Antibiotische Rückstände im Milchtank gehören zu den vermeidbaren Katastrophen im Milchkuhbetrieb, denn Hemmstoffe kommen den Landwirt in jedem Fall teuer zu stehen.
Noch vor zehn Jahren fielen 2% der Tanklieferungen wegen antibiotischer Rückstände auf. Im letzten Jahr waren es nur noch 1%. Dieser Trend ist positiv. Doch ist jeder hemmstoffhaltige Milchtank einer zu viel. Neben rückstandsfreier Trinkmilch brauchen Joghurt- und Käseprodukte bei der Herstellung bestimmte Bakterienkulturen, die sich nur in hemmstofffreier Milch vermehren. Die bekanntesten Hemmstoffe sind Antibiotika, die bei Kühen gezielt eingesetzt werden. Aber auch Reinigungs- und Desinfektionsmittel hemmen ggf. die Bakterienkulturen, genau wie Schädlings- und Unkrautvernichtungsmittel. Milch aus stark entzündeten Vierteln kann hemmend wirkende Enzyme enthalten.
Daneben gibt es natürlich auch noch eine Vielzahl von Substanzen, für die Rückstandshöchstmengen festgelegt sind (z.B. Schmerzmittel). Nach diesen wird stichprobenartig oder bei Verdacht in der gelieferten Milch gesucht. Eingangsuntersuchungen in der Molkerei mit einem „Hemmstoff-Test“ decken Probleme bei der Lieferung auf. Bei positivem Befund muss die Milch unschädlich beseitigt werden. Dem Landwirt entstehen dadurch Kosten, die schnell die 10.000 Euro-Marke (s. Beispielrechnung) überschreiten und unter Umständen zusätzlich zu Prämienabzügen (cross compliance) führen. In jedem Fall kommt der Amtstierarzt auf den Hof und prüft die gute fachliche Praxis.
Sicherheit der Antibiotika-Applikation
Wird ein Tier mit Antibiotika systemisch behandelt, muss die Wartezeit für die Milchlieferung eingehalten werden. Antibiotika ohne Wartezeit für die Milch sind meist so große Moleküle, dass sie die Blut-Euterschranke gar nicht überwinden könnten. Eine Kontamination der Milch wäre also somit ausgeschlossen.
Bei intramammärem Einsatz von Antibiotika werden die Arzneimittel direkt in den Strichkanal eingebracht. Auch hier sind angegebene Wartezeiten ausreichend sicher. Grundsätzlich darf vor Ende der Wartezeit keine Milch geliefert werden, auch wenn die Milch laut Test frei von Hemmstoffen wäre (Gesetz zum Schutz des Verbrauchers).
Somit kann eigentlich ausgeschlossen werden, dass das Medikament bei korrektem Gebrauch in die abgelieferte Milch gelangt. Rund um das Tier werden auch andere, das Bakterienwachstum hemmende, Stoffe eingesetzt (Dippmittel oder Klauenbäder). Untersuchungen bei Standardanwendungen haben gezeigt, dass eine Kontamination der Milch generell nicht möglich ist.
Im Notfall überlegt handeln
Wird die Melkung einer positiven Kuh noch rechtzeitig vom Landwirt bemerkt, sollte er unbedingt die Molkerei und den Fahrer des Milchtankwagens über eine mögliche spätere Abholung informieren und selbstständig eine Milchprobe untersuchen lassen, ggf. war es doch ein Irrtum. Anderenfalls sollte die Tankmilch komplett unschädlich beseitigt werden, dies wird die Molkerei nach Rücksprache ohnehin empfehlen. Denn wenn mit Hemmstoffen geliefert wird – und die Nachweisgrenze ist niedrig! (1 μg/kg Milch) – wird dies Folgen für den Milcherzeuger haben: Die Übernahme der Milch durch die Molkerei wird ausgeschlossen, der Betrieb hat die Hemmstoff-Freiheit durch ein entsprechendes Labor nachzuweisen. Der Amtstierarzt kontrolliert den Milchkuhbetrieb und im Rahmen der Cross-Compliance-Richtlinien können, insbesondere bei wiederholten Verstößen, empfindliche Einbußen drohen.
In den nachgewiesenen „Rückstands-Fällen“ sind die Molkereien stets bemüht, die Ursachen mit dem betroffenen Landwirt gemeinsam zu klären.
Tests für den Betrieb
Mikrobiologische Tests: Der Brillantschwarz- Reduktionstest (BRT) bietet durch seine einfache Anwendung große Vorteile. Es sind aber keine einzelnen Antibiotika und nicht alle Antibiotika (zum Beispiel Chinolone) nachweisbar. Hohe Zellgehalte und bestimmte Enzyme (z.B. Lysozym) können das Ergebnis beeinflussen. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis drei Stunden.
Tests für die Molkerei
Die in Molkereien oft verwendeten Hemmstoff-Tests funktionieren vereinfacht nach im Folgenden erklärten Prinzipien:
- Mikrobiologische Tests: Sehr sensible BRTs weisen die Anzahl der verschiedenen Antibiotika nach.
- Rezeptor-Tests: Diese werden von Molkereien zum Ausschluss einer Kontamination des Tankwagens genutzt und dauern wenige Minuten. Nachweisbar sind die meistverwendeten Antibiotika am Euter (u.a. Penicillin, Amoxicillin, aber auch Ceftiofur und Cefoperazon). Es werden jedoch nicht alle Hemmstoffe nachgewiesen.
- Chromatografische Tests: Diese kostenintensiven Tests werden nur in spezialisierten Labors mit HPLC-Technik durchgeführt.
- Immunologische Tests: Das ELISA-Verfahren weist die Art und die Menge des Hemmstoffes nach und wird nur in spezialisierten Labors durchgeführt. Derzeit ist der Nachweis von 14 der am häufigsten angewendeten Antibiotika möglich. Eine spezielle Methode eines BioSensor-Systems wurde hierfür interdisziplinär an der LMU und TU München entwickelt und kommt nun zum Einsatz