Ein einfaches System hilft, bei Trockenstehern auf Antibiotika zu verzichten, ohne die Eutergesundheit zu gefährden. Selektives Trockenstellen war noch nie so einfach.
Eutergesundheitsstörungen sind teuer. Sie senken die Milchleistung und verursachen Tierarztkosten. In den letzten Jahrzehnten hat die antibiotische Behandlung in der Trockenperiode (Trockensteller) dazu geführt, dass ansteckende Keime (Sc. agalactiae, Sc. canis oder S. aureus) erfolgreich zurückgedrängt werden konnten. Die verbesserte Eutergesundheit in vielen Betrieben und die Verbrauchererwartungen, möglichst wenig Antibiotika einzusetzen, hat aber zu einem Umdenken geführt. Inzwischen fordern die Europäische Union und viele Molkereien von den Milcherzeugern, nur noch selektiv trockenzustellen.
Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass in Dänemark das generelle antibiotische Trockenstellen seit 1994 verboten ist. Auch in den Niederlanden darf seit 2012 nur noch in Ausnahmefällen ein antibiotischer Trockensteller eingesetzt werden. Der Antibiotikaeinsatz konnte so um 70% reduziert werden, ohne dass das negative Auswirkungen auf die Zellzahl hatte.
In Deutschland hat sich das selektive Trockenstellen noch nicht gut durchgesetzt. Das liegt ggf. an fehlenden Anreizen oder gesetzlichen Verpflichtungen oder auch an der Angst, dass das Weglassen eines Antibiotikums in der Trockenperiode nachteilig wirkt. Das selektive Trockenstellen wirkt sich aber nur dann nachteilig auf die Eutergesundheit aus, wenn zu viele infizierte Viertel unbehandelt bleiben. Mit einem geeigneten Schema kann man das verhindern. Seit 2016 gibt es eine einfache, evidenzbasierte Entscheidungshilfe. So geht’s:
- Die bestmöglichen Kriterien für das selektive Trockenstellen stellt Dr. Kiesner (Diss. 2016, Arbeitsgruppe Krömker) in einem einfachen Entscheidungsbaum zusammen. Über den systematischen Einsatz des internen Zitzenversieglers bei allen Trockenstehern entscheidet die Neuinfektionsrate in der Trockenperiode auf Herdenbasis. Liegt sie über 15%, bekommen alle Tiere einen Zitzenversiegler. Liegt sie darunter, kann auf das Versiegeln der Zitzen verzichtet werden. Mithilfe der Eutergesundheitskennzahlen wird das selektive Trockenstellen kontrolliert.6
- Die bestmöglichen Kriterien für das selektive Trockenstellen stellt Dr. Kiesner (Diss. 2016, Arbeitsgruppe Krömker) in einem einfachen Entscheidungsbaum zusammen. Über den systematischen Einsatz des internen Zitzenversieglers bei allen Trockenstehern entscheidet die Neuinfektionsrate in der Trockenperiode auf Herdenbasis. Liegt sie über 15%, bekommen alle Tiere einen Zitzenversiegler. Liegt sie darunter, kann auf das Versiegeln der Zitzen verzichtet werden. Mithilfe der Eutergesundheitskennzahlen wird das selektive Trockenstellen kontrolliert.6
- Selektiver Antibiotikaeinsatz7
- Selektiver Antibiotikaeinsatz7
Auf Einzelkuhebene wird aufgrund des letzten MLP-Ergebnisses vor dem Trockenstellen der Zellwert der Kuh ermittelt. Dann wird ein Schalmtest durchgeführt. Je nach Ergebnis wird so weiter vorgegangen:
- Tiere mit Zellgehalten 100.000 Zellen/ml (betriebsindividueller, veränderbarer Zielwert) werden antibiotisch trockengestellt.
- Tiere mit einem Zellgehalt 100.000 Zellen/ml, werden mit dem Schalmtest getestet:
- Negativer Schalmtest: kein Antibiotikum
- Positiver Schalmtest: antibiotische Eutertube in alle vier Viertel.
- Tiere mit Zellgehalten 100.000 Zellen/ml (betriebsindividueller, veränderbarer Zielwert) werden antibiotisch trockengestellt.
- Tiere mit einem Zellgehalt 100.000 Zellen/ml, werden mit dem Schalmtest getestet:
- Negativer Schalmtest: kein Antibiotikum
- Positiver Schalmtest: antibiotische Eutertube in alle vier Viertel.
Bei Betrieben, die mitten in der Herdensanierung von S. aureus, Sc. agalactiae oder Sc. canis sind, werden alle Tiere antibiotisch trockengestellt. Wer das Schema neu im Betrieb einführt, kann mit einem Grenzwert von 50.000 Zellen/ml arbeiten. Dann werden verhältnismäßig viele Kühe noch antibiotisch trockengestellt. So geht man erstmal sicher, was die Neuinfektionsraten angeht. Ist das Schema dann erfolgreich umgesetzt, kann der Zellgehalt-Grenzwert von 100.000 Zellen/ml auf 150.000 bis 200.000 Zellen/ml hochgesetzt werden. Verschlechtern sich die Kennzahlen, kann der Grenzwert auf 50.000 Zellen/ml abgesenkt werden.
M. Weerda