In den vergangenen Jahren hat sich in Sachen Kontrolle und Therapie von Ketose, Nachgeburtsverhalten und Metritis viel getan. Wir zeigen Ihnen den aktuellen Forschungsstand.
Um eine gute Fruchtbarkeitsleistung bei gleichzeitig hoher Milchleistung zu erreichen, müssen Kühe bereits in der Transitphase intensiv gemanagt werden (Übersicht 1)....
In den vergangenen Jahren hat sich in Sachen Kontrolle und Therapie von Ketose, Nachgeburtsverhalten und Metritis viel getan. Wir zeigen Ihnen den aktuellen Forschungsstand.
Um eine gute Fruchtbarkeitsleistung bei gleichzeitig hoher Milchleistung zu erreichen, müssen Kühe bereits in der Transitphase intensiv gemanagt werden (Übersicht 1). Dieser Zeitraum – drei Wochen vor bis drei Wochen nach der Abkalbung – ist kritisch, denn hier gemachte Fehler wirken noch weit über die Frühlaktation hinaus. Bis zu 75% der Gesundheitsprobleme entstehen im ersten Monat nach der Abkalbung. Das erhöhte Erkrankungsrisiko beruht auf einem Rückgang der Trockenmasse-Aufnahme und der Immunkompetenz im geburtsnahen Zeitraum. Daraus können Stoffwechselstörungen (Milchfieber, Ketose) entstehen, die weitere Erkrankungen begünstigen. Wie lässt sich diesem Risiko entgegenwirken?
Nicht länger als 45 Min. im Fressgitter
Die Überwachung der Frischabkalber dient der frühzeitigen Erkennung und Behandlung kranker Kühe. Als Teil der täglichen Arbeitsroutine sollte die Kontrolle der Frischmelker während der ersten zehn Laktationstage verstanden werden. Es hat sich bewährt, die Kühe nacheinander zunächst von vorne und dann von hinten zu beurteilen (Übersicht 2).
Auffällige Kühe „von vorne“ (z.B. schlechter Appetit), können z. B. durch Auflegen einer Handvoll Futter auf dem Fressgitter markiert werden, um diese dann von hinten zu identifizieren und genauer zu untersuchen. Wichtig: Die Kühe sollten nicht länger als 45 Minuten im Fressgitter fixiert werden.
Kalziumvorbeuge nicht intravenös
Klinisches Milchfieber ist nur noch selten zu beobachten, dennoch erkrankt jede zweite Mehrkalbskuh am subklinischen Kalziummangel unmittelbar nach der Geburt. Dieser lässt sich nur durch eine Blutuntersuchung (Serumprobe 0 bis 48 h nach der Kalbung, Kalzium 2,0 mmol/l) nachweisen. Kalzium ist wichtig für das Immunsystem (Signalwirkung) und die Kontraktionsbereitschaft der Muskulatur, des Magen-Darm-Traktes, sowie der Gebärmutter. Ältere Kühe sind besonders gefährdet. Zur Vorbeugung geeignet sind u. a. Kalziumgaben unmittelbar nach der Geburt. Hierbei spielt der Verabreichungsweg eine wichtige Rolle für die Effektivität. Bei der intravenösen Kalziumanwendung wird der Kalziumspiegel extrem nach oben ausgelenkt, die körpereigenen Regulationsmechanismen der Kuh steuern stark dagegen. Im Anschluss kann sich wieder ein Kalziummangel einstellen. Die intravenöse Kalziumgabe sollte deshalb nur auf klinisiche Milchfieberfälle begrenzt bleiben. Besser geeignet für das subklinische Milchfieber sind orale Kalziumgaben (mindestens 40 g verfügbares Kalzium) in Form von Boli oder Gels. Diese sollten mindestens zweimal verabreicht werden (z.B. kurz nach der Geburt und nochmals 12 bis 24 Stunden später).
Von dieser Behandlung profitieren insbesondere Mehrkalbskühe mit einer überdurchschnittlichen Laktationsleistung in der Vorlaktation und / oder lahme Kühe. Die Rendite einer solchen Behandlungsstrategie liegt zwischen 0,26 bis 5,80 € pro Milchkuh.
