Bei der April-Zuchtwertschätzung gab es einige Neuerungen. Neben dem Zuchtziel wurde auch die Berechnungsmethode beim Fleckvieh geändert. Das wirft die Rangierung der Bullen durcheinander.
Es ist über zehn Jahre her, dass die Zuchtwertschätzung (ZWS) Fleckvieh von Deutschland und Österreich im Jahr 2002 zusammengelegt und der Gesamtzuchtwert...
Bei der April-Zuchtwertschätzung gab es einige Neuerungen. Neben dem Zuchtziel wurde auch die Berechnungsmethode beim Fleckvieh geändert. Das wirft die Rangierung der Bullen durcheinander.
Es ist über zehn Jahre her, dass die Zuchtwertschätzung (ZWS) Fleckvieh von Deutschland und Österreich im Jahr 2002 zusammengelegt und der Gesamtzuchtwert vereinheitlicht wurde. Nun wurde das Zuchtziel überarbeitet. Die Neuerungen wurden bei der ZWS April 2016 erstmalig umgesetzt.
Die Änderungen im Zuchtziel
Beim Fleckvieh wurde der großen Bedeutung der Doppelnutzung Rechnung getragen und der Fleischbereich um 2% gestärkt. Damit ist nun der Gesamtzuchtwert wie folgt zusammengesetzt:
- Milch 38% (±0%)
- Fleisch 18% (+2%)
- Fitness 44% (-2%)
- Milch 38% (±0%)
- Fleisch 18% (+2%)
- Fitness 44% (-2%)
Noch bedeutender ist allerdings die Verschiebung der Gewichtung innerhalb des Fleischblocks auf die Schlachtqualitätsmerkmale:
- Nettozunahme: 4% (-3,3%)
- Handelsklasse: 7% (+2,4%)
- Ausschlachtung: 7% (+2,4%)
- Nettozunahme: 4% (-3,3%)
- Handelsklasse: 7% (+2,4%)
- Ausschlachtung: 7% (+2,4%)
„Lange wurde kritisiert, dass die Schlachtkörper zu groß sind und keine gute Ausschlachtung erreichen“, erklärt Bernhard Luntz, LfL Tierzucht. „Jetzt werden nicht mehr die Typen bevorzugt, die nur schnell wachsen. Die Schlachtleistung, also Handelsklasse und Ausschlachtung, erhält mehr Gewicht.“
Innerhalb des Milchblocks verschiebt sich die Gewichtung von Fett-kg zu Eiweiß-kg auf 1:1,4. Nach Auslaufen der Milchquote ist laut LfL Tierzucht „eine Reduzierung des Fettanteils nicht mehr nötig“.
Im Bereich der Fitness wurde die weibliche Fruchtbarkeit stark aufgewertet. Ein Merkmal, in dem die Fleckviehkuh die letzten Jahre aufgrund der Selektion auf Leistung schleichend verloren hat. Daher wurde das Gewicht für den Fruchtbarkeitswert (FRW) verdoppelt (6,8% auf 14%). So wird ein gleichbleibender Selektionsfortschritt erreicht.
Bedeutend ist das Wegfallen der Zuchtwerte Totgeburten paternal und maternal. Diese werden nun im neuen Vitalitätswert (VIW) erfasst. Der VIW umfasst sowohl die Totgeburten als auch Verendungen in der Aufzucht. Er soll helfen auf robustere Kälber zu selektieren. Der VIW ist wie folgt zusammengesetzt:
- Totgeburten paternal (Verendungen innerhalb der ersten 48 Stunden): 52%
- Aufzuchtverluste 3. bis 30. Tag: 24%
- Aufzuchtverluste männliche Kälber 31. Tag bis 10. Monat: 12%
- Aufzuchtverluste weibliche Kälber 31. Tag bis 15. Monat: 12%
- Totgeburten paternal (Verendungen innerhalb der ersten 48 Stunden): 52%
- Aufzuchtverluste 3. bis 30. Tag: 24%
- Aufzuchtverluste männliche Kälber 31. Tag bis 10. Monat: 12%
- Aufzuchtverluste weibliche Kälber 31. Tag bis 15. Monat: 12%
Der Kalbeverlauf paternal wird nicht mehr im GZW berücksichtigt, da bei diesem Merkmal von den Besamungsorganisationen und den Züchtern ohnehin strenge eigene Selektionsgrenzen gelten.
