Steigende Futterkosten machen Futtereffizienz immer wichtiger. Lässt sich darauf züchten?
Lange wurde auf rahmige (schwere) Kühe gezüchtet, da unterstellt wurde, dass diese Tiere mehr Milch geben! Je schwerer aber eine Kuh, desto mehr Nährstoffe aus dem Futter benötigt sie zur eigenen Erhaltung (Grundumsatz). Eine „leichte“ Kuh kann hingegen theoretisch bei in etwa gleicher Futteraufnahme mehr der aufgenommenen Nährstoffe in Milch umsetzen (geringerer Grundumsatz)!
Soweit die...
Steigende Futterkosten machen Futtereffizienz immer wichtiger. Lässt sich darauf züchten?
Lange wurde auf rahmige (schwere) Kühe gezüchtet, da unterstellt wurde, dass diese Tiere mehr Milch geben! Je schwerer aber eine Kuh, desto mehr Nährstoffe aus dem Futter benötigt sie zur eigenen Erhaltung (Grundumsatz). Eine „leichte“ Kuh kann hingegen theoretisch bei in etwa gleicher Futteraufnahme mehr der aufgenommenen Nährstoffe in Milch umsetzen (geringerer Grundumsatz)!
Soweit die Theorie. In der Praxis finden sich aber große genetische Unterschiede zwischen den Kühen! Manche Tiere nutzen die Nährstoffe effizienter zur Milchbildung als andere. Für den Milcherzeuger „rechnen“ sich die effizienten Kühe besser, denn je weniger Futter (Nährstoffe) eine Kuh benötigt, um eine bestimmte Milchmenge zu produzieren, desto wirtschaftlicher ist sie letztlich (Übersicht 1).
Ein Beispiel: Kuh A frisst 23 kg Trockenmasse (TM) und gibt 35 Liter Milch, Kuh B frisst bei gleicher Milchleistung nur 21 kg TM. Unschwer zu erkennen ist, dass Kuh B wirtschaftlicher ist, denn sie verbraucht täglich 2 kg Futter weniger.
Kühe, die aus möglichst wenig Futter möglichst viel Milch machen sind aber auch noch aus einem weiteren Grund gefragt: Diese Tiere sind umweltfreundlicher, da bei einer erhöhten Futtereffizienz letztlich weniger Treibhausgas(THG)-Emissionen entstehen, da insbesondere weniger Methan je Liter Milch ausgerülpst wird.
Gefragt sind also Kühe mit einem hohen Futteraufnahmevermögen, die viel Milch geben, aber nicht zu schwer sind. Die in mehreren Studien gewonnenen Daten lassen den Schluss zu, dass Milchkühe mit einer Lebendmasse von ca. 600 bis 650 kg am effizientesten sind (Übersicht 2). Theoretisch müssten sich im Zeitalter von Genomics solche Kühe züchten lassen.
Knackpunkt Stoffwechsel
Ein Knackpunkt ist das Futteraufnahmevermögen insbesondere in den ersten Wochen nach der Kalbung, wenn die Kuh bestrebt ist, ihre maximale Leistung zu geben. Bei zu geringer Futteraufnahme wird auf die eigenen Körperreserven zu stark zurückgegriffen. Die Kühe sollen möglichst viel Futter aufnehmen können, um energetisch gut ausgefüttert zu sein und Kraftfutter zu sparen. Auf der anderen Seite ist eine Überversorgung zum Ende der Laktation im Interesse der Kuh und der Kosten zu vermeiden. Ideal wäre eine Kuh, die immer so viel frisst, wie sie braucht.
Die Futtereffizienz einer Kuh hängt demnach nicht nur von Trockenmasseaufnahme und Körpermasse ab, sondern auch vom Alter (mehrlaktierende Kühe geben zu Laktationsbeginn mehr Milch als Jungkühe, da sie keine Nährstoffe mehr für Wachstum und Entwicklung abzweigen müssen), der Persistenz (Färsen halten die Milch oftmals besser; siehe Übersicht 3), dem Laktationsstadium (viele Kühe fressen gegen Ende der Laktation trotz sinkender Milchleistung noch große Mengen) und dem Gesundheitsstatus.