Weniger Antibiotika, mehr Ketoprofen
Die Lösung der Nachgeburt beginnt bereits im letzten Teil der Trächtigkeit und sollte 12 bis 24 Stun-den nach der Geburt vollendet sein. Ist dies nicht der Fall spricht man von einer Nachgeburtsverhaltung. Wichtige Risikofaktoren für diese Erkrankung sind Aborte, Früh-, Zwillings- oder Schwergeburten und Fütterungsfehler in der Trockenstehphase (z.B. Kalziummangel, Vitamin E- bzw. Selenunterversorgung). Es ist unklar, ob die Nachgeburtsverhaltung allein, oder erst in Verbindung mit einer Infektion der Gebärmutter, negative Auswirkungen auf die Produktivität und spätere Fruchtbarkeit hat. Schwerwiegende Folgeerkrankungen sind die akute Gebärmutterentzündung (Metritis) und die chronische Gebärmutterentzündung (Endometritis).
Die Behandlung der Nachgeburtsverhaltung wird kontrovers diskutiert. Momentan gibt es keine hinreichenden Beweise zur Wirksamkeit der manuellen Abnahme, der lokalen antibiotischen Behandlung (Stäbe einlegen in die Gebärmutter) und der Anwendung von kontraktionsfördernden Medikamenten (z.B. Oxytocin, Prostaglandin). In erster Linie sollten heraushängende Nachgeburtsteile gekürzt werden und die Tiere auf das Vorhandensein einer Allgemeininfektion im Sinne einer Metritis (z.B. Temperatur 39,5°C, stinkender Ausfluss, schlechter Appetit) untersucht werden. Die antibiotische Behandlung sollte auf diese Fälle beschränkt werden.
Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass durch eine initiale Behandlung mit einem Entzündungshemmer (Ketoprofen) für drei Tage ein wesentlicher Teil der Kühe (39%) mit einer akuten Metritis nicht mehr antibiotisch behandelt werden musste. Durch ein Behandlungsprotokoll, welches erst einmal nur mit einer Gabe von Ketoprofen beginnt, kann der Einsatz von Antibiotika deutlich verringert werden. Denn sowohl Milchleistung wie auch Fruchtbarkeitsleistung wurden nicht negativ durch die Initialbehandlung mit Ketoprofen beeinflusst.
Zweifel an der Prostaglandin-Wirkung
Häufig entwickeln Kühe mit einer Nachgeburtsverhaltung und / oder Metritis eine chronische Entzündung der Gebärmutterschleimhaut (Endometritis). Ob dies der Fall ist, kann nur durch eine Puerperalkontrolle mindestens 21 Tage nach der Kalbung festgestellt werden. Hierbei sind vaginale Untersuchungsmethoden (Spekulum, Metricheck, behandschuhte Hand) der manuellen rektalen Kontrolle vorzuziehen. Eine Behandlung sollte erst dann erfolgen, wenn der Anteil von eitrigem Sekret im gewonnenen Vaginalschleim mehr als 50% beträgt.
Weit verbreitet ist die Anwendung von Prostaglandin F2α zur Behandlung der Endometritis. Ein positiver Effekt des Prostaglandins auf die spätere Fruchtbarkeitsleistung konnte jedoch nur in wenigen Studien aufgezeigt werden, sodass die Wirksamkeit mittlerweile infrage gestellt wird. Demgegenüber hat die intrauterine Gabe des Wirkstoffes Cephapirin (Metricure) in vielen Studien einen positiven Effekt auf die Fruchtbarkeitsleistung. Eine interessante Alternative bietet die Spülung mit hochkonzentrierter Glukoselösung (200 ml, 50%). Erste Ergebnisse sind vielversprechend, müssen aber in weiteren Studien bestätigt werden.