Selektionserfolg zugunsten Fitness
Die wirtschaftlichen Gewichte zur Berechnung des Gesamtzuchtwertes dürfen aber auf keinen Fall mit den zu erwartenden Zuchtfortschritten bei einer Selektion nach dem GZW verwechselt werden. Für den Zuchtfortschritt oder Selektionserfolg sind nicht nur die wirtschaftlichen Gewichte, sondern nach wie vor auch die Heritabilitäten, Sicherheiten und die genetischen Beziehungen der einzelnen Merkmale zueinander entscheidend. Beim Fleckvieh verschiebt sich mit dem neuen GZW das Verhältnis des relativen monetären Selektionserfolgs von ca. 75:10:15 für Milch:Fleisch:Fitness auf ca. 70:10:20 etwas zugunsten der Fitness. Dies kommt trotz des niedrigeren Gewichtes durch die höheren genetischen Korrelationen zwischen den Fitnessmerkmalen zustande. Trotz der sehr hohen Wertung der Fruchtbarkeit ist aber durch die deutlich negative Korrelation zur Milch kein Zuchtfortschritt zu erwarten, sofern nicht andere Maßnahmen ergriffen werden (z.B. Vorselektion).
Genomische Überflieger gebremst
Die bisherige Berechnungsmethode führte zu überhöhten Streuungen der Gesamtzuchtwerte bei niedrigen bis mittleren Sicherheiten. „Genomische Bullen mit hohen Zuchtwerten konnten nach Vorliegen der Töchterleistungen häufig ihre hohen Werte nicht erfüllen“, erläutert Bernhard Luntz. Mit der nun verbesserten Methodik wird die Streuung verringert, das heißt, die Gesamtzuchtwerte werden ‚gestaucht‘ und zur Mitte korrigiert. Die Stauchung der GZWe ist bei den genomischen Jungvererbern der Geburtsjahre 2012 bis 2015 (GJV) und den (lebenden) Kühen deutlich ausgeprägt, bei den nachkommengeprüften Bullen der Geburtsjahre 2008 bis 2011 allerdings nur sehr gering. „Gute nachkommengeprüfte Bullen sind längst töchtergeprüft, ihre Zuchtwerte sicher. Sie werden nicht gestaucht und sind jetzt auch in den Toplisten zu finden“, so Luntz. Die Änderungen bedeuten konkret:
- GJV und Kühe mit einem GZW von 140 oder mehr verlieren im Schnitt etwa 8 GZW-Punkte. Ein Vererber mit einem alten GZW von 120 geht nun auf ca. 116 zurück.
- Das bedeutet, dass statt zuletzt 27 nur mehr zwei Bullen einen GZW über 140 (Walk 147, Varta 140) bzw. nur mehr 155 statt 384 Bullen einen GZW über 130 aufweisen (Vergleich Dez. 15 zu Aug. 16).
- Da sich die Stauchung auf die nachkommengeprüften Bullen kaum auswirkt, rücken sie nun in der Rangierung nach GZW merklich nach vorne. War bisher kein einziger nachkommengeprüfter Bulle in den Top 100, sind es nun immerhin die 14 besten Vererber bzw. die Top 10 der Bunten Liste. F. Greil
- GJV und Kühe mit einem GZW von 140 oder mehr verlieren im Schnitt etwa 8 GZW-Punkte. Ein Vererber mit einem alten GZW von 120 geht nun auf ca. 116 zurück.
- Das bedeutet, dass statt zuletzt 27 nur mehr zwei Bullen einen GZW über 140 (Walk 147, Varta 140) bzw. nur mehr 155 statt 384 Bullen einen GZW über 130 aufweisen (Vergleich Dez. 15 zu Aug. 16).
- Da sich die Stauchung auf die nachkommengeprüften Bullen kaum auswirkt, rücken sie nun in der Rangierung nach GZW merklich nach vorne. War bisher kein einziger nachkommengeprüfter Bulle in den Top 100, sind es nun immerhin die 14 besten Vererber bzw. die Top 10 der Bunten Liste. F. Greil