Immer häufiger heilen Klauengeschwüre trotz Entlastungsschnitt nicht ab. Dann haben Mortellaro-Erreger die Wunde besiedelt. Um sie erfolgreich zu bekämpfen, muss der Tierarzt ran!
Mortellaro, auch digitale Dermatitis (DD) genannt, findet sich bereits in 50 bis 80% der Milchkuhbetriebe. Einmal im Bestand, infizieren sich immer mehr Kühe. Klauenrehe hingegen ist nicht ansteckend, sondern geht auf Fütterungsfehler oder Stallmängel zurück. Durch die gestörte Hornbildung entstehen...
Immer häufiger heilen Klauengeschwüre trotz Entlastungsschnitt nicht ab. Dann haben Mortellaro-Erreger die Wunde besiedelt. Um sie erfolgreich zu bekämpfen, muss der Tierarzt ran!
Mortellaro, auch digitale Dermatitis (DD) genannt, findet sich bereits in 50 bis 80% der Milchkuhbetriebe. Einmal im Bestand, infizieren sich immer mehr Kühe. Klauenrehe hingegen ist nicht ansteckend, sondern geht auf Fütterungsfehler oder Stallmängel zurück. Durch die gestörte Hornbildung entstehen leicht Klauengeschwüre. Umschneidet man sie fachgerecht und entlastet sie, ggfs. mit Klötzen oder Polsterverbänden, heilten sie bisher gut ab.
In den letzten Jahren kommt es dabei allerdings immer häufiger zu schweren Komplikationen. Auch mit Entlastung heilt das Klauengeschwür nicht aus. Das Problem: Die Erreger der Mortellaroschen Krankheit (Treponemen) haben das Gewebe besiedelt. Rein durchs Anschauen lässt sich ein solches Geschwür kaum von einem normalen Geschwür unterscheiden. Auch ein routinemäßiger Erregernachweis ist schwierig.
Mortellaro befällt Klauengeschwüre
In der Praxis finden sich verschiedene Formen:
Rusterholzsches Sohlengeschwür mit digitaler Dermatitis (RSG mit DD): Das Rusterholzsche Sohlengeschwür unterscheidet sich zunächst nicht von einem „klassischen“ Sohlengeschwür. Mittels Klauenpflege, einer guten Kehlung, einem vorsichtigen Umschneiden des Geschwürs und dem Entlasten durch einen Klotz heilen die Geschwüre normalerweise innerhalb von zwei bis vier Wochen ab. Ist ein RSG mit Mortellaroerregern infiziert, heilen die Geschwüre trotz korrekter Behandlung nicht aus.
Weiße-Linie-Abszess mit digitaler Dermatitis (WLA mit DD): Diese Geschwüre an der Seitenwand, meist an der hinteren Außenklaue, sind vor allem eine Folge von Klauenrehe. In Betrieben mit Bodenproblemen (niedrige Kanten und Stufen, zu weite Spalten, ausgebrochene Spalten) treten sie häufiger auf. Auch hier sind Klauenpflege und ein Entlasten mittels eines Klotzes die richtigen Maßnahmen. Sind WLA mit Treponemen infiziert, hilft die klassische Behandlung wenig.
Sohlengeschwür mit digitaler Dermatitis (SG mit DD): Durch eine Klauenrehe kann die Hornbildung an der Sohle so stark gestört sein, dass die Lederhaut ihre Arbeit (vorübergehend) einstellt und ein Hohlraum unter der Fußungsfläche entsteht. Treponemen verändern das Aussehen auf eine typische Weise: Das Horn wächst vor allem von der Seite (vom Klauenrand her) spangenförmig in die Lederhaut hinein. Ein flächiger Anschluss fehlt.
Ballengeschwür mit digitaler Dermatitis (BG mit DD): Normalerweise können diese Geschwüre am Ballen vor allem mithilfe eines Klotzes auf der tragfähigen Partnerklaue gut abheilen. Sind sie mit Treponemen infiziert, reicht eine Entlastung nicht aus.
Sohlenspitzengeschwüre mit digitaler Dermatitis (SSG mit DD): Sohlenspitzengeschwüre entstehen durch übermäßigen Abrieb, falsche Klauenpflege (zu kurz, zu dünn) oder durch Klauenspitzenbruch. Die Infektion kann sich auf die Knochen ausbreiten. Dann kann es für die Kühe lebensbedrohlich werden. Entscheidend ist es, rasch zu handeln und den Prozess zu stoppen! Sind Treponemen beteiligt, verläuft die Krankheit oft schleichend. Kleine Spitzenverletzungen bleiben zunächst unerkannt, die Lederhaut beginnt zu wuchern. Die Tiere gehen vorsichtig, entlasten die Spitze, sind aber nur mittelgradig lahm (Tendenz steigend). Häufig wird die Behandlung verschleppt, die Infektion schreitet voran und bezieht den Knochen ein (Sohlenspitzennekrose).
