Nicht nur die Einstreu kann ein Nährboden für Erreger sein, sondern auch Geburtsutensilien wie z.B. Geburtsstricke können eine Vielzahl an Mikroorganismen beherbergen. Eine hervorragende Hygiene ist deshalb unumgänglich, um sowohl die Kühe vor Euter- und Gebärmutterentzündungen zu schützen. Daneben ist ein hygienisches Kalbeumfeld für die Kälber lebensnotwendig.
Um zu erfahren, wie die Milchkuhhalter das Abkalbe- sowie das Hygienemanagement handhaben, haben wir eine Online-Umfrage unter unseren Lesern gestartet. Konkret wollten wir u.a. wissen, wie die Abkalbung gemanagt wird und wie häufig die Abkalbebox und die Geburtsutensilien gereinigt werden. Insgesamt nahmen 1.030 Personen an der Umfrage teil. Ein Großteil der Befragten (63%) ist zwischen 30 und 59 Jahre alt, 32% zwischen 20 und 29 Jahre. Die kleiner strukturierten Betriebe (1 bis 49 Kühe) waren mit einem Anteil von 20%, die mittleren (50 bis 199 Kühe) mit 61% und die größeren (200 bis 500) mit 19% vertreten.
Management der Abkalbebox
- Am häufigsten wird die Abkalbebox auf den befragten Betrieben mit Stroh eingestreut (84,2 %). Eine Gummimatte mit Einstreu haben 5% der Befragten, ohne Einstreu 1,3 %. Bei 4,7 % der Teilnehmenden kalben die Kühe in der Weidesaison bewusst auf der Weide ab.
- 70 % der Befragten stallen die Kühe vor der Abkalbung nach einem festen Rhythmus ein. Nach der Abkalbung legen lediglich 38 % der Befragten auf eine feste Verweildauer in der Abkalbebox Wert, 34 % richten die Aufenthaltsdauer je nach Wohlbefinden des Tieres ein. Ein Umstallen nach festem Plan garantiert dem Tier eine ausreichend lange Eingewöhnungszeit und minimiert das Risiko, eine Kuh zu spät umzustallen, so die Begründung.
- Auf 21 % der Betriebe befindet sich die Kuh alleine in der Abkalbebox. Die Vorzüge der Einzelaufstallung können in einer höheren Vitalität des Kalbes sowie einem früher beginnendem und längerem Leckakt durch die Mutter liegen.
- Um eine hervorragende Hygiene in der Abkalbebox zu erreichen, muss diese nach jeder Geburt regelmäßig gesäubert und desinfiziert werden. Nach jeder Geburt säubern/desinfizieren die Box ca. 5 % der Befragten. Nach einem festen Rhythmus desinfizieren 8,7 %.
- Sortiert man die Ergebnisse nach Betriebsgröße fällt auf, dass ein Großteil der großen Betriebe (200 bis 500) die Abkalbebox nach einem festen Plan reinigt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass durch die Mitarbeiter eine gut strukturierte Arbeitsorganisation wichtig ist. Die mittleren Betriebe (50 bis 199 Kühe) scheinen sich in einer Art „Schwebe“ zu befinden. Hier wird stärker nach Bedarf gehandelt.
Geburtshilfe: Sehr sauber arbeiten
Ein Eingriff in die Geburt ist nur dann nötig, wenn die Geburt ins Stocken gerät. Was ein aktives Eingreifen bedeutet, darüber sind sich die Befragten nicht einig. Denn bei 52,7 % der Teilnehmer beginnt eine aktive Geburtshilfe bei Zughilfe ohne Hilfsmittel, bei 36,1 % erst bei Zughilfe mit Hilfsmitteln. Mehr als 80 % der Teilnehmer greifen ein, wenn die Kuh Schmerzreaktionen zeigt, die Geburt sich verzögert bzw. das Kalb falsch liegt. Bei fehlerhafter Lage rufen ca. 18 % direkt den Tierarzt. Bei starken Blutungen und Festliegen rufen mehr als die Hälfte direkt den Tierarzt.
Entscheiden sich die Milchkuhhalter für das Eingreifen, so wählen 80 % von ihnen Geburtsstricke und Geburtshelfer. Lediglich 16 % verwenden Geburtsketten, wobei diese aus Sicht der Hygiene besser sind. Aufgrund der glatten, geschlossenen Oberfläche bieten sie Keimen nur eine geringe Angriffsfläche. Sie sind daher leichter zu reinigen als Geburtsstricke. Einweghandschuhe benutzen 58 % der Befragten. Diese helfen eine Übertragung von Krankheiten von der Kuh auf den Menschen, aber auch auf andere Kühe zu verringern. Die Gefahr dieser Übertragung schätzten die Teilnehmenden allgemein hoch ein, aber nicht für ihren eigenen Betrieb.
Die Regelmäßigkeit, mit der die Geburtsutensilien gereinigt werden, nimmt mit dem Aufwand der Reinigungsmaßnahme ab. So werden die Geburtsutensilien mit kaltem bzw. warmem Wasser nahezu nach jeder Verwendung gereinigt. Desinfektionsmaßnahmen werden hingegen deutlich seltener bis nie durchgeführt.
Risiken sind Frauen bewusster
An der Umfrage nahmen 668 Männer und 355 Frauen teil. Dabei fiel auf, dass Frauen eher nach einem festen Rhythmus umstallen und reinigen. Außerdem verwenden sie häufiger Einweghandschuhe. Darüber hinaus scheinen sie sich über das bereits oben beschriebene Übertragungspotenzial bewusster zu sein als Männer. Sie schätzen es für Geburtshilfeutensilien deutlicher höher ein als ihre männlichen Kollegen.
Fazit: Die Empfehlungen zur Hygiene rund um die Kalbung finden sich in der Praxis nur teilweise wieder. Es wird häufig nach Bedarf gearbeitet, nicht nach einer festen Arbeitsroutine. Auch das zu schnelle Eingreifen in den Geburtsprozess ist ein Risiko, gerade auch im Hinblick auf Hygiene, was noch verkannt wird. Grundsätzlich haben die Befragten das Risikopotenzial erkannt, sind aber der Überzeugung, dass dies nicht so stark auf ihren eigenen Betrieb zutrifft. Die hier getroffenen Aussagen gelten jedoch nur für diesen Befragtenkreis! Sie lassen keine allgemeinen Rückschlüsse zu.