Paratuberkulose ist eine unheilbare, wirtschaftlich bedeutsame Infektion. Nur wenige infizierte Milchkühe zeigen klinische Symptome. Doch die Leistungsausfälle in den Herden sind enorm.
Paratuberkulose ist eine unheilbare Krankheit. Kühe mit sichtbaren Zeichen der Infektion...
Paratuberkulose ist eine unheilbare, wirtschaftlich bedeutsame Infektion. Nur wenige infizierte Milchkühe zeigen klinische Symptome. Doch die Leistungsausfälle in den Herden sind enorm.
Paratuberkulose ist eine unheilbare Krankheit. Kühe mit sichtbaren Zeichen der Infektion sehen abgemagert aus. Sie haben abwechselnd Durchfall oder Verstopfung und bauen im Laufe der Zeit stark Körpermasse ab. Trotzdem fressen sie, jedoch die Futterverwertung, vor allem die des Proteins, ist schlecht. Einige haben bedingt durch den Eiweißmangel im Blut Ödeme im vorderen Halsbereich. Vor allem scheiden die klinisch kranken Kühe sehr große Mengen (Hochausscheider) Mycobakterium avium ssp. paratuberculosis (kurz MAP) aus. Bestätigt sich der klinische Verdacht durch eine labordiagnostische Kot- oder Blutuntersuchung, dann sollte das kranke Tier so schnell wie möglich den Bestand verlassen.
Mindestens ein Jahr lang infektiös
ParaTB ist eine typische „Eisberg-Krankheit“. Im Durchschnitt zeigen nur fünf Prozent der infizierten Tiere klinische Symptome. Das heißt, wenn in einer Herde eine Kuh Symptome und einen positiven Untersuchungsbefund hat, kann man davon ausgehen, dass in einem Betrieb mit 400 Kühen noch 15 bis 25 unerkannt Infizierte sind. Diese Kühe sehen absolut gesund aus, scheiden aber MAP aus. Die Bakterien überleben für einige Monate in der Umgebung der Kuh (Wasser, Gülle, Boden). Sie können sich zwar außerhalb der Kuh nicht vermehren, doch bei anderen Tieren eine neue Infektion auslösen. Die Zellwände sind so stabil, dass sie das Einfrieren und zu einem kleinen Teil sogar das Kurzzeit-Pasteurisieren überleben. Gerade Letzteres stellt ein Risiko für den Eintrag in die Lebensmittelkette dar.
Kein Kot ins Kälbermaul
Besonders anfällig für ParaTB im Bestand sind Kälber in den ersten Lebenswochen (Milchkälber) und Jungtiere bis zum Alter von einem Jahr. Die meisten Kälber stecken sich über Kot von MAP ausscheidenden Kühen an. Aber auch eine Übertragung von Kalb zu Kalb ist möglich, weil die Kälber aufgenommene Erreger wieder ausscheiden können. Besonders in der Abkalbebox kann sich ein Kalb durch unsaubere, kontaminierte Einstreu und Saugen am mütterlichen Euter infizieren. Auch das Erstkolostrum kann MAP enthalten, vor allem wenn es von einem infizierten Muttertier stammt. Das nächste Risiko wartet, wenn Kälber Mischkolostrum oder Vollmilchtränke bekommen. Da diese meistens auch Milch von MAP-infizierten Kühen oder solchen mit unbekanntem Status enthält, sollte diese erhitzt (80°C, 30 Minuten) werden, um MAP weitestgehend abzutöten. In nicht erhitzter Rohmilch kann der Erreger in hohen Konzentrationen vorliegen. In einigen Fällen kommen Kälber bereits infiziert auf die Welt. Diese intrauterinen Infektionen sind häufiger bei Kühen im klinischen Stadium der Erkrankung, im Frühstadium ist es dagegen relativ selten.
Das kostet
Infiziert sich ein Jungtier, so dringen die Bakterien zunächst im hinteren Teil des Dünndarms in die Darmschleimhaut ein, vermehren sich dort und lösen eine Abwehrreaktion aus. In den Makrophagen, die eigentlich Bakterien abtöten sollen, können die MAP-Bakterien überleben. Dabei zerstören sie die Abwehrzellen und breiten sich nach und nach in der Darmschleimhaut, in den Darmlymphknoten und später im ganzen Tierkörper aus. Die Zeit von der Ansteckung bis zum Nachweis der Krankheit (Erreger im Kot oder Antikörper im Blut) kann bis zu zwei Jahre dauern. Immer noch scheint das Tier gesund zu sein, hat aber ein „angeschlagenes“ Immunsystem und scheidet die krankmachenden Erreger aus. In den betroffenen Herden fällt eine erhöhte Abgangsrate von „schlanken“ Kühen oder Kühen in den ersten Wochen nach der Geburt und ein schwer erklärbarer Milchleistungseinbruch bei einem Teil der Tiere in der zweiten bzw. höheren Laktation auf. Beobachtet man diese Tiere aufmerksam, so kann man bei einem Teil hin und wieder dünneren Kot beobachten. Spätestens jetzt sollte man an Paratuberkulose denken. Das Endstadium der Krankheit mit schwerem Durchfall, Ödemen und starker Abmagerung wird meistens nicht mehr erreicht. Die klinisch kranken Kühe fallen oft gar nicht mehr auf, da sie den Bestand vorzeitig wegen erheblichen Leistungseinbruchs mit oder ohne Durchfall schon verlassen haben.
Die Höhe der Leistungsminderung ist vom Krankheitsstadium und zu einem gewissen Teil auch Durchseuchungsgrad der Herde abhängig.