Eine Schlüsselstellung nimmt die Trockenmasseaufnahme während der Transitperiode ein. Bekanntermaßen entgleist bei Kühen der Stoffwechsel zu Laktationsbeginn seltener, wenn die Tiere in der vorangegangenen Trockenperiode ordentlich fressen (siehe Elite 2/12). Auch ist bekannt, dass eine hohe Futteraufnahme in den ersten Laktationstagen für die Stoffwechselgesundheit förderlich ist. Eine (Stoffwechsel-)Erkrankung während der Laktation führt letztlich immer zu einem Absinken der Milchleistung. Das bedeutet, dass robuste Kühe also immer effizienter sind. An diesem Punkt kommt das Exterieur ins Spiel, denn die Robustheit einer Kuh wird wiederum maßgeblich vom Exterieur geprägt. Zuchtwerte für das Exterieur und zunehmend auch für die Gesundheit sind im Zuchtprogramm etabliert und können bei der Bullenauswahl berücksichtigt werden.
Als Fazit lässt sich festhalten: Gesucht wird eine mittelrahmige, milchleistungsstarke Kühe ohne extremen Milchcharakter mit einer hohen Futteraufnahme, einem sehr guten Euter und funktionalen Fundamenten. Diese Kühe erkranken seltener und sind somit letztlich sehr effizient.
Futtereffizienz als Zuchtwert?
Die vielen Futtereffizienz beeinflussenden Faktoren lassen vermuten, dass die Entwicklung eines direkten Zuchtwertes für Futtereffizienz ein schwieriger und langwieriger Prozess ist. Um herauszufinden, welche Gensequenzen z.B. für eine hohe Futteraufnahme stehen und um die Zusammenhänge erkennen und bei der Auswahl von Zuchttieren zukünftig berücksichtigen zu können, sind „Lernstichproben“ erforderlich. Die Kühe müssen hierzu genotypisiert werden (Untersuchung der Erbinformation).
Eine Genotypisierung setzt aber wiederum die genaue Kenntnis über die tägliche Futteraufnahme voraus. Ohne digital gesteuerte „Wiegetröge“ lässt sich die tierindividuelle Trockenmasseaufnahme nicht mit ausreichender Genauigkeit erfassen. Solche Wiegetröge sind zumeist nur in wenigen Versuchsbetrieben verfügbar. Deshalb versuchen Zuchtexperten mithilfe von Hilfsmerkmalen, wie z.B. Exterieurmerkmalen oder Lebendmasse, die Lernstichprobe zu erweitern.
Bleibt festzuhalten: Die Zucht auf das Merkmal Futtereffizienz ist kompliziert und ein langfristiger Prozess. Die Korrelationen zu weiteren Merkmalen sind vielseitig. Fraglich ist die Beziehung zu Gesundheitszuchtwerten (Stoffwechsel). Ist sie tendenziell negativ (siehe Kasten), oder ist der Stoffwechsel bei erhöhter Futtereffizienz sogar stabiler? Das erschwert besonders auch die Einbeziehung dieses Merkmals in das Zuchtprogramm.
Wer macht was?
Auf der ganzen Welt versuchen derzeit Spezialisten Zuchtwerte zu entwickeln, mit deren Hilfe sich Milchkühe züchten lassen, die sich durch eine hohe Futtereffizienz auszeichnen. Erste Zuchtwerte, Indizes und weitere Ansätze gibt es bereits:
- Niederlande: Das Zuchtunternehmen CRV ist einer der Vorreiter in der Zucht auf Futtereffizienz. Bereits im Jahr 2016 hat CRV den „Better Life Efficiency“- Index für Futteraufnahme eingeführt. Seit Kurzem veröffentlicht das Unternehmen auch den Zuchtwert „Eingespartes Futter für Erhaltung“ (EFE). Er gibt an, wie viel weniger Futter eine Kuh im Vergleich zum Populationsdurchschnitt für den Erhaltungsbedarf benötigt.
