Der Fütterung der Rinder wird oft nur wenig Beachtung geschenkt. Färsen sollten weder als Hungerhaken noch überkonditioniert in die erste Laktation starten. Welche Rückenfettdicke optimal ist, zeigte eine Untersuchung an der Klinik für Klauentiere, FU Berlin.
Die Nutzungsdauer der Kühe stagniert. Nur etwa ein Fünftel der Kühe erreicht die vierte Laktation. Zurückzuführen...
Der Fütterung der Rinder wird oft nur wenig Beachtung geschenkt. Färsen sollten weder als Hungerhaken noch überkonditioniert in die erste Laktation starten. Welche Rückenfettdicke optimal ist, zeigte eine Untersuchung an der Klinik für Klauentiere, FU Berlin.
Die Nutzungsdauer der Kühe stagniert. Nur etwa ein Fünftel der Kühe erreicht die vierte Laktation. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die hohen Abgangsraten bei den Erstkalbinnen. Viele Jungkühe gehen frühzeitig ab, weil sie nicht tragend werden. Die Körperkondition der Färsen vor bzw. kurz nach der ersten Kalbung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Fruchtbarkeit sowie Gesundheit und damit die Langlebigkeit der Tiere.
Messungen an 646 Färsen
Das Ziel einer von der FU Berlin durchgeführten Untersuchung war es, den Einfluss der Körperkondition von Erstkalbinnen auf deren spätere Gesundheit und Leistungsbereitschaft aufzuzeigen. Deshalb standen folgende Fragen im Mittelpunkt der Untersuchung:
Ist die Rückenfettdicke (RFD) der hochtragenden Färse mit einem erhöhten Vorkommen von Schwer- und Totgeburten sowie einer erhöhten Kälbergeburtsmasse verbunden?
Hat die RFD einen Einfluss auf die Qualität und Menge an Kolostrum?
Besteht ein Zusammenhang zwischen der RFD und der Fruchtbarkeit sowie der Milchleistung in der ersten Laktation?
Wie stark korreliert eine Über- bzw. Unterkondition mit Krankheiten in der Laktation und einer erhöhten Abgangsrate?
Wie sollte die optimale Körperkondition der Erstkalbinnen aussehen?
Um diese Fragen beantworten zu können, wurde eine Untersuchung auf einem Betrieb an 646 hochtragenden HF-Färsen mit einem durchschnittlichen Erstkalbealter von 22 Monaten durchgeführt. Ab dem 259. Trächtigkeitstag überwachten geschulte Mitarbeiter 24 Stunden täglich die Kalbung. Sie dokumentierten den Geburtsverlauf und das Geburtsgewicht der Kälber.
Die Konditionsbeurteilung mittels Ultraschall-Messung der Rückenfettdicke (RFD) erfolgte am Tag der Einstallung in den Transitstall (RFD_vp), der Kalbung (RFD_p), der Umstallung in die Hochleistungsgruppe (RFD_a) und sechs Wochen nach der Geburt (RFD_6Wo).
Einfluss der Genetik
Zu Beginn der Vorbereitungsperiode (Umstallen in Transitstall) lag die RFD im Mittel bei 14,6 mm, mit einer Streuung von 20 mm. Bei 52,2% der Färsen zeigte sich bereits vor der Kalbung eine Lipolyse (Fettabbau). Dieser Abbau war abhängig von der Ausgangskondition. So legten unterkonditionierte Rinder bis zur Kalbung noch zu, gut konditionierte Färsen zeigten hingegen bereits vor Laktationsbeginn einen ersten Fett-abbau (Energiebedarf des Fötus, geringe Energieaufnahme). Einfluss auf die Kondition der Rinder hatte neben der Fütterung in der Aufzucht, auch die Genetik (Väter) und das Erstkalbealter. So nahm die Rückenfettdicke mit jedem Monat, die die Rinder später kalbten, kontinuierlich um 0,4 mm zu.
Kein Einfluss auf Geburt
Die Schwer- und Totgeburtenrate der Färsen betrug 14,9% bzw. 10,5%. Beide Raten lagen bei Bullen- doppelt so hoch wie bei Färsenkälbern. Die RFD zu Beginn der Vorbereitungszeit (Close up) beeinflusste den Kalbeverlauf sowie das Auftreten von Schwer- und Totgeburten jedoch nicht signifikant. Allerdings ist zu beachten, dass das Problem einer Überkondition in dieser Herde keine Rolle spielte. Die Färsen, die in der Vorbereitungsphase kein Fett abbauten (ausreichende Trockenmasse- und Energie-Aufnahme) zeigten jedoch tendenziell geringere Schwergeburtenraten (-7%) und eine höhere Rate an problemlosen Kalbungen.
Das Geburtsgewicht der Bullenkälber korreliert signifikant positiv mit der Rückenfettdicke zu Beginn der Vorbereitungsperiode. Erstkalbinnen mit einer RFD von 15 mm bis 20 mm brachten die schwersten Bullenkälber zur Welt.