Ohrblut für den Ketosetest geeignet
Die klinische Ketose (erhöhte Ketonkörperkonzentration und Appetitlosigkeit; Milchverlust) ist nur die Spitze des Eisbergs. Sie betrifft zwischen 7 und 14% der Kühe. Ein weitaus größerer Teil der Kühe erkrankt innerhalb der ersten zwei Laktationswochen an der subklinischen Form (erhöhte Ketonkörperkonzentration ohne klinische Symptome), die nur mit einem diagnostischen Test nachgewiesen werden kann. Hierbei hat sich der Nachweis von beta-Hydroxybutyrat (BHB) im Blut unter Verwendung eines Schnelltests bewährt. Als Grenzwert wird eine Konzentration von 1,2 mmol/l verwendet. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass die Verwendung von Blut aus den Ohrgefäßen genauso geeignet ist, wie aus den Schwanzgefäßen. Das ermöglicht eine einfache und saubere Entnahme, sofern Fressgitter zur Fixierung vorhanden sind. Die Behandlung mit 300 ml Propylenglykol als Drench für fünf Tage ist die Therapie der Wahl. In einer Studie von der Cornell Universität, USA, hatten mit Propylenglykol behandelte Kühe ein 1,6-fach geringeres Risiko an einer Labmagenverlagerung zu erkranken und ein 2,1-fach geringeres Risiko in der Frühlaktation gemerzt zu werden im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe.
In der Praxis werden häufig hochprozentige (40%) Glukoselösungen zur Infusion eingesetzt. Diese sollten allerdings schweren Fälle (BHB 3,0 mmol/l) vorbehalten werden. Rinder haben eine sehr geringe Glukoseschwelle und die intravenöse Verabreichung von 500 ml hochprozentiger Glukose führt zu einer starken Glukoseausscheidung über den Harn. Dabei gehen weitere wichtige Elektrolyte verloren.
Auf Dexamethason verzichten
Die Ergänzung der Ketose-Therapie mit Dexamethason ist ebenfalls umstritten. Forscher von der Universität in Guelph, Kanada, kommen in einer kürzlich erschienenen Studie zu dem Schluss, dass die zusätzliche Gabe von Dexamethason in Verbindung mit Propylenglykol nicht generell zur Behandlung der subklinischen Ketose empfohlen werden kann. Die Dexamethasonbehandlung hatte keinen positiven Einfluss auf die Milchleistung und sogar einen geringgradig negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit.
Bei Vorliegen einer subklinischen Ketose sollte auch immer eine Primärerkrankung (z.B. Lahmheit, Gebärmutterentzündung) ausgeschlossen bzw. behandelt werden, die ursächlich für die geringe Futteraufnahme ist.
Die Intensität der Ketoseüberwachung und das Vorgehen ist abhängig davon, wie oft die Ketose im Bestand vorkommt. Initial sollte man an einer Stichprobe von mindestens 20 frischabgekalbten Tieren (drei bis neun Tage in Milch) die Häufigkeit der subklinischen Ketose im Betrieb ermitteln.
- Bei einer Häufigkeit von unter 15% reicht es aus, einmal monatlich oder nach Fütterungsumstellungen die Häufigkeit von erhöhten ß-Hydroxybutyrat-Werten ( 1,2 mmol/L) zu kontrollieren.
- Bei einer Häufigkeit zwischen 15 und 50% sollte man alle Tiere mindestens zweimal in den ersten beiden Laktationswochen untersuchen. Auffällige Kühe werden daraufhin fünf Tage mit 300 ml Propylenglykol behandelt.
- Bei einer Häufigkeit von über 50% sollten umgehend die Haltung, Fütterung und der Kuhkomfort der Tiere kontrolliert werden. In der Zwischenzeit kann man alle frischabgekalbten Tiere ab dem dritten Laktationstag für fünf Tage lang mit 300 ml Propylenglykol behandeln.
- Bei einer Häufigkeit von unter 15% reicht es aus, einmal monatlich oder nach Fütterungsumstellungen die Häufigkeit von erhöhten ß-Hydroxybutyrat-Werten ( 1,2 mmol/L) zu kontrollieren.
- Bei einer Häufigkeit zwischen 15 und 50% sollte man alle Tiere mindestens zweimal in den ersten beiden Laktationswochen untersuchen. Auffällige Kühe werden daraufhin fünf Tage mit 300 ml Propylenglykol behandelt.
- Bei einer Häufigkeit von über 50% sollten umgehend die Haltung, Fütterung und der Kuhkomfort der Tiere kontrolliert werden. In der Zwischenzeit kann man alle frischabgekalbten Tiere ab dem dritten Laktationstag für fünf Tage lang mit 300 ml Propylenglykol behandeln.