- USA: Sehr gebräuchlich ist das Merkmal „Residual Feed Intake“ (RFI). Das Merkmal beschreibt die Differenz der tatsächlichen und der aufgrund von Erhaltungsbedarf und Milchleistung erwarteten Futteraufnahme. Mit der Körpergrößenbewertung (KGB) wird die Körpergröße von Einzeltieren aus Exterieurmerkmalen abgeleitet. Diese KGB wird genutzt, um die Futtereffizienz von Besamungsbullen routinemäßig zu bewerten. Eine festgelegte Formel ermittelt die Futtereffizienz (FE). Körpermasse und Milchmenge sind dabei negativ bewertet, Milchinhaltsstoffe dagegen hoch positiv.
- Australien: Auch in Australien wird das Merkmal RFI genutzt. Außerdem gibt es seit 2017 den Index „feed saved“ für Futteraufnahme. Dabei wird der Erhaltungsbedarf aus der linearen Beschreibung berechnet.
- Kanada: Durch das Efficient Dairy Genome Project (EDGP) soll eine weltweite Datenbasis erschaffen werden, um Futtereffizienz FE und Methanemissionen ME zu verbessern. Ziel ist die Etablierung genomischer Zuchtwerte.
- Österreich: Das Projekt Efficient Cow hat viele Ansätze geprüft. Im Fokus stand u.a. der Zusammenhang zwischen Lebendmasse und Futtereffizienz sowie Gesundheit. Zudem wurden Erblichkeiten und Korrelationen der verschiedenen Merkmale für die Einbindung in das Zuchtprogramm untersucht.
- Deutschland: Das bundesweite Projekt OptiKuh hat sehr viele Ergebnisse für weitere Forschungen rund um Futtereffizienz und Methanemissionen geliefert. Im Fokus stand dabei u.a. die Entwicklung einer ausreichenden Datengrundlage. Neben einer systematisierten Erfassung der Futteraufnahme wurde auch die Nutzung von Hilfsmerkmalen zur Schätzung von Futteraufnahme und Lebendmasse herangezogen. Zusätzlich dazu wurden Sicherheiten von genomischen und pedigree-basierten Zuchtwerten verglichen.
- Niederlande: Das Zuchtunternehmen CRV ist einer der Vorreiter in der Zucht auf Futtereffizienz. Bereits im Jahr 2016 hat CRV den „Better Life Efficiency“- Index für Futteraufnahme eingeführt. Seit Kurzem veröffentlicht das Unternehmen auch den Zuchtwert „Eingespartes Futter für Erhaltung“ (EFE). Er gibt an, wie viel weniger Futter eine Kuh im Vergleich zum Populationsdurchschnitt für den Erhaltungsbedarf benötigt.
- USA: Sehr gebräuchlich ist das Merkmal „Residual Feed Intake“ (RFI). Das Merkmal beschreibt die Differenz der tatsächlichen und der aufgrund von Erhaltungsbedarf und Milchleistung erwarteten Futteraufnahme. Mit der Körpergrößenbewertung (KGB) wird die Körpergröße von Einzeltieren aus Exterieurmerkmalen abgeleitet. Diese KGB wird genutzt, um die Futtereffizienz von Besamungsbullen routinemäßig zu bewerten. Eine festgelegte Formel ermittelt die Futtereffizienz (FE). Körpermasse und Milchmenge sind dabei negativ bewertet, Milchinhaltsstoffe dagegen hoch positiv.
- Australien: Auch in Australien wird das Merkmal RFI genutzt. Außerdem gibt es seit 2017 den Index „feed saved“ für Futteraufnahme. Dabei wird der Erhaltungsbedarf aus der linearen Beschreibung berechnet.