Kolostrum-Menge steigt
Die mittlere Kolostrum-Menge der Färsen betrug 4,2 kg, der mittlere Gehalt an Immunglobulin G lag bei 65,9 g/l. Dieses Ergebnis ist interessant, da in der Regel davon ausgegangen wird, dass das Erstkolostrum der Färsen keine ausreichende Qualität für die adäquate Versorgung der Kälber mit Immunglobulinen bietet. Bei 97,4% der Färsen wies das Kolostrum aber einen IgG-Gehalt von mehr als 50 g/l auf und reichte damit für die Immunisierung aus. Die Kondition der hochtragenden Färsen beeinflusst die Kolostrum-Menge positiv. So konnte mit jedem zusätzlichen Millimeter RFD 0,1 kg mehr Biestmilch gemolken werden. Überkonditionierte Färsen (20 mm) geben mit 4,6 kg Biestmilch im Schnitt 1,5 kg mehr Kolostrum als unterkonditionierte (10 mm). Demgegenüber lässt mit Zunahme der Körperkondition die Kolostrumqualität jedoch leicht nach. Betrachtet man jedoch das Gesamtgemelk, nimmt die absolute Menge an IgG, die die Kälber mit der ersten Mahlzeit aufnehmen, zu (Übersicht 1).
Dünne Färsen, längere Rastzeit
Die Rückenfettdicke und damit die Energieversorgung rund um die Geburt hatten einen signifikanten Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Färsen in der ersten Laktation. Je stärker das Rückenfett sechs Wochen nach der Kalbung ausgeprägt war (13 mm), desto kürzer fiel die Rast- und Güstzeit aus. Pro Millimeter mehr Fett verkürzt sich die Rastzeit durchschnittlich um 0,5 Tage und die Güstzeit um 3,5 Tage. Tiere, die in der Vorbereitungsphase eine konstante Rückenfettdicke aufwiesen (keine Lipolyse), benötigten signifikant weniger Besamungen. Aus diesen Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass auch für gute Fruchtbarkeitsergebnisse eine Rückenfettdicke von mindestens 15 mm zur Geburt angestrebt werden sollte. Damit lässt sich auch eine ausreichende Rückenfettreserve (13 mm) zur Besamung gewährleisten.
Gute Kondition verbessert Leistung
Auch die Milchleistung in den ersten 100 Tagen korrelierte positiv mit den Fettreserven zu Beginn der Vorbereitungsperiode (Übers. 2). Mit jedem zusätzlichen Millimeter RFD stieg diese Leistung um 23,8 kg an. Die höchste 100-Tageleistung wurde bei einer Rückenfettdicke im Bereich von 15 mm bis 20 mm (Beginn Vorbereitungszeit) erreicht. Neben der absoluten Leistung wurde auch der Milchpeak (höchste Leistung in der Laktation) von den Fettreserven zu Beginn der Vorbereitungszeit und zur Kalbung beeinflusst. So stieg pro Millimeter Fett der Leistungspeak um 0,2 bis 0,3 kg an.
Optimal konditioniert, weniger krank
Bis zum 150. Laktationstag konnte bei 392 von 646 Erstlaktierenden (60,3%) eine Erkrankung (Metritis, Nachgeburtsverhaltung etc.) diagnostiziert werden. 14,4% der Färsen erreichten nicht die zweite Laktation.Kranke Tiere waren signifikant dünner als gesunde Tiere. Mit steigender RFD zur Kalbung nahm der Anteil an kranken Färsen signifikant ab. Die meisten Klauenprobleme traten bei den Färsen auf, die bis zur Kalbung eine starke Abnahme bzw. eine starke Zunahme der Rückenfettreserven zeigten. Wie nachhaltig die (gesundheitlichen) Folgen einer sehr starken Verfettung 25 mm sind, ließ sich nicht abschließend klären.
Folgende Punkte lassen sich für die Praxis zusammenfassen:
Der Optimalbereich für die Körperkondition hochtragender Färsen zur Kalbung liegt zwischen 15 mm und 20 (bis 25) mm Rückenfettdicke (BCS 2,5 bis 3,0). Sind die Färsen dünner, verschlechtert sich ihre Fruchtbarkeits- und Milchleistung in der ersten Laktation und die Erkrankungsrate sowie das Abgangsrisiko steigen.
Ein Einfluss der Rückenfettdicke auf den Kalbeverlauf ließ sich nicht nachweisen (allerdings spielten überkonditionierte Tiere in dieser Stichprobe keine Rolle). Treten in einem Betrieb jedoch hohe Totgeburtenraten bei Erstkalbinnen auf, sollte die Kondition sowohl in Richtung einer Unter- als auch einer Überkondition überprüft bzw. angepasst werden.
Da Aufzucht und Fütterung die Kondition maßgeblich beeinflusst, sollte die Gewichtsentwicklung kontrolliert werden, um die Fütterung justieren zu können und ein Auseinanderwachsen der Herde zu verhindern. Zusätzlich ist über die regelmäßige Konditionsbeurteilung in den einzelnen Aufzuchtabschnitten der realisierte Fettansatz zu kontrollieren. Am besten ist dafür die Ultraschallmessung der RFD geeignet.-os-