Sohlenspitzennekrose mit digitaler Dermatitis (SSN mit DD): Infiziert sich die Sohlenspitzenlederhaut, eröffnet das den Weg für Nekroseerreger, die das Gewebe inkl. Knochenspitze absterben lassen. Dabei wird das Klauenbein regelrecht weggefressen. Die Tiere schleichen mit nach oben stehenden Klauenspitzen durch den Stall und verteilen dabei auch noch die Erreger. Das typische Erscheinungsbild und der Geruch vom faulenden Knochen sind eindeutig. Hier muss man sofort handeln, um das Leben des Tieres zu erhalten und Schmerzen zu lindern.
Durchdringender axialer Hornspalt mit digitaler Dermatitis (HSA mit DD): Bei betroffenen Tieren zeigt sich von der Spitze oder vom Kronsaum ausgehend, manchmal auch durch die gesamte Innenwand, ein tiefer Spalt. Aus diesem kann Lederhaut hervorwuchern. Ist Lederhaut mit Treponemen infiziert, bietet sich fast immer das gleiche Bild: hervorwuchernde, knotenförmige, zum Teil gestielte Gewebeanteile. Nur mit Ausschneiden (Entlastungsschnitt) werden diese Krankheitsherde nicht ausheilen. Immer wieder dringen Nekroseerreger ein (siehe Sohlenspitzennekrose). Sie schädigen das Klauenbein, manchmal sogar das Gelenk. Auch hier unterschätzt man die Schwere der Erkrankung oft, da die Tiere halbwegs laufen.
Diese komplizierten Formen von Geschwüren werden daher auch als „nicht-heilende“ Klauengeschwüre bezeichnet.
Mit Verband behandeln
Doch es gibt Hoffnung: Bei korrekter Therapie können auch diese Formen in fast allen Fällen abheilen – je nach Stadium des Krankheitsausmaßes:
Loses Horn abtragen, funktionelle Klauenpflege: Das Horn um das Geschwür vorsichtig ausdünnen und eine ausreichende Entlastung durch Schnitt und Klotz gewährleisten.
Polsterverband anlegen: Bei noch kleinen, flachen Geschwüren (Durchmesser 0,5 cm) mit Salicylsäure-haltiger Paste (Novaderma, vom Tierarzt) und angemessen gepolstertem Verband behandeln. Ein Verbandswechsel alle drei bis fünf Tage und eine konsequente Nachbehandlung bis zur vollständigen Ausheilung führen zum Erfolg.
Schwere Fälle: Tierarzt muss operieren! Ist die Erkrankung weiter fortgeschritten, muss der Tierarzt die infizierte und veränderte Lederhaut zusätzlich unbedingt chirurgisch entfernen. Vorher erhält das Tier eine örtliche Betäubung. Danach entnimmt der Tierarzt das gesamte veränderte Gewebe. Besonders bei Sohlenspitzennekrosen mit DD, aber auch bei längs gerichteten Hornspalten mit DD muss häufig die Klauenspitze amputiert werden. Bei entsprechender Nachbehandlung verheilt dieser Eingriff jedoch sehr gut.
Nachbehandeln!
Die Tiere erhalten je nach Umfang der Operation über mehrere Tage Schmerzmittel. Erfahrungsgemäß unterstützt eine systemische Antibiose, also das Spritzen von Antibiotika, über drei oder besser fünf Tage die rasche Erholung. Auf diese Weise dämmt man auch Rückfallgefahr ein.
Die lokale Nachbehandlung ist auch hier das Kernstück. Dabei legt man einen stets gut gepolsterten Verband mit Novaderma-Salbe an, den man am ersten Tag nach der Operation das erste Mal wechselt. Je nachdem, wie die Wunde heilt, wird anschließend alle drei bis fünf Tage ein neuer Verband inklusive Paste angelegt. Dabei gilt es zu beobachten, ob die Lederhaut wieder zu wuchern beginnt. In diesem Fall muss der Tierarzt nachoperieren.
Die Verbandswechsel erfolgen so lange, bis sich das Horn wieder vollständig geschlossen hat. Auch die geklebten Klötze gilt es zu überwachen und regelmäßig zu erneuern. Je nach Größe und Dauer der Erkrankung benötigt der Heilungsprozess zwischen vier und zehn Wochen. -cs-