- Kanada: Durch das Efficient Dairy Genome Project (EDGP) soll eine weltweite Datenbasis erschaffen werden, um Futtereffizienz FE und Methanemissionen ME zu verbessern. Ziel ist die Etablierung genomischer Zuchtwerte.
- Österreich: Das Projekt Efficient Cow hat viele Ansätze geprüft. Im Fokus stand u.a. der Zusammenhang zwischen Lebendmasse und Futtereffizienz sowie Gesundheit. Zudem wurden Erblichkeiten und Korrelationen der verschiedenen Merkmale für die Einbindung in das Zuchtprogramm untersucht.
- Deutschland: Das bundesweite Projekt OptiKuh hat sehr viele Ergebnisse für weitere Forschungen rund um Futtereffizienz und Methanemissionen geliefert. Im Fokus stand dabei u.a. die Entwicklung einer ausreichenden Datengrundlage. Neben einer systematisierten Erfassung der Futteraufnahme wurde auch die Nutzung von Hilfsmerkmalen zur Schätzung von Futteraufnahme und Lebendmasse herangezogen. Zusätzlich dazu wurden Sicherheiten von genomischen und pedigree-basierten Zuchtwerten verglichen.
Ein Ideal für alle?
Jeder Landwirt wünscht sich effiziente Kühe. Doch was genau ist das Ziel? Gibt es die eine effiziente Kuh? Wahrscheinlich nicht. Denn die Zucht sollte immer auf das Produktionssystem des jeweiligen Betriebes ausgerichtet werden. Vor allem bei hochleistenden Holsteinkühen kann die Futtereffizienz durch weniger Größe und Milchtyp und einen stabileren Stoffwechsel verbessert werden. Bei Fleckvieh dagegen ist durchaus eine hohe Körpermasse (Fleischansatz) und die Robustheit der Kühe erwünscht. Bei ganzjähriger Weidehaltung wie in Neuseeland oder Irland haben sich leichtere, weniger hochleistende Tiere bewährt, die intensiv Gras fressen. Extrem heterogene Produktionsstandorte in Mitteleuropa stellen unterschiedliche Anforderungen an ideale Milchkuh (Vollweide gegen intensiven MaisStandort etc.). Aber dennoch muss trotz der Unterschiede eine hohe (Futter-)Effizienz immer das Ziel sein. Das muss bei Zusammenhängen im Zuchtziel und im Produktionsbetrieb immer berücksichtigt werden. Die Eingliederung des Merkmals Futtereffizienz in das Zuchtprogramm muss daher genau differenziert werden.
Ausblick
Bisher wird Futtereffizienz in Milchkuhbetrieben maßgeblich durch das Herden- und Futtermanagement bestimmt. Doch auch die Genetik wird ihren wachsenden Einfluss in Zukunft noch unter Beweis stellen. Die Genomics bieten durchaus Potenzial, die Futtereffizienz von Kühen auf Dauer zu steigern. Grundlegend gilt es, die Tiergesundheit immer zu berücksichtigen, denn nur eine gesunde Kuh kann auch effizient sein. Um weitere Zusammenhänge zu untersuchen, das Merkmal fest in das Zuchtprogramm einzubinden und einen praxistauglichen Zuchtwert zu entwickeln, bedarf es noch einiger Zeit. Zuerst muss eine ausreichend große Datenbasis aufgebaut werden. „Aktuelle Projekte laufen derzeit, womit eine Förderung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die nächsten drei Jahre gesichert ist. Wann eine Routinezuchtwertschätzung etabliert ist und ein breit nutzbarer Zuchtwert aber verfügbar ist, lässt sich jetzt noch nicht absehen“, meint Dr. Kathrin Stock (vit). Sie unterstreicht damit die Schwierigkeit, dieses Merkmal für züchterische Anwendungen zu erschließen.
K. Hilbk-Kortenbruck