Zu viel Stärke in der Ration schadet dem Pansen, wird wenig Stärke gefüttert, sinkt die Milchleistung. Wie viel sollte es denn sein? Neue Forschungsergebnisse bringen Aufschluss.
In den meisten Futterrationen für Milchkühe variiert der Stärkegehalt zwischen 15% und 28%. In maisreichen Futtermischungen erreicht der Stärkegehalt bei höheren Kraftfuttergaben schnell die 30%-Marke.
Im Pansen wird Stärke vornehmlich zur Propionsäure abgebaut. Stärke, die den Abbau im Pansen und im Dünndarm übersteht, wird im Dickdarm fermentiert oder über den Kot ausgeschieden. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit des ruminalen Abbaus hängen von den Verhältnissen im Pansen (z.B. pH-Wert) und von futtermittelspezifischen Eigenschaften (u.a. Verarbeitungsgrad) ab.
Stärke bzw. deren Abbauprodukte dienen dem Organismus primär als Energiequelle (aus Propionsäure wird im Rahmen der Glukoneogenese in der Leber Glukose gebildet). Glukose wird auch zur Laktose-Synthese benötigt. Eine suboptimale Propionsäure-Synthese limitiert so letztlich die Milchbildung!
Allerdings bringt eine (zu) hohe Stärkeaufnahme häufig die mikrobielle Pansenfunktion durcheinander und führt zu einer Laktat-Anhäufung im Pansen. Dadurch werden wiederum vermehrt Entzündungsmediatoren (Histidin) freigesetzt, der pH-Wert sinkt ebenso wie die Futteraufnahme. Im schlimmsten Fall entsteht eine Azidose.
Hinzu kommt, dass die Verdauungsleistung des Dünndarms zwar gut, jedoch nicht grenzenlos ist. Im Dünndarm der Kuh können nur rund 1.500 bis 1.750 g Stärke täglich verdaut werden. Der Überschuss wird unverdaut ausgeschieden. Der Stärkegehalt im Kot erlaubt so Rückschlüsse auf die Verdauungsleistung. Die Stärke-Gesamtverdaulichkeit (TTSD) lässt sich wie folgt berechnen: TTSD % = 99,8-1,23xStärke im Kot (% TM).
Im Idealfall liegt die Gesamtverdaulichkeit bei 98%. Ein Wert von 95 bis 97% gilt auch noch als zufriedenstellend. Sinkt hingegen die Verdaulichkeit unter 95%, sollte die Stärkequelle entweder „ausgetauscht“ oder aber die Bearbeitung verändert werden.
Tipp: Sammeln Sie zwei Wochen nach einer Futterumstellung frischen Kot von acht bis zehn Kühen. Lagern Sie die Probe kühl, denn bei warmen Temperaturen verringert sich der Stärkegehalt um bis zu 24% (TM)!
Fütterungsexperten der Universität Pennsylvania konnten in einem Fütterungsversuch nachweisen, dass pro 1% Rückgang der Stärke-Verdaulichkeit die tägliche Milchleistung um 0,33 kg sinkt. Letztlich bedeutet eine Erhöhung der Stärkeverdaulichkeit, dass weniger Stärke gefüttert werden muss, um das gleiche Ergebnis (Glukose-Produktion) zu erzielen. Das Monitoring der Stärke-Verdaulichkeit kann helfen, Futterrationen zu optimieren. Ein probates Mittel, die Stärke-Verdaulichkeit zu erhöhen (sofern unter 95% abgesunken), ist das Getreide feiner zu vermahlen, mit Wasserdampf aufzuschließen oder aber feucht zu verfüttern. So konnte beispielsweise kürzlich nachgewiesen werden, dass sich die Stärke-Verdaulichkeit von Körnermais um 5% erhöhte (von 93% auf 98%), sofern die Partikelgröße der Maiskörner von 1.270 auf 552 µm reduziert wurde.
Interessant ist, dass die Partikelgröße in stärkereichen Futtermischungen (26,5%) einen größeren Einfluss ausübt als in stärkereduzierten Rationen (Übersicht 2, Seite 41). So fiel die Gesamt-Stärke-Verdaulichkeit bei Zugabe von grob geschrotetem Mais um 7 % auf 91,1% ab (fein gemahlenes Korn: -2,1%). Ähnliche Ergebnisse liefern weitere Studien.
In Rationen für leistungsstarke Kühe kann es angeraten sein, den Pansen durch eine Zurücknahme von Stärke zu entlasten und hochverdauliche, faserhaltige Futterkomponenten (NFFS) in die Ration einzubauen. Zu nennen wären hier z.B. Zitruspülpe, Sojaschalen. NFFS haben zudem eine bessere Strukturwirksamkeit. Allerdings kann in den stärkereduzierten Rationen rechnerisch oft die letzte Energie fehlen, um hohe Milchleistungen ausfüttern zu können. Das lässt sich an den Ergebnissen einer Metaanalye ablesen. Darin wurde untersucht, wie sehr der Stärkegehalt die Trockenmasseaufnahme und die Milchleistung beeinflusst. Insgesamt flossen Daten aus 223 Versuchen darin ein:
- Die Kühe haben von einer stärkereichen TMR (28,7% Stärke) rund 0,4 kg Trockenmasse mehr gefressen als von einer stärkereduzierten Ration (21,9%). Entsprechend fiel die Milchleistung der stärkereich gefütterten Kühe um 0,7 kg höher aus. Milchfett- und Milcheiweißmenge wurden nicht beeinflusst.
- Zudem kristallisierte sich heraus, dass pro 1% Rückgang der Verdaulichkeit (TTSD) die Milchleistung um 0,19 kg täglich absinkt. Wurde die Stärke durch NFFS ersetzt, verringerte sich die tägliche Milchleistung nur um 0,16 kg pro Kuh. Der volumenmäßige Austausch von Körnermais (Stärke) durch Raufutter führte zu einer Minderleistung von 0,32 kg Milch.
- Die Kühe haben von einer stärkereichen TMR (28,7% Stärke) rund 0,4 kg Trockenmasse mehr gefressen als von einer stärkereduzierten Ration (21,9%). Entsprechend fiel die Milchleistung der stärkereich gefütterten Kühe um 0,7 kg höher aus. Milchfett- und Milcheiweißmenge wurden nicht beeinflusst.
- Zudem kristallisierte sich heraus, dass pro 1% Rückgang der Verdaulichkeit (TTSD) die Milchleistung um 0,19 kg täglich absinkt. Wurde die Stärke durch NFFS ersetzt, verringerte sich die tägliche Milchleistung nur um 0,16 kg pro Kuh. Der volumenmäßige Austausch von Körnermais (Stärke) durch Raufutter führte zu einer Minderleistung von 0,32 kg Milch.
Bei Kühen in der zweiten Laktationshälfte scheint hingegen eine Rücknahme des Stärkegehaltes möglich, ohne Leistungseinbußen befürchten zu müssen. Das belegen die Ergebnisse eines Fütterungsversuches, der mit acht fistulierten Kühen erfolgte. Den Kühen (193Tage in Milch) wurden jeweils über 21 Tage Rationen mit unterschiedlichen Stärkegehalten gefüttert (29, 24, 23, 22%). Ein Teil der Maisprodukte wurde durch Sojaschalen (hochverdauliche NDF) ersetzt. Ergebnis: Die Rationszusammensetzung hatte keinen Einfluss auf die Trockenmasseaufnahme und die Milchleistung!G.Veauthier