Die wirtschaftlichen Einbußen durch ParaTB halten sich dann in Grenzen, wenn weniger als fünf Prozent der Herde infiziert sind. Steigt der Wert (Prävalenz) auf fünf bis zehn Prozent, geben die infizierten Kühe im Schnitt 1,7 kg Milch/Tag weniger. Sind noch mehr Tiere betroffen sind es knapp zwei Liter pro Kuh und Tag Minderleistung.
Bekämpfung in Deutschland
Wer die ParaTB aus seinem Betrieb verbannen will, braucht einen betriebsindividuellen Maßnahmenplan, der nicht am Schreibtisch, sondern vor Ort in Zusammenarbeit mit dem Tierarzt erstellt werden sollte. Basis dafür sind die Empfehlungen des BMEL mit Anforderungen zur hygienischen Haltung von Wiederkäuern. Da es sich nur um eine Empfehlung, keine Verordnung handelt, gibt es derzeit noch unterschiedliche länderspezifische Bekämpfungsprogramme, meistens auf freiwilliger Basis. Details und Ansprechpartner in der Bundesländern findet man im Internet unter
www.paratuberkulose.deDie Bekämpfung basiert auf folgenden Säulen:
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist es, die Erregereinschleppung in den eigenen Bestand durch den Zukauf von infizierten Tieren ohne klinische Anzeichen zu verhindern, d.h. den unkontrollierten Zukauf unterbinden, denn der Zukauf ist der Haupteintragsweg der Bakterien in den Betrieb. Das verhindert man am besten durch eigene Reproduktion.
Wer trotzdem zukauft, sollte nur Tiere aus Herden mit dem Status „Paratuberkulose-unverdächtig“ nehmen. Da es hiervon zu gegenwärtigem Zeitpunkt noch zu wenige gibt, sollte man wenigstens die Tiere vor dem Zukauf testen. Dabei muss man aber bedenken, dass die Blutuntersuchung im Frühstadium der Krankheit noch nicht reagiert und selbst der Erregernachweis im Kot bei einmaliger Untersuchung das ein oder andere infizierte Tier nicht erkennt.
Die sicherste Methode ist der Erregernachweis aus einer Kotprobe. Leider wachsen die Mycobakterien sehr langsam auf dem klassischen Nährboden, sodass mit einem Ergebnis erst nach zwölf Wochen (!) zu rechnen ist. Viel schneller geht es mit der Real Time-PCR-Diagnostik. Das Ergebnis kann nach 24 Std. vorliegen. Diese Methode schafft es gegenwärtig noch nicht, auch die Kühe zu erkennen, die nur schwach ausscheiden, wird aber weiter verbessert. Etwas weniger sensitiv ist der Nachweis von Antikörpern aus dem Blut oder der Milch mithilfe eines ELISA-Tests. Er liefert schnell ein Ergebnis, übersieht aber die Tiere im Anfangsstadium der Krankheit, also die schwach ausscheidenden Kühe, da diese Tiere meistens noch nicht über so viele Antikörper verfügen, dass sie nachgewiesen werden können. Das Ganze führt dazu, dass 50 bis 75% der Kühe mit positivem MAP-Befund in der Kotkultur, keine Antikörper aufweisen. Kurz: Es gibt gute Tests, jedoch nicht den einen perfekten Test. Je nach Fragestellung oder Alter der Tiere wird das passende Testsystem ausgesucht. Kühe mit MAP-positivem Befund, aber ohne sichtbare Symptome, sollten im Stall mit einem farbigen Fesselband gekennzeichnet werden. Klinisch kranke Tiere müssen wegen der starken Ausscheidung möglichst umgehend gemerzt werden.
Getrennt Kalben
Die Abkalbebox spielt eine zentrale Rolle in der MAP-Sanierung. Idealerweise kalben MAP-Positive und -Negative getrennt voneinander ab. Kälber werden sofort umgestallt, um die Gefahr der Kotkontamination durch mütterlichen Kot zu reduzieren. Die Biestmilch kommt von ParaTB-frei getesteten Kühen. Sinnvoll ist das Anlegen einer Kolostrumbank, damit immer genug Biestmilch von MAP-freien Kühen da ist. Die Kälber sollen schnell auf Milchaustauscher umgestellt werden oder mit pasteurisierter Vollmilch (80°C, 30 Minuten) getränkt werden.
Jungrinder sollen nicht mit älteren Kühen (z.B. Trockensteher, Kranke) zusammen gehalten werden.
Bei allen Handlungen im Betrieb (Ausmisten, Füttern) muss bedacht werden, dass Kot nicht an das Jungtierfutter kommt. Da macht es Sinn eine zweite Frontlader-Schaufel für Futter oder Mist zu kaufen und beim Entmisten mit den Jungtieren zu beginnen. Die Sanierung ist bisher freiwillig und erscheint aufwendig. Doch der wirtschaftliche Vorteil einer Herde ohne Paratuberkulose liegt auf der Hand. Wichtig ist hier die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Tierarzt und Herdenmanager, damit die Sanierung ein Erfolg wird. Tischer, Falkenberg, Donat
Bei allen Handlungen im Betrieb (Ausmisten, Füttern) muss bedacht werden, dass Kot nicht an das Jungtierfutter kommt. Da macht es Sinn eine zweite Frontlader-Schaufel für Futter oder Mist zu kaufen und beim Entmisten mit den Jungtieren zu beginnen. Die Sanierung ist bisher freiwillig und erscheint aufwendig. Doch der wirtschaftliche Vorteil einer Herde ohne Paratuberkulose liegt auf der Hand. Wichtig ist hier die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Tierarzt und Herdenmanager, damit die Sanierung ein Erfolg wird. Tischer, Falkenberg, Donat
Details zur praktischen Bekämpfung der ParaTB finden Sie im nachfolgenden Interview mit Dr. K. Donat.