein Mensch mit sehr gutem Tierblick vorhanden sein!

Automaten sammeln viele Daten zu Tränkeverhalten (Menge, Anzahl und abgebrochene Besuche), Aktivität (Sauggeschwindigkeit, Anzahl und abgebrochene Besuche) und Gesundheit (Gewicht, Körpertemperatur, Sauggeschwindigkeit). Um diese sinnvoll nutzen zu können, muss der Herdenbetreuer sie richtig „lesen“. Eine visuelle Tierkontrolle können die Daten nie ersetzen! 1 bis 2 x täglich muss also ein Mitarbeiter in die Gruppen gehen und jedes Kalb aufstehen lassen. Nur so lassen diese sich sicher auf Krankheitsanzeichen prüfen. Das erfordert Disziplin.

Beim Tränken mit den Milchtaxis sind Struktur und Tierkontakt dagegen vorgegeben, da jedes Kalb 2 bis 3 x täglich „angefahren“ wird. Hier kann die Tierkontrolle gut nebenher funktionieren. So markiert etwa im Großbetrieb die „Kälberfrau“ bzw. der „Kälbermann“ beim Milchverteilen auffällige Tiere und teilt sie dem Verantwortlichen zur Nachkontrolle mit.

Zwischenfazit: Je nachdem, wie sicher und systematisch die manuelle Tierkontrolle erfolgt, kann sie den Arbeitszeitvorteil des Automaten gegenüber dem Taxi reduzieren. Je mehr Kälber und je öfter getränkt wird, desto größer wird die Arbeitszeitersparnis durch die Tränkeautomaten jedoch.

Jungviehaufzucht

Jungrinder ab dem 6. Monat bremsen

von Katrin Schiewer

Was tun, wenn die intensiv aufgezogenen Kälber als Rinder zu früh, im Extremfall schon mit einem Jahr zucht- bzw. besamungsreif werden?

Immer alle Möglichkeiten offen lassen! Bei einem Stallneubau sollten alle Serviceeinrichtungen (Wasser, Strom) mit eingeplant werden, auch wenn noch kein Automat gekauft wird. (Bildquelle: Werkbild)

3. Welchen Wert haben die Tierdaten?

Die Tierdaten, die die Automaten objektiv erfassen und verfügbar machen, sind wertvoll. Sie können für einen guten Überblick sorgen und zur Kontrolle und Selektionsentscheidungen herangezogen werden. Idealerweise können sie so dabei helfen, die Wirtschaftlichkeit der Aufzucht und die Effizienz späterer Kühe zu steigern. Die Milchmobile können durch die fehlende Sensorik am Tier bzw. Nuckel keine vergleichbaren Daten liefern.

Derzeit arbeiten die Hersteller daran, die Kälberdaten in die Herdenmanagement-Programme für Kühe zu übertragen, um so später Rückschlüsse auf die Aufzuchtphase zu ermöglichen.

Die Übertragung der Daten erleichtern würde es, wenn in Deutschland Kälber standardisiert mit Lebendohrmarken (RFID-Tag integriert) gekennzeichnet würden. So könnte auf die zweite Nummer des Herstellertransponders verzichtet werden.

Zwischenfazit: Wer im Management mit tierindividuellen Aufzuchtdaten arbeiten möchte, kommt an Tränkeautomaten nicht vorbei!

Fazit:

  • Automaten haben zwei große Vorteile: Die Nährstoffversorgung lässt sich gezielter an die Entwicklung des Einzeltieres anpassen und sie liefern objektive Tierdaten für das Management.
  • Mobile Systeme sind weniger tierindividuell, aber weiterhin die beste Lösung für Betriebe, die ihre Kälber an mehreren Standorten halten.

Nehmen bereits neugeborene Kälber reines Wasser aus einem Eimer oder einer Schale auf, fördert das langfristig ihre körperliche Entwicklung.

Familie Fuchs aus Oberschwaben hat die Aufzucht ihrer Kälber bis ins letzte Detail ausgefeilt. Der Dank sind wenig Verluste und gute Verkaufserlöse.


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