Mit den steigenden Temperaturen im Sommer steigen auch in vielen Herden die Zellzahlen und Mastitisraten. Die Hitze ist ein maßgeblicher, nicht aber der alleinige Grund dafür.
Steigt die Mastitisrate über zwei Prozent im Monat, entstehen höhere Kosten durch Behandlungen und Tierverluste. Das größte Problem stellt allerdings der nachhaltige Milchverlust durch die entzündeten Viertel dar. Im Extremfall drohen sogar lebensmittelrechtliche Konsequenzen, wenn die Zellzahl in der Tankmilch dauerhaft zu hoch ist (3x400.000 Zellen/ml).
Erkrankte Kühe müssen entsprechend der Therapiewürdigkeit behandelt werden. Versucht man allerdings, die Problematik „wegzubehandeln“, wird man mittelfristig keinen Erfolg haben. Hier gilt es, die Ursachen zu ermitteln und erfolgreich zu bekämpfen.
Rasantes Bakterienwachstum
Die höheren Temperaturen gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit im Sommer befeuern das Wachstum von Mastitiserregern, die sich in der Umgebung befinden. Im Kot und in der Einstreu steigt damit die Dichte an Keimen, die Mastitis verursachen können. Nimmt in der Zeit auch noch die Arbeitsbelastung im landwirtschaftlichen Betrieb zu (Ernte), sinkt die Frequenz, in der frisch eingestreut wird.
Auch die Abmessungen der Liegeboxen müssen passen, da Kühe sich sonst fehlerhaft ablegen und die Liegeflächen mit Kot verschmutzen. Kommen die Tiere mit einem schmutzigen Euter zum Melken, steigt das Infektionsrisiko. Insbesondere dann, wenn Melkroutine und -hygiene nicht optimal sind. Fliegen vermehren sich im Sommer rasant und stellen vor allem für Färsen bedeutsame Krankheitsüberträger.
Temperatur-Feuchtigkeits-Index 70
Hitzestress ist alle Jahre wieder ein Faktor, der Kühe belastet. Bedingt durch die hohe Luftfeuchtigkeit in unserer Klimazone setzt dieser Stress schon bei Temperaturen (17° Celsius) ein, die von uns Menschen noch als relativ angenehm empfunden werden. Der Hitzestress beeinflusst die Leistung des Immunsystems negativ und begünstigt so das Entstehen von Krankheiten. Mit dem Temperatur-Feuchtigkeits-Index (THI) lässt sich etwa abschätzen, wie hoch die Belastung durch Hitzestress ist. Ungefähr ab einem Wert von 70 beginnt Hitzestress Einfluss zu nehmen, ab 80 Einheiten wird von starkem Hitzestress gesprochen.
Futteraufnahme und -hygiene sinken
Gleichsam sinkt mit hohem THI auch die Futteraufnahme. Das führt zu Pansenfermentationsstörungen und einem erhöhten Infektionsrisiko. Bei Trockenstehern wirkt sich das schnell auf eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit nach dem Kalben aus. Das Risiko für Ketose, Nachgeburtsverhalten, Milchfieber, Labmagenverlagerung und Infektionen wie Metritis (akute Gebärmutterentzündung) und Mastitis steigen.
Auch bei den laktierenden Kühen hat der sinkende Appetit eine höhere Krankheitsanfälligkeit zur Folge. Zudem leidet die Grundfutterhygiene bei warmfeuchtem Klima. Pilzwachstum und Nacherwärmung sind den Futteraufnahmen abträglich und stören die physiologische Verdauung. Stoffwechselstörungen und Leistungseinbußen sind dann nicht mehr zu verhindern. Im Jahresverlauf steigt die Verdaulichkeit der Stärke in Maissilage. Damit erhöht sich auch das Risiko von „Pansenstörungen“ bis hin zu -azidosen, insbesondere, wenn die Ration nicht adäquat konzipiert ist. Werden die Komponenten fehlerhaft gemischt oder können sie durch die Tiere sortiert werden, macht sich das ebenfalls negativ bemerkbar.
Die genannten Punkte verstärken sich gegenseitig. Kommen dann noch andere Stressfaktoren wie schlechter Kuhkomfort, Überbelegung oder eine unzureichende Klauengesundheit hinzu, kann die Tiergesundheitssituation kritisch werden.
Mehr schwere Coli-Mastitiden
Auf vielen Betrieben häufen sich in der warmen Jahreszeit aus den oben dargestellten Gründen auch Fälle von schweren Euterentzündungen, die das Allgemeinbefinden der Tiere stark stören oder sogar zum Festliegen bis hin zum Verenden führen. Umgangssprachlich wird von „Coli“-Mastitits gesprochen, wobei auch andere Erreger als nur coliforme Keime diese schweren Mastitiden verursachen können.
Bei der Therapie kommt es weniger auf den Einsatz von Antibiotika an als auf den von Entzündungshemmern, die das übermäßige Entzündungs- und gefährliche Schockgeschehen eindämmen. Ebenso wichtig ist eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit, die intravenös und oral (vorsichtig drenchen) erfolgen kann, um den Kreislauf der Kuh zu stabilisieren. Die Eutergesundheit auf einem Betrieb wird multifaktoriell beeinflusst. Daher ist es nicht ratsam, nach „dem einen Problem“ zu suchen. Betriebsspezifische Risikofaktoren müssen identifiziert und dazu passende, breit angelegte Maßnahmen ergriffen werden.